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14.04.2013 | 08:21 | Wildfleischerzeugung 

Landwirtschaftliche Wildhaltung wird durch EU-Gesetzgebung erschwert

Stuttgart - Fleisch von Dam- oder Rotwild erfreut sich großer Beliebtheit. Doch die Regeln für die Produktion werden immer strenger – zum Leidwesen der Halter.

Damwild
(c) proplanta
„In Deutschland sichern rund 6.000 Wildhalter mit über 60.000 Tieren den Bedarf an heimischem Wildfleisch aus landwirtschaftlichen Gehegen. Landwirtschaftliche Wildhaltung ist ein kleiner feiner Betriebszweig, der klare, praxisbezogene und finanzierbare Regelungen braucht“, erklärt Karl-Heinz Funke, Vorsitzender des Bundesverbandes landwirtschaftliche Wildhaltung (BLW), anlässlich der 22. Bundesfachtagung für landwirtschaftliche Wildhaltung in Bad Waldsee am 12. April 2013. Starre EU-Richtlinien im Hygienerecht seien für die kleinen Betriebe in der Praxis schwer umzusetzen. Die nationale Sonderregelung, wie sie auch in Österreich seit Jahren Anwendung findet, sei für den wirtschaftlichen Fortbestand der Betriebe dringend notwendig.

Das Bundeslandwirtschaftsministerium hat 2010 bei der EU-Kommission eine nationale Ausnahmeregelung zur Lebensmittelhygiene für kleine Wildhalterbetriebe beantragt und diese bei Betrieben angewandt, die im Jahr bis zu 50 Stück Farmwild aus eigener Haltung schlachten. „Unter Auflagen können die Wildhalter bei der zuständigen Behörde eine Ausnahmeregelung beantragen. Voraussetzung ist, dass die Lebendbeschau durch den Tierarzt maximal 28 Tage zurückliegt und der Gehegebetreiber einen Sachkundenachweis besitzt“, sagt Helmut Trumpf, Vorsitzender des Verbandes für landwirtschaftliche nutztierartige Haltung von Wild in Baden-Württem-berg. „Dieses Vorgehen wurde in Zusammenarbeit mit den Veterinärbehörden im Land entwickelt und hat sich in Baden-Württemberg bewährt. Umso unverständlicher, dass die Europäische Kommission dieses Vorgehen jetzt unterbinden möchte.“

Die landwirtschaftlichen Wildhalter in Deutschland sind Kleinerzeuger, die mit geringen Tierzahlen arbeiten und meist im Nebenerwerb wirtschaften. „Die Halter haben in den vergangenen Jahren viel in ihre Betriebe investiert. Schlachtstätten wurden genehmigt und teure EU-Zulassungen eingeholt“, erklärt Funke. „Ohne die bewährte nationale Sonderregelung können viele Betriebe nicht mehr wirtschaftlich arbeiten und müssen aufgeben.“ Die Zusatzkosten für Tierärzte seien über das Produkt Wildfleisch nicht finanzierbar.

Wildhaltung in landwirtschaftlichen Gehegen gewährt den Tieren ein Höchstmaß an Tierwohl, ähnlich dem frei lebenden Wild. Zusätzlich pflegen die Betriebe durch extensive Weidewirtschaft schonend die Kulturlandschaft. Das bei den Verbrauchern beliebte Wildfleisch überzeugt durch seine hochwertige Qualität und kurzen Wege. Während der Saison im Herbst von September bis Weihnachten wird das Wildtier im Gehege geschossen, geschlachtet, zerlegt und in der Regel vor Ort vermarktet. Diese Wildfleischerzeugung wird nach höchsten Hygienestandards von ausgebildeten Haltern durchgeführt. Eine Übersicht über die Direktvermarkter erhalten Sie beim Landesverband.

Hintergrund: Landwirtschaftliche Wildhaltung: Nach Schätzungen werden im Bundesgebiet derzeit rund 60.000 Stück Dam- oder Rotwild mit Nachzucht von ungefähr 6.000 landwirtschaftlichen Wildhaltern betreut. Damwild ist dabei im Bundesgebiet am stärksten verbreitet, gefolgt vom Rot-, Muffel- und Sika- sowie Schwarzwild. Seit einigen Jahren ist ein steigendes Interesse an der Bisonzucht festzustellen. Der überwiegende Absatz von Wildfleisch aus der Gehegehaltung erfolgt als Frischfleisch über die Erzeuger-Verbraucher-Direktschiene. In Deutschland liegt die durchschnittliche Gehegegröße bei circa drei Hektar. Die Mindestgröße, um eine Genehmigung zu erhalten, beträgt für Damwild ein Hektar und zwei Hektar für Rotwild. Das Wild wird ganzjährig im Freien gehalten. Zugefüttert wird in der vegetationsarmen Zeit lediglich nach Bedarf und in Abhängigkeit von dem vorhandenen Aufwuchs von Herbst bis Frühjahr. Die Vermarktung konzentriert sich auf die Wildsaison im Herbst von September bis Weihnachten.

22. Bundesfachtagung der Wildhalter: Die Veranstaltung des Bundesverbandes landwirtschaftliche Wildhaltung (BLW)  findet am Samstag, den 13. April, ab 10.00 Uhr in der Schwäbischen Bauernschule Bad Waldsee statt. Wildhalter aus dem gesamten Bundesgebiet informieren sich auf dem Branchentreff Nummer eins über Management, nationale Gesetzgebung und europäische Rahmenbedingungen. Das vollständige Tagungsprogramm kann unter www.wildhalterverband-bw.de heruntergeladen werden. (lbv-bw)
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