Wie das
Bundeslandwirtschaftsministerium am Montag (8.8.) auf Basis der jährlichen Auswertung des Bundesamtes für
Verbraucherschutz und
Lebensmittelsicherheit (BVL) mitteilte, nahm die betreffende Menge gegenüber dem Vorjahr um 100 t oder 14,1 % auf 601 t ab. Seit Beginn der der Erfassung 2011 ist ein deutlicher Rückgang von 1.105 t oder 65 % zu verzeichnen.
Erfreulich ist laut dem Berliner Agrarressort vor allem, dass die abgegebenen Mengen der für die Therapie beim Menschen wichtigen Fluorchinolone, Cephalosporine der dritten und vierten Generation sowie für Colistin auf den jeweils niedrigsten Wert seit 2011 sanken.
Wie in den Vorjahren stellten auch 2021 Penicilline mit 235 t und Tetrazykline mit 125 t das Gros der abgegebenen
Antibiotika dar; im Vorjahresvergleich kam es hier zu einem Rückgang von jeweils 15,5 %. Die Abgabemenge der Fluorchinolone ist gegenüber 2020 um 12,5 % auf 5,6 t gesunken, bei Cephalosporine der dritten und vierten Generation um 7,7 % auf 1,2 t und Polypeptid-Antibiotika - hierbei handelt es sich überwiegend um Colistin - um 15,0 % auf rund 51 t.
„Die aktuellen Zahlen sind für uns Ansporn, den Einsatz von Antibiotika dauerhaft zu senken“, erklärte die Staatssekretärin im Bundeslandwirtschaftsministerium, Silvia Bender. Besonders der Rückgang der Abgabemengen für die Reserveantibiotika sei zu begrüßen. Sie wies darauf hin, dass das Bundeskabinett im Juli die von
Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir vorgelegte Änderung des Tierarzneimittelgesetzes beschlossen habe. „Damit schärfen wir das derzeit geltende Antibiotika-Minimierungskonzept nach“, hob Bender hervor.
Schärfere EU-Vorschriften angestrebtFür Colistin, Fluorchinolone und Cephalosporine der dritten und vierten Generation wird laut der Staatssekretärin ein Wichtungsfaktor in das Antibiotika-Minimierungskonzept aufgenommen. Für
Tierärzte und
Tierhalter werde damit das Signal gesetzt, die Anwendung dieser Mittel auf das unvermeidbare Minimum zu reduzieren. Die Entwicklung und Verbreitung von Antibiotikaresistenzen stellt laut Bender eine globale Bedrohung dar, und zwar in der Human- wie in der Veterinärmedizin.
Um der Verbreitung von
Resistenzen entgegenzuwirken, seien angesichts der grenzüberschreitenden Problematik neben nationalen auch europäische Vorschriften dringend notwendig. Das Bundeslandwirtschaftsministerium setze sich deshalb aktuell auf EU-Ebene dafür ein, dass im europäischen Tierarzneimittelrecht noch ausstehende Regelungen schnellstmöglich auf den Weg gebracht würden, die weitere europaweite Restriktionen für die Antibiotikaanwendung bei Tieren vorsähen.
Nicht nach TierartenLaut
BVL lassen sich die gemeldeten Wirkstoffmengen derzeit nicht den einzelnen Tierarten zuordnen, da die Mehrzahl der
Tierarzneimittel, welche diese Wirkstoffe enthalten, für die Anwendung bei verschiedenen Tierarten zugelassen sind. Das neue, seit Januar 2022 anzuwendende Tierarzneimittelrecht sieht jedoch vor, dass künftig auch die Anwendungen antimikrobieller Arzneimittel bei Tieren erfasst werden. Ein Grund für die gesunkene Abgabemenge könnte dem Berliner Agrarressort zufolge auch im Rückgang der Tierbestände, insbesondere bei Schweinen, liegen.
Lob vermisstFür den Bundesverband Praktizierender Tierärzte (bpt) zeigen die Zahlen - ungeachtet aller Kritik - einmal mehr den verantwortungsvollen Umgang der Tierärzte mit Antibiotika. „Wir machen unsere Hausaufgaben“, betonte bpt-Präsident Dr. Siegfried Moder. Er fände es daher angebracht, wenn das Bundeslandwirtschaftsministerium diese eindrucksvolle Leistung der Veterinärmediziner und Tierhalter auch einmal loben würde, statt immer weitere gesetzliche Restriktionen in den Raum zu stellen.
„Die aktuelle Auswertung macht es doch ganz deutlich: Die
Tiermedizin trägt in erster Linie zur Antibiotikaresistenzbekämpfung bei“, so Moder. Der bpt ist deshalb der Auffassung, dass es für eine effektive Antibiotikaresistenzbekämpfung keine Verbote brauche, wie zuletzt beim Delegierten Rechtsakt zur Festlegung von Kriterien für die Kategorisierung von Antibiotika der Europäischen Union, die nur dazu führten, dass kranken Tieren nicht mehr alle notwendigen Behandlungsoptionen zur Verfügung stünden.
Therapeutisches Minimum bald erreichtDie
Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands (ISN) sieht im starken Rückgang des Antibiotikaeinsatzes ebenfalls einen Erfolg, der endlich gewürdigt werden sollte und nicht durch immer mehr Bürokratie torpediert werden dürfe. Natürlich müsse es weiterhin Ziel sein, den Einsatz zu verringern, allerdings werde die
Luft für eine weitere Minimierung zunehmend dünner, gibt die
ISN zu bedenken. Die Anwendung habe sich nämlich auf einem Niveau eingependelt, das dem therapeutisch erforderlichen Minimum entsprechen dürfte. Weitere Reduktionsziele, die zu Lasten des Tierschutzes gehen könnten, seien nicht akzeptabel.