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13.10.2015 | 10:27 | Schafhaltung 

Wanderschäferin Lisa Vesely hat Angst vorm bösen Wolf

Trier - Jeder Tag von Lisa Vesely gehört ihren Schafen. Mindestens zwölf Stunden ist sie mit ihnen auf Wiesen, Weiden und Äckern unterwegs. Egal ob es stürmt, regnet oder brütend heiß ist.

Wanderschäfer
Die Schafe sind ihr ein und alles: Wanderschäferin Lisa Vesely ist an 365 Tagen auf Wiesen und Äckern unterwegs. Ihr Job ist nicht nur hart. Jetzt kommt auch noch die Angst vorm Wolf dazu. (c) proplanta
Urlaub oder frei am Wochenende hat sie nie. «Es ist schon ein harter Beruf, das steht außer Frage», sagt die 27-jährige Wanderschäferin auf einer Anhöhe bei Korlingen in Rheinland-Pfalz und blickt liebevoll auf die Herde mit 750 Tieren. «Aber die Schafe geben einem so viel zurück. Man hat so schöne Momente in der Natur, das ist mit keinem Geld der Welt zu bezahlen.»

Doch das Idyll könnte getrübt werden. Denn die Schäferin hat Angst vorm Wolf. Jüngst ist er auch wieder nach Rheinland-Pfalz zurückgekehrt, ein erster Nachweis gelang in der Pfalz. Es sei nur eine Frage der Zeit, bis er sich weiter ausbreite, meint Vesely, die seit acht Jahren mit ihrer Mutter und ihrem Opa zwischen Hunsrück und Mosel hütet. «Ich kann den Wolf nicht willkommen heißen, das verlangt mein Beruf von mir», sagt sie. «Barmherzigkeit gegen Wölfe ist Unrecht gegen Schafe.»

Viele Leute glaubten, der Schäfer werde ja entschädigt, wenn der Wolf komme. «Man bekommt aber nur den sichtbaren Schaden erstattet, nicht die Folgeschäden», sagt die 27-Jährige. Wenn beispielsweise nach einem Angriff die halbe Herde gestresst Totgeburten zur Welt bringe, «dann bekomme ich dafür nichts». Oder wenn die Herde über den Elektrozaun ausbreche und einem Bauern Wintergetreide wegfresse, verliere sie möglicherweise eine Hütefläche.

Vesely ist in den Beruf reingeboren. Ihre Mutter (57) ist seit rund 35 Jahren Schäferin. «Ich war eine Woche alt, da war ich das erste Mal mit Mama bei den Schafen.» Seit eineinhalb Jahren ist die Tochter Chefin über 350 Tiere, hinzu kommen 350 von der Mutter und noch 50 vom Opa. «Wir ziehen immer zusammen.» Die Tiere fressen am Tag so einiges weg. «Man muss eben immer den Standort wechseln.» Die Route führt über gepachtete Flächen - und Felder und Äcker, die Bauern ihnen überlassen.

Bundesweit gebe es noch rund 2.000 Berufsschäfer, sagt der Vorsitzende des Bundesverbandes Berufsschäfer, Günther Czerkus, in Wallendorf in der Eifel. Darunter seien drei bis fünf Prozent Frauen. «Deren Zahl nimmt aber zu, vor allem unter den Jüngeren.» Gleichzeitig machten immer mehr Haupterwerbsbetriebe dicht, vor allem wegen niedrigen Einkommens und wachsender Bürokratie. In den vergangenen fünf Jahren seien es wieder 20 Prozent weniger geworden, sagt er.

Mit dem nahenden Wolf würden vermutlich weitere Schäfer aufgeben, sagt Czerkus. Das Wichtigste sei jetzt, die Schafe «so gut es geht» vor einem Angriff zu schützen. Heißt: Die Herde müsse abends mit einem Elektrozaun komplett eingezäunt werden. Und der Strom darauf so stark wie möglich hochgedreht werden. «Wenn der Wolf einmal weiß, dass die Schafe wie ein Supermarkt sind, in dem er sich bedienen kann, ist es zu spät.» Dann komme er immer wieder.

Zu Geld machen die Veselys Wolle und Lämmer. Reich werde man nicht, betont auch die 27-Jährige. Bei der Wolle könne man froh sein, wenn der Wollverkauf die Schurkosten trage. «Es gab auch Jahre, da mussten wir drauflegen», sagt Mutter Marie-Anne Vesely. Die Wolle, für die es etwa ein Euro pro Kilo gebe, gehe nach Frankreich. Ein Lamm bringe 110 bis 120 Euro.

Eine gute Portion Idealismus muss bei einem der ältesten Berufe der Welt schon dabei sein. «Schäfer sein ist was, das lernt man nicht, das ist man von Herzen», meint Vesely. Sie kenne alle Schafe, 150 hätten auch einen Namen, sagt sie. «Schafe sind für mich Freunde und Familie in einem.» Gerne würde sie die Herde noch aufstocken, gemeinsam mit ihrem Freund, einem Schäfer aus Bayern. «Weitermachen wollen wir auf jeden Fall.» (dpa)
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