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10.05.2022 | 14:13 | COP26 

6 Monate nach Weltklimakonferenz: Wo steht der Klimaschutz?

Scharm el Scheich - Ägyptens erste Hitzewelle der Saison kam dieses Jahr schon im April: In Kairo stieg die Temperatur auf bis zu 40 Grad Celsius.

1,5 Grad-Ziel erreicht?
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Ein halbes Jahr liegt die Weltklimakonferenz COP26 zurück, in sechs Monaten folgt die COP27 in Ägypten. Aber der Klimaschutz hat einen schweren Stand in Zeiten des Ukraine-Kriegs. Wo steht die Weltgemeinschaft beim Versuch, das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen? (c) proplanta
Es war, als puste ein riesiger Haartrockner heiße Luft über die Hauptstadt und ihre 20 Millionen Einwohner. Schon im August vergangenen Jahres hatten die Ägypter eine Woche lang bei Hitze um 40 Grad geächzt. Die Regierung kam zu der Einsicht, der Klimawandel sei auch für Ägypten zu einem «drängenden Problem» geworden.

In sechs Monaten wird dieses Problem in Ägypten auf höchster Ebene verhandelt. Dann richtet der Wüstenstaat die nächste Weltklimakonferenz aus, die COP27. Im Küstenort Scharm el Scheich, sonst eher bekannt für Strände und Badespaß, werden Anfang November rund 30.000 Teilnehmer erwartet, darunter 120 Staats- und Regierungschefs. Was hat sich sechs Monate nach der COP26 in Glasgow beim Klimaschutz eigentlich getan?

Der Krieg in der Ukraine habe seit Februar eine «gänzlich neue Dynamik» gebracht, sagt David Ryfisch von der Entwicklungs- und Umweltorganisation Germanwatch. «Durch den Krieg haben wir eine ganz neue Diskussion um Energiesicherheit.» Die Regierungspartei FDP sprach sich etwa dafür aus, eine längere Nutzung der besonders klimaschädlichen Braunkohle zu prüfen. Der Ausstieg soll in Deutschland laut Koalitionsvertrag eigentlich bis 2030 gelingen.

«Wir sehen leider ziemlich deutlich, dass es mit einem raschen Kohleausstieg sehr schwer werden könnte», sagt der Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK), Ottmar Edenhofer, zur Kohlenutzung weltweit. Weil die Gaspreise durch den Krieg schneller steigen als die Kohlepreise, setze sich vor allem in Asien eine «Renaissance der Kohle» fort - etwa in China und Indien, aber auch in kleineren Ländern. Und das, obwohl man sich in Glasgow darauf einigte, die Kohleverstromung schrittweise runterzufahren.

Auch im November wird die heilige Marke von 1,5 Grad Celsius wieder über der Konferenz hängen - der Wert, um den sich die Erde laut Pariser Klimaabkommen höchstens dauerhaft über das vorindustrielle Niveau erwärmen darf. Dem jüngsten Bericht des Weltklimarats (IPCC) zufolge, den UN-Generalsekretär António Guterres als «Dokument der Schande» bezeichnete, ist das Ziel ohne drastische Einsparungen überhaupt nicht mehr zu erreichen.

Eine ernüchternde Botschaft kam dazu aus Genf: Die 1,5-Grad-Erhöhung könnte sogar schon - wenn auch nur vorübergehend - innerhalb der nächsten fünf Jahre erreicht sein, teilte die Weltwetterorganisation (WMO) mit. Bei Abschluss des Pariser Abkommens 2015 galt so etwas noch als nahezu ausgeschlossen. «Wir fahren ein bisschen langsamer auf die Wand zu, aber wir fahren immer noch auf die Wand zu», sagt Edenhofer. Er fordert eine «grundlegende Korrektur».

«Vor allem die großen Emittenten müssen einfach signifikant nachlegen», sagt auch Frauke Röser vom NewClimate Institute, das Zusagen von Ländern zu neuen Klimazielen beobachtet. Oft entfalte sich bei Konferenzen ein Gruppendruck. «Man hat das zum Beispiel in Glasgow gesehen, dann werden einzelne Akteure auch unter Zugzwang gesetzt.» Auch wenn kleine Länder wie Costa Rica sich stark engagierten, sei die Dynamik zwischen den USA und China und anderen der großen Emittenten entscheidend.

Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi hat den Klimaschutz bereits zur Chefsache gemacht. Das Land, in dem 100 Millionen Menschen leben, ist mit seinen Wüsten, wenig Regen, heißen Sommern, großen Städten und langen Küsten extrem gefährdet. Die Szenarien: Einbußen bei den Ernten, noch mehr Wasserknappheit, Versalzung der Ackerböden im Nildelta. Und bis 2050 könnte die Bevölkerungszahl nach UN-Schätzungen auf 160 Millionen steigen.

Bei Ägyptern, die leere Coladosen gern mal aus dem Autofenster schleudern oder Einkäufe dreifach in Plastik einwickeln lassen, könnte die Konferenz das Bewusstsein ein wenig schärfen. Das Land kämpft mit Armut, Analphabetismus und Arbeitslosigkeit. Umwelt- und Klimaschutz beschäftigen deutlich weniger Menschen als in Industrienationen.

Impulse für den Gipfel in einem halben Jahr erhoffen sich Klimaschützer von der Siebenergruppe der Industrienationen (G7), bei der Deutschland dieses Jahr den Vorsitz hat. «Von der G7 muss ein klares Signal ausgehen», sagt Ryfisch. Wichtig an der COP sei aber, dass alle vertreten sind, «auch die Armen und Verletzlichen».
dpa
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