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12.06.2013 | 12:35 | Baumwollproduktion 

Baumwollanbau geht zu Lasten von Flüssen und Seen

Wiesbaden - Erntereife Baumwolle sieht aus wie Wattebäusche auf Büschen. In Ländern wie China, Australien, Usbekistan oder der Türkei bedecken die weißgetupften Felder ganze Landstriche.

Baumwolle
(c) proplanta
Dort, wo es nicht genug regnet, muss bewässert werden: «Baumwolle ist eine der durstigsten Pflanzen», sagt Philipp Wagnitz, Experte bei der Umweltstiftung World Wide Fund for Nature (WWF). Und vor allem in trockenen Gebieten rund um den Globus werde sie angebaut mit dramatischen Folgen für die Natur. «Baumwolle ist ein Sündenprodukt», sagt er auch mit Blick auf die Massenproduktion zu Dumpingpreisen.

Der «Wasserfußabdruck» von Baumwolle - damit ist der Verbrauch von Regenwasser, Wasser aus Flüssen und Seen und auch die Verschmutzung des Wassers bei der Verarbeitung gemeint - ist nach Angaben von Fachleuten gigantisch. Den Aralsee in Zentralasien habe die Pflanze schon fast ausgesoffen. Der einst viertgrößte Binnensee der Erde drohe zur Wüste zu werden. Anrainer Usbekistan ist eines der Hauptanbauländer.

Der Rio Grande im mexikanisch-amerikanischen Grenzgebiet, wo ebenfalls viel Baumwolle angebaut wird, sei nur noch ein Rinnsal, kritisiert WWF-Experte Wagnitz. Im Südwesten Australiens erreiche der Fluss Murray das Meer nicht mehr, weil er auf seinem Weg die Baumwolle bewässern müsse. «Es ist eine Umweltkatastrophe, mit deren Folgen wir uns viel zu wenig beschäftigen.»

Baumwolle gehört zu den ältesten Kulturpflanzen der Welt. Sie braucht viel Wasser zum Wachsen, zugleich aber auch Sonne und trockene Luft. Seit Jahrtausenden liefert das gelb, rosa oder weiß blühende Malvengewächs den Stoff für Kleidung und andere Textilien.

Benutzt werden die wattigen und von Natur aus weißen Haare, die den Samen umgeben. In Europa trat die Faser mit der Industrialisierung ihren großen Siegeszug an.

Riesengroß ist inzwischen die weltweite Nachfrage nach Jeans, T-Shirts, Bettwäsche, Tischdecken oder Handtüchern aus der Allround-Faser. Sie ist stabil, saugfähig, hautfreundlich und vor allem billig. «Baumwolle ist die mit Abstand am häufigsten eingesetzte Naturfaser für Kleidungsstücke», heißt es in einem Papier des Statistischen Bundesamts. Gut eine Million Tonnen Rohbaumwolle, Textilien und Kleidung seien 2010 nach Deutschland importiert worden, ein knappes Viertel davon aus China.

Problematisch sind nach Einschätzung von Umweltschützern der Wasserverbrauch sowie der Dünger- und Pestizideinsatz: Baumwolle werde auf nur 2,4 Prozent der globalen landwirtschaftlichen Nutzfläche angebaut, aber die Felder bekämen fast ein Viertel der weltweit eingesetzten Pestizide ab. Und in den Fabriken werde mit Chemieeinsatz gewaschen, gefärbt und wieder gewaschen, sagt Wagnitz.

Rund 6,4 Milliarden Kubikmeter Wasser stecken in den Baumwollprodukten, die in einem Jahr in Deutschland gekauft werden. Das sei mehr als doppelt so viel Wasser, wie die privaten Haushalte im gleichen Zeitraum zum Waschen, Kochen und Baden verbrauchten, rechnete das Statistische Bundesamt aus.

Zusammengezählt wurden alle Produktionsschritte der Baumwolle - vom Anbau über die Weiterverarbeitung bis zum Endprodukt. Drei Viertel des Wasserverbrauchs für die Produktion der in Deutschland gekauften Baumwolle werde zum Bewässern der Felder verwendet.

Baumwolle sei als billiges Massenprodukt viel zu kostbar, meint Umweltschützer Wagnitz. Er fordert ein Umdenken. Verbraucher sollten gezielt Nachhaltigkeit bei Anbau und Produktion einfordern. Bisher sei Bio-Baumwolle eine winzig kleine Nische. Und auch «Fair Trade»-Ware, die auf gute Arbeitsbedingungen für die Näherinnen in den asiatischen Textilfabriken achtet, sei viel teurer als das Massenangebot in Billigläden.

«Der Preiskampf ist menschenverachtend», sagt Wagnitz. Er hofft, dass die schweren Unglücke in Bangladesch mit Hunderten Toten den Kunden in Europa zu denken geben.
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