„Die tierärztlichen Ressourcen werden besonders im ländlichen Bereich immer knapper, denn der Nachwuchs in der kurativen Praxis fehlt“, stellte am Montag Woche (14.11.) der Geschäftsführer des Bundesverbandes Praktizierender
Tierärzte (bpt), Heiko Färber, bei der Eröffnungspressekonferenz zur EuroTier in Hannover fest, zu der parallel auch der Jahreskongress des bpt stattfand.
Von den derzeit rund 22.000 praktizierenden Tierärzten in Deutschland arbeiteten nur noch etwa 3.500 in der
Versorgung landwirtschaftlicher Nutztiere. „Wir steuern auf einen akuten Mangel an Tierärzten mit dramatischen Konsequenzen für die
Tiergesundheit und den Tierschutz zu“, warnte der bpt-Geschäftsführer. Die Gründe dafür sind laut Färber vielfältig.
Ältere Praxisinhaber gingen ohne Nachfolger in Ruhestand, denn kaum ein
Veterinär wolle sich heutzutage noch selbständig machen. Präferiert werde ein Angestelltenverhältnis mit geregelten Arbeitszeiten. Dies sei aber mit Notfall- und Wochenenddiensten schwer umzusetzen. Hinzu käme bei der jüngeren Generation der Wunsch nach Stadtnähe und einer Work-Life-Balance. Problematisch sei auch, dass viele Hochschulabgänger falsche Vorstellungen von der Arbeit als Nutztierveterinär hätten und diese Tätigkeit nach ein paar Jahren wieder aufgäben.
Das liege auch an insuffizienten Auswahlverfahren für das Veterinärstudium, so Färber. Eine negative Rolle spielten zudem immer weiter zunehmende gesetzliche Anforderungen und die damit verbundene Bürokratie. Dies treffe die meist als Kleinunternehmen arbeitenden Praxen besonders hart. Jüngstes Beispiel sei die Umsetzung des neuen Tierarzneimittelgesetztes (TAMG) mit den erweiterten Meldepflichten für Veterinäre. Färber machte auch deutlich, dass eine weitere Verringerung notwendiger antibiotischer Behandlungen, die schon um 60 % gesunken seien, negative Auswirkungen auf Tiergesundheit und Tierschutz haben könne.
Bestandsbetreuung national umsetzenUm dem Veterinärmangel entgegenzusteuern, ist aus Sicht des bpt die von der Bundesregierung vorgesehen Einwanderung von Fachkräften allein nicht ausreichend. Vielmehr brauche es eine zügige Flexibilisierung des Arbeitszeitschutzgesetzes, um die immer größer werdende Gruppe von angestellten Tierärzten flexibler einsetzen zu können. Zudem sei ein massiver Bürokratieabbau notwendig, um knappe Arbeitsressourcen tatsächlich für die Tiergesundheit verwenden zu können.
Zudem fordert der bpt, die bereits im EU-Tiergesundheitsrecht verpflichtend verankerten tierärztlichen Bestandsbesuche in nationales Recht zu überführen. Die zügige Umsetzung der Bestandsbetreuung hätte, so Färber, einen viel schnelleren und nachhaltigeren Effekt auf die Gesundheitssituation in den landwirtschaftlichen Betrieben und würde auch effektiver zu einer weiteren Reduzierung des Arzneimitteleinsatzes beitragen als weitere Meldepflichten mit fragwürdigem Nutzen.
Innovationen helfenLaut Färber können auch technische Innovationen den Arbeitsaufwand senken und für artegerechtere
Haltungsbedingungen und damit für einen verbesserten Tierschutz sorgen. „Die Animal Welfare Awards, die der bpt gemeinsam mit der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (
DLG) bei der EuroTier verleiht, dienen genau diesem Zweck“, hob Färber hervor.
Die drei diesjährigen Gewinner würden Lösungen für die automatisierte Früherkennung respiratorischer Erkrankungen im
Schweinestall, der Zitzengesundheit sowie dem physiologisch vorteilhaften Abliegen und Aufstehen von Milchrindern in der Liegebox bieten. „Mit diesen beeindruckenden Innovationen erreichen wir für die Tiere viel schneller etwas als mit Ordnungsrecht“, machte der bpt-Geschäftsführer klar. Auch die Telemedizin im Stall sei in Zukunft ein Feld, das mehr Bedeutung gewinnen könne.