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19.02.2016 | 12:15 | Schwanzbeißen 

Schwanzkürzen: Noch geht es nicht ohne

Jena - Das Kürzen von Schwänzen bei Saugferkeln ist nach Tierschutzgesetz nur in begründeten Einzelfällen als Vorbeugemaßnahme gegen das Schwanzbeißen möglich. Bislang betrafen die gesetzlichen Regelungen nur die Ferkelerzeuger.

Schwanzbeißen
(c) proplanta
Dabei galt und gilt Schwanzkürzen für die gesamte Produktionskette als sicherste Methode. Langfristig ist damit zu rechnen, dass diese Teilamputation aus Gründen des Tierschutzes nicht mehr toleriert wird. Das betrifft dann die Schweinehaltung vom Ferkel bis zur Mast.

In der Vergangenheit wurde davon ausgegangen, dass Schwanzbeißen durch Verhaltensstörungen entsteht, die in erster Linie durch fehlende Beschäftigungsmöglichkeiten, Stallklima, Haltungskomfort, Futter/Fütterung, Wasserversorgung und Stress bedingt werden.

Seit 2 Jahren werden auch nekrotischen Veränderungen als Auslöser für Schwanzverletzungen und darauf folgendes sekundäres Beißen diskutiert. Diese lassen sich bei Saug- und abgesetzten Ferkeln an peripheren Körperteilen Schwänzen oder auch Ohren in z.T. erheblichen Frequenz beobachten. Dabei sind Nekrosen am häufigsten innerhalb der ersten 14 Tage nach dem Absetzen zu finden, diesem Zeitraum schließt sich der kritische Zeitpunkt für den Beginn des Schwanzbeißens an.

Darüber hinaus lassen sich schon bei Saugferkeln sog. Ringabschnürungen beobachten, d.h. einer deutlichen Ödematisierung folgt eine spontane Gewebeeinschnürung, wonach sich der nachfolgende Schwanzabschnitt nekrotisch verändert. Auch hier ist eine ursächliche Einbeziehung anderer Buchtengenossen nicht erkennbar. Diese Entzündungen und Nekrosen sind sehr komplexer Natur. Hervorgerufen durch mikrobielle Abbauprodukte oder auch Mykotoxine verursachen die Toxine arteriosklerotische Prozesse in den Gefäßwänden mit Ablagerungen von Fett, Thromben, Bindegewebe und Kalk. Dadurch verengen sich die Gefäße und sie können nachfolgend verkleben. Besonders gefährdet sind Schwänze und Ohren.

Auch Infektionserreger wie Streptokokken oder PRRS-Viren können dazu führen, dass sich die Blutversorgung auf zentrale Organe konzentriert, was eine mangelhafte Blutversorgung der peripheren Körperteile zur Folge hat. Die hervorgerufenen nekrotischen Veränderungen fördern zum einen das Entstehen von Infektionen, was zum Schwanzbeißen führen kann. Zum anderen verursachen Nekrosen juckende, entzündliche Gewebeveränderungen und auch Blutaustritt, so dass z.T. die primären Ursachen des auftretenden Symptoms (verletzter Schwanz) nicht genügend differenziert wurden.

Das vorsichtige Beknabbern des Schwanzes, das als Ersatzhandlung für Wühlen, Erkunden und Kauen in reizarmer Umgebung auftritt, verursacht erst Verletzungen, wenn das Tier es duldet. Dies passiert, wenn das Benagen z.B. aufgrund des Juckreizes als wohltuend empfunden wird. Damit beförderte Verletzungen lassen Blut und Serum austreten und befördern sekundäres Schwanzbeißen. Diese Erkenntnisse sind sehr wichtig, da sie im Zusammenhang mit den auf Verbesserung der Haltungsbedingungen ausgerichteten Anstrengungen stehen.

Es ist notwendig, neben der Optimierung der Haltungsbedingungen auch die die Ursachen der gesundheits- oder auch stoffwechselbedingten Nekrosen zu kennen und zu beseitigen, um langfristig den angestrebten Verzicht auf das Schwanzkupieren bei Schweinen tatsächlich erfolgreich umsetzen zu können und sekundäre Schwanzbeißen zu verhindern.

In Thüringen wird auf der Basis einer Wirtschaftsinitiative innerhalb eines Pilotprojektes diesen Ansätzen in Zusammenarbeit mit wissenschaftlichen Einrichtungen und anerkannten erfahrenen Beratern nachgegangen. Interessierte Betriebe können direkt mit den Initiatoren des Pilotprojektes (Luc Poels, Tierproduktion Alkersleben GmbH, info@poels-gmbh.de) Verbindung aufnehmen oder sich gern bei der TLL (Dr. Simone Müller 03695-85859415, Katrin Rau 036628-67145) melden.
Dr. Simone Müller / TLL
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