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25.02.2021 | 00:42 | Klimafolgen 

Alle müssen sich für Klimawandel rüsten: Vom Bauern bis zum Bauherrn

Brüssel - Hitze, Stürme, Dürren: Europa muss sich aus Sicht der EU-Kommission viel gezielter gegen die bereits unausweichlichen Folgen des Klimawandels wappnen, um Milliardenschäden in Grenzen zu halten.

Dürre
Die globale Erwärmung ist bereits überall in Europa spürbar. Hitzewellen kosten auch hier Tausende das Leben. Damit sei es an der Zeit, Wirtschaft und Bürger systematisch besser zu schützen, findet die EU-Kommission. (c) proplanta
Kommissionsvize Frans Timmermans legte am Mittwoch in Brüssel eine Anpassungsstrategie vor, die vor allem auf Informationsaustausch über lokale Folgen der globalen Erwärmung, künftige Risiken und erfolgreiche Gegenmaßnahmen setzt. Aus diversen EU-Töpfen stehen Milliardensummen zur Verfügung. Kritikern ist der Plan zu unkonkret.

Früher habe man ungern über Anpassungsstrategien gesprochen, weil das wie das Eingeständnis einer Niederlage beim Klimaschutz gewirkt hätte, sagte Timmermans. Nötig sei jedoch beides, denn die Klimakrise treffe bereits jeden Ort in Europa: «Die Strategie muss helfen, die Europäische Union bis 2050 nicht nur klimaneutral zu machen, sondern auch klimaresistent.»

Die wirtschaftlichen Schäden durch Folgen des Klimawandels in der EU liegen Timmermans zufolge derzeit bei durchschnittlich zwölf Milliarden Euro pro Jahr. Würde die Erwärmung nicht wie geplant bei weniger als zwei Grad gestoppt, sondern erst bei drei Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit, würden die Verluste auf mindestens 170 Milliarden Euro pro Jahr wachsen, rechnete die Kommission vor.

Die Naturkatastrophe mit den weltweit meisten Toten 2019 war nach Timmermans Worten die europäische Hitzewelle, die 2.500 Menschen das Leben kostete. Mit den Wetterextremen hätten beispiellose Waldbrände, verheerende Dürren und Wirbelstürme zugenommen. Auch eine nie gekannte Ausbreitung von Borkenkäfern in Mittel- und Osteuropa zählt die Kommission zu den Folgen des Klimawandels.

Die Auswirkungen träfen Branchen von der Landwirtschaft über Fischkulturen, Tourismus und die Stromerzeugung bis hin zum Güterverkehr auf Flüssen. So müssen Bauern sich darauf einstellen, dass steigende CO2-Werte in der Atmosphäre ihre Ernte beeinflussen, aber auch Trockenheit oder Überschwemmungen. Gebäude können nicht nur von Stürmen weggefegt werden, sondern würden auch von steigenden oder sinkenden Wasserständen in ihrer Substanz gefährdet.

Die Eckpunkte von Timmermans Gegenstrategie lauten: mehr Wissen über die Klimafolgen, genauere Einschätzung der Risiken; schneller reagieren; den internationalen Partnern verstärkt helfen. So setzt die Kommission auf eine genaue Erfassung der Schäden und Datenaustausch über Risiken und Gegenmaßnahmen auf einer Internetplattform namens Climate Adapt.

Zudem soll «systemisch» gegengesteuert werden, das heißt auf allen Ebenen von Politik, Gesellschaft und Wirtschaft. Timmermans kündigte Gespräche mit den EU-Staaten an, welche Löcher die Klimafolgen in die öffentlichen Finanzen reißen könnten. Auch mit der Versicherungswirtschaft will er reden: «Zu oft bleibt die finanzielle Last durch Naturkatastrophen bei unversicherten Familien oder Unternehmen oder bei der öffentlichen Hand.»

Dritter Punkt sind beschleunigte Lösungen: Es bleibe eine große Kluft von der Planung bis zur Umsetzung von Gegenmaßnahmen, kritisierte Timmermans. Finanziell soll die Europäische Investitionsbank stärker bei Anpassungsmaßnahmen helfen. Geld dafür kann es aber grundsätzlich auch aus den EU-Strukturfonds, der gemeinsamen Agrarförderung und dem neuen Corona-Aufbaufonds RRF mit mehr als 670 Milliarden Euro geben.

Den Grünen ist Timmermans' Plan allerdings zu schwammig. «Die Strategie zur Klimaanpassung ist dringend nötig, aber enttäuschend», kritisierte der Europaabgeordnete Michael Bloss. «Die Suche nach etwas Konkretem wird zur Suche nach der Nadel im Heuhaufen.»

Auch das Climate Action Network von Umweltorganisationen bemängelte, dass es keine bindenden Zielmarken gebe. Die SPD-Europaabgeordnete Delara Burkhardt erinnerte daran, dass Klimafolgen vor allem Arme, Alte und Kranke träfen. «Auf diese Personengruppen muss die Strategie ein besonderes Augenmerk legen», forderte Burkhardt.
dpa
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