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07.03.2022 | 12:05 | Stintsaison 

Stintfischer mit Existenzsorgen

Hoopte/Cuxhaven - Genug Stinte sind da, aber die Gäste fehlen. Fischer Wilhelm Grube hat sich entschieden: Im dritten Jahr nacheinander bleibt seine Ausflugsgaststätte geschlossen.

Fischerei
Die Stintsaison in der Elbe ist im vollen Gange, aber die großen Gaststätten sind wegen Corona noch nicht auf Gesellschaften eingestellt. Die Fischer kämpfen die dritte Saison nacheinander ums Überleben. (c) Otto Durst - fotolia
Während vor der Corona-Pandemie noch in der Saison bis Ende März die Busse vor das Traditionslokal am Elbdeich in Hoopte in Winsen im Landkreis Harburg vorfuhren und mitunter alle 400 Plätze besetzt waren, herrscht jetzt Tristesse.

«Ich musste mich vor Weihnachten entscheiden, ob ich Personal anwerbe, aber da war alles ungewiss», erzählt der 66-Jährige auf seinem kleinen Fischerboot, das er mit 50 Sachen über die Elbe lenkt. Er gilt als einziger Stintfischer östlich von Hamburg.

Die Anfragen von Busunternehmen seien wegen Corona nach wie vor zurückhaltend, viele Menschen verzichten auf solche Unternehmungen in der Gruppe. Ganz anders der Ausflugstourismus: Am Wochenende bei gutem Wetter zählt der Außer-Haus-Verkauf 200 Kunden. Sonntags muss der gelernte Bäcker auch mittags noch eine zweite Fuhre Brötchen in den Ofen schieben.

«Wir fahren die dritte Saison auf Sparflamme», sagt Grube. Wegen seiner Entscheidung wird er manches Mal am Telefon beschimpft, das Verständnis fehlt. Stattdessen werden die Fischfänge eingeschweißt, tiefgefroren und an den Großhandel geliefert. Und das läuft etwas besser als im vergangenen Jahr: Immerhin schon 100 Fangkörbe leert Grube jeden Tag mit seinem 17-jährigen Sohn Jonas.

Im Lockdown waren es nur 60, in Hochzeiten allerdings auch 170. Die Ausbeute vor Corona betrug bis zu 600 Kilogramm täglich. Einen polnischen Angestellten gibt es noch, dazu nur drei Aushilfskräfte, die den Stint verwerten.

Die Saison im Norden startete erst vor zwei Wochen, der Fang in den grünen Plastiktrichtern ist reichlich. Fünf bis sechs Wochen dauert nun die Fangzeit. Dann laichen die lachsähnlichen, 20 Zentimeter kleinen Tiere. Zu Hunderten purzeln sie in die blauen Plastikschalen. Jonas hat gut zu tun und wirft die leeren Reusen an der Leine wieder in die etwa vier Grad kalte Elbe.

Trotz der schwierigen Lage will der angehende Fischwirt die Tradition fortsetzen, auch wenn sein Vater noch lange mitmischen wird. «Seit ich fünf, sechs Jahr' alt bin, bin ich mit rausgefahren. Ich hab' da wirklich Lust drauf», sagt Jonas Grube. In einem Jahr wird er seine Abschlussprüfung ablegen, dann fallen die Fahrten zur Berufsschule in Hannover weg.

Der ältere Bruder Per (29) hat sich dem Hummerfang in Kanada verschrieben. Dort will Jonas im Sommer zwei Monate Praktikum machen. Vater Grube wird ihn begleiten, Abstand bekommen zur bedrückenden Situation um sein 20 Jahre bestehendes Geschäft.

Wegen der Verschlickung der Elbe und des seit Jahren abnehmenden Bestandes gebe es nur noch drei Fischer im Norden, sagt Grube. Claus Zeeck leitet den Familienbetrieb in Geversdorf im Landkreis Cuxhaven.

«Bei uns stabilisiert es sich auf niedrigem Niveau», berichtet er von seiner Ausbeute nördlich von Hamburg, die in der vergangenen Woche abgeschlossen wurde. Durch die Elbvertiefung und den mangelnden Sauerstoffgehalt im Sommer seien die letzten Jahrgänge schwer dezimiert.

Bereits im Winter ziehen die kleinen Tierchen aus der Nordsee in die Flussmündungen. Wenn es wärmer wird, machen sie sich auf zur richtigen Wanderschaft und ziehen die Flüsse hinauf zu ihren Laichplätzen.

«Wir haben im November im Elbmündungsgebiet angefangen, die Fänge waren annehmbar», erzählt Zeeck. Er fischt derzeit allerdings nur noch auf Bestellung: «Wir haben noch gewaltig mit Corona zu kämpfen.» Viele jüngere Gastronomen hätten die Pandemie nicht überstanden.
dpa
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