Nun balgen sich die kleinen Schweine in den mit etwa acht Quadratmetern vergleichsweise großen Haltungsboxen um den besten Platz unter der Wärmelampe. Währenddessen liegen die
Muttersauen meist auf der Seite, schauen sich das bunte Treiben an und warten darauf, dass sich der hungrige Nachwuchs zum Säugen meldet.
Doch im Gegensatz zu Millionen Geburtsvorgängen und zur späteren
Aufzucht in konventionellen Haltungen leben die FBN-Sauen und ihre Ferkel in der Experimentalanlage Schwein unter wissenschaftlicher Aufsicht. Die Tierärztin Corinna Gladbach will unter anderem klären, wie sich große Haltungsboxen auf das Wohl der Muttersauen und der Ferkel auswirken.
In der Schweinehaltung ist es üblich, dass die
Sauen in etwa einen Quadratmeter großen Ferkelschutzkörben ihre Jungen gebären und dort anschließend auch leben. Für Menschen, die sich selten Gedanken über Tierhaltung machen, ist der Anblick einer eingepferchten Sau eher verstörend. Doch es gibt dafür einen rationalen Grund, erklärt Gladbach: «Die Ferkel leben in ständiger Gefahr, von der Mutter erdrückt zu werden.» Und jedes tote Ferkel bedeutet einen Verlust für den Halter.
Schätzungen zufolge gehen so bis 20 Prozent der Ferkel verloren. Das liege an der den Schweinen eigenen Art sich hinzulegen, erklärt die Tierärztin. Sie gehen vorne in die Knie und lassen sich dann mit ihren rund 200 Kilo Gewicht zu Boden fallen. Da gibt es kaum eine Überlebenschance für den Nachwuchs, wenn er länger als eine Minute darunter gerät - die Ferkel ersticken.
Noch liegen keine endgültigen Ergebnisse von Gladbachs Forschung vor: Doch es lasse sich schon jetzt sagen, dass die Ferkelverluste in großen Haltungsboxen nicht gravierend höher sind. Mit Blick auf bereits vorhandene Regelungen in anderen europäischen Ländern und Berücksichtigung des Tierwohls für die Muttersauen liegt für Gladbach die Zukunft in der Umstellung auf größere Haltungsboxen.
Der Bundesverband Rind und Schwein sieht die aktuellen Diskussionen um Änderungen der Haltungsverordnungen für Muttersauen kritisch. Die Anforderung «ungehindertes Ausstrecken der Gliedmaßen ohne Kontakt zu anderen Tieren» hätte eine fatale Wirkung auf die Wirtschaftlichkeit.
«Die Verkürzung der zulässigen Fixierungsdauer im Deckzentrum und die geforderte Mindestfläche der
Abferkelbucht sind zudem nicht hinreichend fachlich begründet», heißt es in einer Stellungnahme. Galdbach betont, dass die Forschung noch keine endgültige Antwort hat, wie die möglicherweise doch höheren Ferkelverluste sowohl wirtschaftlich als auch moralisch zu kompensieren sind. «Im Moment tendiere ich zu einem offenen System, das unter der Geburt und drei Tage danach geschlossen werden kann.» Da wären die Ferkelverluste weitgehend unter Kontrolle.
Alternativen wären mehr Personal oder digitale Lösungen, mit denen die Geburt überwacht werden kann. «Ein System, das das Ausleben von natürlichem Verhalten ermöglicht, ist der Gerechtigkeit gegenüber dem Tier näher», fasst Institutssprecher Norbert Borowy zusammen. «Jedes System, das den Tieren dies bietet, wäre das Bessere.»