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06.01.2010 | 03:21 | Naturschutztage  

«Trauermarsch» im «Kormorankrieg» am Bodensee

Radolfzell - Blaskapelle in Frack und Zylinder, statt Sarg ein bunt schillernder Fisch aus Pappmaché auf einer schwarzen blumengeschmückten Bahre - ein Trauerzug wie bei einer Beerdigung ist am Montag in Radolfzell bei den Naturschutztagen am Bodensee aufmarschiert.

Kormorankrieg am Bodensee
(c) proplanta
Etwa 500 Berufsfischer und Angler aus Baden und der benachbarten Schweiz hatten sich die traditionelle Tagung der Umweltschutzverbände NABU und BUND am See ausgesucht, um lautstark mit vielen Buhrufen und Trillerpfeifen klar zu machen, dass sie vom Schutz des Kormorans gar nichts halten. Sie waren zornig über den Fischräuber, der ihnen den Fang stibitzt. Es war ein weiteres Kapitel im «Kormorankrieg», den Fischer und Naturschützer seit Jahren nicht nur am Bodensee ausfechten.

Denn die Verbände NABU und BUND, Organisatoren der alljährlichen Naturschutzkonferenz am Bodensee, ließen die Argumente der Fischer ein weiteres Mal nicht gelten. Nicht der Kormoran, der bis zu 40 Meter tief tauchen kann, ist aus ihrer Sicht für sinkende Fangerträge verantwortlich, sondern das immer sauberere Bodenseewasser. Weniger Schadstoffe bedeuteten eben weniger Algenwachstum und damit weniger Nahrung für die Fische. «Der Kormoran gehört zum Bodensee wie die Blumeninsel Mainau», rief NABU-Chef Andre Baumann den Demonstranten zu. Und die Äschenkolonie im westlichen Bodenseeteil, dem Untersee, werde eher durch die Klimaerwärmung gefährdet als durch den Fischfresser. Der NABU kürte den Meistertaucher zum «Vogel der Jahres 2010».

So prallten die Meinungen erneut unversöhnlich aufeinander. In aufgeheizter Stimmung entwickelte sich ein scharfer Wortwechsel zwischen einigen Demonstranten und den Naturschützern. Der Aufruf von BUND-Landeschefin Brigitte Dahlbender, gemeinsam Klimaschutzpolitik zu machen, um das Überleben auch der Äschen zu sichern, ging im Getöse unter. Berufsfischer Stefan Riebel von der Bodensee-Insel Reichenau beschuldigte den NABU, «eine beispiellose Hetzkampagne» in der Kormoranfrage gegen die Fischer angezettelt zu haben.

Peter Beutler und Bert Schneider, Fischer aus dem schweizerischen Schaffhausen verlangten, dass die Kormoranbestände auch durch Abschüsse in Grenzen gehalten werden. «Wir wollen die ja nicht ausrotten», betonten sie. Währenddessen hielten andere Plakate mit Aufschriften wie ««Heimischer Fisch ist dank NABU bald vom Tisch» in die Höhe. Die EU-Vogelschutzrichtlinie stellte die Tiere 1979 europaweit unter Schutz. Allerdings dürfen Kormorane in Deutschland in Ausnahmefällen unter strengen Auflagen zu bestimmten Zeiten abgeschossen werden.

Erst zum Abschluss der Demonstration waren wieder etwas versöhnlichere Töne zu hören. Denn ein gemeinsamer Feind vereint: Das war in diesem Fall die klirrende Kälte vor der Radolfzeller Tagungsstätte «Milchwerk». So tranken die Gegner schließlich gemeinsam Glühwein. Das wärmende Getränk hatten BUND und NABU den frierenden Demonstranten spendiert. (dpa)
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