07.09.2006 | 14:42 | Klimafolgen
Bodenseeregion überdurchschnittlich vom Klimawandel betroffenLangenargen - Die Region um den Bodensee, Europas größten Trinkwasserspeicher, ist nach Angaben von Umweltexperten überdurchschnittlich von der Erderwärmung betroffen. |
(c) proplanta Erwartet wird in den kommenden 50 Jahren ein Anstieg der mittleren Jahreslufttemperatur um 1,7 Grad Celsius. Die Veränderungen im Ökosystem Bodensee seien bereits deutlich sichtbar, sagte die Präsidentin der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz (LUBW), Margareta Barth, am Donnerstag in Langenargen (Bodenseekreis). So hätten sich neue Tierarten im See angesiedelt wie Muscheln, Krebse und Krabben und Süßwasserquallen.
Auch exotische Baumarten aus wärmeren Regionen wie der ostasiatische Sommerflieder und andere Pflanzen machten sich zunehmend breit. «Auf den ersten Blick ist das eine Bereicherung der ökologischen Vielfalt», sagte Barth. Doch könne das ökologische Gleichgewicht massiv bedroht werden. Weil die natürlichen Feinde der Neuansiedlungen fehlten, könne diese sich massenhaft vermehren und heimische Arten verdrängen. Zum Beispiel werde es einigen Weinsorten wie Riesling und Trollinger zunehmend zu warm.
Auch Vögel änderten zunehmend ihr Zugverhalten und überwinterten sogar in der Region, berichtete Wolfgang Fiedler von der Vogelwarte Radolfzell. Zum einen könnten etwa ausgesetzte Papageien in Städten wie Stuttgart überleben, zum anderen kämen auch Arten von selbst wie etwa der Bienenfresser aus Norditalien an den Bodensee. Vor diesem Hintergrund verlangte er eine dynamische Naturschutzgesetzgebung, um etwa Listen mit bedrohten Arten den aktuellen Bedingungen besser anpassen zu können.
Umweltministerin Tanja Gönner (CDU) kündigte bei einem Besuch im Institut für Seenforschung der LUBW in Langenargen weitere Forschungen zum Klimawandel an. So soll in einem mit 2,8 Millionen Euro ausgestatteten Forschungsprogramm «Herausforderung Klimawandel» die Entwicklung von extremen Wetterereignissen wie Sturm und starken Niederschlägen untersucht werden. Daneben solle das Auftreten der Pollenallergie auslösenden Beifuß-Ambrosie, eines Korbblütlers aus Nordamerika, erforscht werden. Erste Beobachtungsprogramme zur Stadtflora gibt es in Konstanz, Aalen, Karlsruhe, Stuttgart und Ulm.
In Zusammenarbeit mit Bayern und dem Deutschen Wetterdienst solle außerdem das Projekt Klimaveränderung und Wasserwirtschaft (KLIWA) fortgesetzt werden, sagte Gönner. Damit sollten Frühwarnsysteme verbessert und der Ausstoß von Kohlendioxid weiter gesenkt werden.
Nach Darstellung der Ministerin werden mit dem Klimawandel die Wetterextreme zunehmen. Das bedeute nach Prognosen 25 Prozent mehr Niederschlag in den Wintermonaten und im Frühjahr steigende Hochwassergefahr. Sinkende Wasserstände im Sommer dagegen könnten zu Einschränkungen vor allem im Fährverkehr, aber auch bei der Sportschifffahrt führen.
Die Sommermonate böten neben Risiken auch Chancen, sagte LUBW- Präsidentin Barth. Wärmere und trockene Witterung könnten die Bodenseeregion für Urlauber attraktiver machen. Laut LUBW steigt die Zahl der Sommertage mit mehr als 25 Grad Celsius etwa in Überlingen von derzeit im Schnitt 32 auf 54 Tage bis 2050. In der Landwirtschaft dagegen wachse der Anpassungsdruck. Betroffen seien vor allem die Obstbauern, die gezwungen seien auf neue Sorten umzustellen, die gegen Trockenheit und vermehrtes Auftreten von Schädlingen gefeit sind. Das Risiko von Ernteschäden werde zunehmen, sagte die Expertin.
Quelle: dpa 07.09.2006 / 14:32 © dpa
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