Von «Notschlachtungen» könne aber keine Rede sein, sagte Peter Voss-Fels, der Generalsekretär des Hessischen Bauernverbandes. Wie groß die Gruppe der Landwirte ist, für die die Futterknappheit zum echten Finanzproblem wird, konnte Voss-Fels nicht sagen. Das sei erst nach einer Betriebsbefragung im Herbst einzuschätzen.
Von verdorrtem Grünland angesichts der wochenlangen Hitze und Trockenheit ist so gut wie jeder
Rinderhalter betroffen. Die Landwirte produzieren das
Grundfutter für ihre Tiere in der Regel selbst, also Heu, Gras- und Maissilage.
Die Bauern mähen dafür ihre Flächen normalerweise viermal pro Saison - doch schon der zweite
Schnitt sei in diesem Jahr «ganz dürftig» gewesen. Der dritte sei flächendeckend ausgefallen, berichtete Voss-Fels. Selbst Regen bringe jetzt keine großen Veränderungen mehr.
Viehbauern, die nicht genug Vorräte anlegen konnten, müssen nun für ihre Tiere Futter zukaufen und kräftig draufzahlen. Denn wegen der gestiegenen Nachfrage ziehen die Preise an, wie es beim
Bauernverband heißt. Das aber kann sich nicht jeder Landwirt leisten. So ist die von der Politik in Aussicht gestellte Dürre-Hilfe Voss-Fels zufolge ein wichtiges Signal. Für einige
Betriebe könne es zudem wirtschaftlich sinnvoll sein, Tiere früher als sonst zu schlachten.
«Kein
Betrieb gibt freiwillig und ohne Not Tiere zum Schlachter», sagte Thomas Bonsels, Fachreferent für
Tierernährung beim Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen. Es sei der letzte Schritt, wenn die Alternativen nicht ausreichten. Dazu gehören beispielsweise Futterbörsen, wo Viehhalter Futter von Kollegen kaufen können.
«Die Rinderhalter füttern ihre Tiere bedarfsgerecht. Das heißt, sie können sie nicht einfach für ein paar Tage oder Wochen hungern lassen», erklärte Bonsels. Jeder Betrieb müsse für sich eine Futterplanung machen und schauen, wie viel benötigt werde, damit die Tiere gesund blieben. «Sollten die Futtervorräte zu knapp sein, muss sich der Betrieb von einigen Tieren trennen, damit dies für den Rest der Herde gewährleistet bleibt.»
Das bedeutet dann Verkauf, insbesondere von Jungtieren, oder der Weg zum Schlachter. Allerdings will auch das wohlkalkuliert sein: Bundesweit steigt Bonsels zufolge die Zahl der Schlachtungen, so dass mit sinkenden Erlösen für die Betriebe zu rechnen sei. An den Fleischtheken macht sich die Entwicklung aber nicht bemerkbar, Agrarexperten erwarteten zuletzt keine Auswirkungen auf die Verbraucherpreise.
Völlig neu ist die Situation auf den
Wiesen und Weiden nicht. Es komme immer wieder vor, dass im Sommer Grünland-Futter knapp werde, sagte Bonsels. Ähnlich, wenn auch nicht so ausgeprägt, sei die Situation beispielsweise 2002 oder 2010 gewesen.