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10.05.2020 | 14:12 | Schweinepreise 

VEZG-Preis im freien Fall

Bonn - Die Notierungen für Schlachtschweine in Deutschland und in der gesamten Europäischen Union haben in der vergangenen Woche ihre rasante Talfahrt fortgesetzt.

EU-Marktpreise für Schlachtschweine
Krisenstimmung am EU-Schweinemarkt: VEZG-Preis sinkt um 10 Cent auf 1,60 Euro - Stärkster wöchentlicher Rückgang seit Januar 2011. (c) proplanta
Der Grund dafür waren abermals coronabedingte Absatzprobleme und die Verunsicherung am Fleischmarkt, was zu massiven Preiseinbrüchen im Teilstückhandel führte. Hinzu kommt, dass der Chinaexport längst nicht mehr so lukrativ ist, da Anbieter aus den USA und Brasilien die erzielbaren Preise deutlich drücken.

In Deutschland musste die Vereinigung der Erzeugergemeinschaften für Vieh und Fleisch (VEZG) am vergangenen Mittwoch (6.5.) ihre Leitnotierung um 10 Cent auf 1,60 Euro/kg Schlachtgewicht (SG) nach unten korrigieren. Das war der höchste wöchentliche Abschlag seit Januar 2011, als die Notierung wegen dioxinbelastetem Fleisch um 23 Cent/kg eingebrochen war.

Seit Ende Februar ist der VEZG-Preis bereits um 42 Cent/kg oder gut ein Fünftel abgesackt. Das Schlachtschweineangebot in Deutschland ist Marktanalysten zufolge bestenfalls durchschnittlich groß und liegt unter dem Vorjahresaufkommen. Die Nachfrage der Schlachtbetriebe ist jedoch wegen der Probleme im Fleischverkauf gering, was für Anfang Mai mit dem Start in die Grillsaison untypisch ist. Es gibt deshalb aktuell Überhänge am Lebendmarkt.

Die Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands (ISN) sprach in einem Marktkommentar von einer „sehr schwierigen“ Marktsituation. Sie rief alle Beteiligten dazu auf, besonnen zu agieren, um das in den vergangenen Monaten mühsam aufgebaute Preisniveau nicht im Handstreich zu zerstören.

Sauennotierung ausgesetzt

Der Marktexperte der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, Dr. Albert Hortmann-Scholten , wies darauf hin, dass auch der Preis für Schlachtsauen bereits um deutlich mehr als 40 Cent/kg eingebrochen sei. Aus Sauenfleisch würden häufig Verarbeitungsartikel wie Bratwürste hergestellt. Doch Maifeste, Schützenfeste und zahlreiche weitere Veranstaltungen seien wegen der Corona-Pandemie abgesagt worden. „So fehlt es in einer der üblicherweise absatzstärksten Perioden des Schweinefleischgeschäfts an Großabnehmern für Grillartikel. Noch größer wird der Angebotsstau durch die Schließungen von Hotels, Restaurants und Kantinen“, erläuterte Hortmann-Scholten.

Trotz der Absatzprobleme hielten Marktbeobachter die massiven Preissenkungen der maßgeblichen Sauenschlachter für überzogen. Das Unternehmen Tönnies hatte einen aktuellen Ankaufspreis von nur noch 0,95 Euro/kg SG veröffentlicht. Die von der VEZG beobachtete Marktpreisspanne bei den Verkäufen der Altsauen sei momentan so groß, dass kein mittlerer Erzeugerpreis mehr festgestellt werden könne, berichtete der Kammerexperte. Der Vorstand der VEZG habe deshalb beschlossen, die Preisempfehlung für Schlachtsauen der Kategorie M vorübergehend bis zum 3. Juni auszusetzen.

Überhänge am Lebendmarkt

Die Marktlage in anderen EU-Ländern präsentierte sich in der vergangenen Woche ebenfalls desaströs. Die Schlachtschweinevermarktung klemmte und die Tiere brachten teilweise historisch hohe Schlachtgewichte auf die Waage. Auf der anderen Seite stockte der Fleischabsatz als Folge der Corona-Restriktionen und die Preise gaben weiter deutlich nach.

In Österreich kam es dem Verband landwirtschaftlicher Veredlungsproduzenten (VLV) zufolge nach dem Feiertag am 1.Mai vor allem in den mit geringeren Schlachtkapazitäten ausgestatten Bundesländern Ober- und Niederösterreich zu großen Überhängen am Lebendmarkt, so dass es „inzwischen mehrere Tage zusätzlich brauche, um den Rückstau wegzuschlachten“. Der Leitpreis in Österreich sackte ebenfalls um 10 Cent ab; und zwar auf 1,55 Euro/kg SG. In Frankreich fehlte aufgrund des Feiertages am vergangenen Freitag erneut ein Schlachttag; die Notierung am Marché du Porc Breton ging im Vorwochenvergleich vergleichsweise moderat um 4,2 Cent auf 1,39 Euro/kg SG zurück.

In Belgien wurde von Abbestellungen deutscher Schlachtschweinekäufer berichtet, was das Lebendangebot im Inland zusätzlich vergrößerte. Das Fleischunternehmen Westvlees teilte mit, dass aufgrund der großen Anzahl verschobener Schweine in jüngster Zeit die für diese Woche angemeldeten Schweine erst in der Folgewoche geschlachtet werden könnten. Ein aktueller Schlachtschweinepreis wurde, ebenso wie bei der Danis-Gruppe, nicht mehr veröffentlicht.

Danish Crown vorsichtig optimistisch

In Spanien lagen die Schlachtgewichte der Schweine zuletzt mit rund 91 kg um 4 kg über dem Vergleichswert des Vorjahres und damit auf dem höchsten Mai-Niveau aller Zeiten. Die Vermarktung der Tiere war schwierig, weil dem Mercolleida zufolge das Angebot den Bedarf überstieg; die spanische Notierung fiel um 5,3 Cent auf 1,29 Euro/kg Lebendgewicht (LG).

In Italien hat sich die Situation ebenfalls nicht verbessert; der Leitpreis sank ein weiteres Mal um den Maximalbetrag von 5 Cent/kg LG. Zudem senkte Danish Crown (DC) seinen Ankaufpreis für Schlachtschweine für diese Woche um umgerechnet 8 Cent auf 1,61 Euro/kg SG. Das Unternehmen sprach von einem „heftigen Sturm“, der den europäischen Fleischmarkt heimgesucht habe.

Infolge der Corona-Beschränkungen seien übliche Absatzwege zusammengebrochen und Anbieter in der EU mit verlorenen Kunden hätten ihre Ware bei vollen Kühlhäuser am Markt platzieren müssen, was die Fleischpreise massiv unter Druck gesetzt habe.

Allerdings sieht Danish Crown langsam „Licht am Ende des Tunnels“, denn die angekündigten Öffnungen von Restaurants und weitere Corona-Lockerungen in den EU-Ländern gäben neuen Optimismus; teilweise sei die Aktivität am Markt schon wieder gestiegen. DC-Vorstand Søren Eriksen wollte zwar nicht garantieren, dass die Preisrückgänge nun vollständig vorbei seien, doch nach seiner Auffassung „muss etwas Unerwartetes auf dem Markt passieren“, wenn es zu einem weiteren starken Rückgang käme.

EU-Preis rutscht unter Vorjahresniveau

In der gesamten EU ist es nach Kommissionsangaben bereits in der Woche zum 3. Mai zu starken Preisabschlägen am Schlachtschweinemarkt gekommen. Im Mittel der Mitgliedstaaten wurden für Tiere der Handelsklasse E 171,82 Euro/100 kg SG gezahlt; das waren 6,32 Euro oder 3,6 % weniger als in der Vorwoche. Im Berichtszeitraum lag der durchschnittliche EU-Schlachtschweinepreis noch knapp über dem vergleichbaren Vorjahresniveau. Mit den noch nicht erfassten aktuellen Notierungsabschlägen wird dieses nun aber deutlicher unterschritten.

Besonders deutlich kürzten in der Woche des Monatswechsels die Schlachtunternehmen in der Slowakei und Polen mit jeweils mehr als 7%ihreAuszahlungsleistung.

In Lettland und Rumänien belief das Minus auf 6,6 % beziehungsweise 6,7 %, in Österreich auf 5,5%. DieMäster in Spanien, Deutschland, Portugal, Belgien, Italien und den Niederlanden mussten Erlöseinbußen zwischen 2,9 % und 4,1 % hinnehmen.

Glimpflicher kamen die französischen Erzeuger mit einem Abschlag von 1,2 % davon. Entgegen der klar negativen Preisentwicklung in fast allen EU-Staaten wies die Kommission für zwei Länder moderat höhere Schlachtschweinepreise aus. In Finnland gab es für die Mäster 0,7 % mehr Geld als in der Vorwoche, in Estland gab es einen Zuwachs um 1,1 %.
EU-Marktpreise für Schlachtschweine - Woche vom 27. April bis 3. Mai 2020Bild vergrößern
EU-Marktpreise für Schlachtschweine - Woche vom 27. April bis 3. Mai 2020.
AgE
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