Bisher sind ein Fünftel seiner Lämmer betroffen, es gab 50 Totgeburten. «Das sind relativ viel und wir sind noch mittendrin in der Lammung», sagt der Landwirt.
«Da kommen dann diese missgebildeten Lämmer zur Welt, extreme Schwergeburten, man kriegt die fast nicht runter vom Schaf», beschreibt Erb die Tortur für Mensch und Tiere. «Für die Psyche ist das schwierig, für mich und meine Mitarbeiter», sagt er knapp zu dem, was ihn und viele Kollegen belastet. «Alle Schäfer insgesamt hoffen, dass die Welle abebbt.» Möglicherweise seien die Tiere nur vorübergehend für den über Mücken übertragenen Virus anfällig gewesen. «Wenn 20 Prozent der Lämmer befallen sind, ist das ein ganz schöner wirtschaftlicher Schaden», meint er zu den Folgen.
In über 100 Betrieben Deutschlands hat das zuständige Friedrich-Loeffler-Institut (FLI, Insel Riems) das Virus bereits registriert. Dabei wurde es erst im vergangenen November entdeckt.
Bis Ende vergangener Woche sei das Virus in 8 Rinder-, 92 Schaf- und 6 Ziegenhaltungen aufgetaucht. Schwerpunkt in Deutschland ist nach FLI-Angaben mit 65 betroffenen Betrieben Nordrhein-Westfalen. Es folgen Niedersachsen (26 Betriebe), Hessen (6), Schleswig-Holstein (5), Rheinland-Pfalz (3) und Baden-Württemberg (1). Außerdem meldeten die Niederlande, Belgien, Großbritannien und Frankreich Fälle. Die Suche nach einer Impfung oder Prophylaxe steht noch am Anfang.
«Die Schafzüchter wollen wissen, womit sie es zu tun haben», erklärt die Sprecherin des Landesbauernverbandes Niedersachsen, Gabi von der Brelie, in Hannover. «Das beunruhigt die Leute schon, notwendig ist ein Monitoring. Wir begrüßen, dass eine Meldepflicht kommt.» In einem nächsten Schritt sei Prophylaxe gefragt, um für die Folgejahre zu verhindern, dass das Virus erneut übertragen werden kann. Geschaut werden müsse unterdessen auch, was den Betroffenen an Hilfe angeboten werden könne. Dazu wolle der
Bauernverband an Bundesagrarministerin Ilse
Aigner (CSU) herantreten. «Für die Einzelnen ist das ein herber Schlag.»
«Es sind Schicksale und Dramen, die sich da abspielen», berichtet Tierzuchtreferent Klaus Gerdes von der
Landwirtschaftskammer in Oldenburg. Das Hauptproblem sei die Geburt an sich. «Man kann allen nur empfehlen, sehr aufmerksam zu sein, wenn sich die Geburt verzögert und schnell einzugreifen, damit das Muttertier nicht stirbt.» Auf dem wirtschaftlichen Schaden blieben die Tierhalter zunächst sitzen, da die Tierseuchenkasse nur bei anerkannten Krankheiten zahle - im konkreten Fall käme allenfalls eine Härtefallregelung in Betracht.
Die meisten Lämmer in Deutschland werden erst im Februar und März geboren. Dann werde voraussichtlich das wahre Ausmaß der Erkrankungen sichtbar, erläuterte Gerdes. «Das kann noch viel, viel schlimmer kommen.» Neben dem Verlust an Lämmern drohten Handelsbeschränkungen. Russland hat bereits Einfuhrbeschränkungen erlassen.
Auf der Suche nach Herkunft und Heilung gibt es noch keine klaren Antworten. Möglicherweise sei die Krankheit beim Import von Tieren über die Niederlande nach Europa gelangt, mutmaßt von der Brelie. «Es sind nicht alle Betriebe betroffen - warum, das wissen wir noch nicht», sagt Gerdes. Selbst bei Zwillingsgeburten könnten zugleich ein gesundes und ein verkrüppeltes Lamm zur Welt kommen. Bis ein Impfstoff entwickelt sei, könnten eineinhalb Jahre vergehen. Einzige Gewissheit bisher: Für Menschen besteht den Angaben zufolge kein Gesundheitsrisiko durch den Erreger. (dpa)