Die Deutschen jedenfalls glauben trotz des zweiten strengen Winters in Folge weiter fest an die gefährliche Erderwärmung. 57,1 Prozent gehen in einer
Umfrage des Instituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur vom
Klimawandel aus - das ist ein etwas geringerer Prozentsatz als in früheren Erhebungen. Stefan Rahmstorf, einer der führenden deutschen Klimaforscher, sieht vor allem den Dezember als «extremen Ausreißer». «Im global wärmsten Jahr seit Messbeginn im 19. Jahrhundert liegt bei uns die höchste Dezember-Schneedecke seit Messbeginn im 19. Jahrhundert», so der Experte vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung in seinem Blog.
Gleichzeitig sei aber die arktische Meereisbedeckung im Dezember
2010 auf ein Rekordtief gesunken. Die These, dass die Sonne an Aktivität verliere und so die Erwärmung gebremst werde, will er nicht glauben. Viele Klimaforscher betonen, dass
Wetterextreme - heiße Sommer, kalte Winter - Symptome des Klimawandels sind.
Für Rahmstorf ist der Dezember mit Rekordschneefällen schlicht Zufall. «In den letzten 40 Jahren, in denen die globale Temperatur deutlich gestiegen ist, gibt es keinerlei Trend in den hiesigen Dezember-Schneehöhen», schreibt er. Dies seien «gewichtige Indizien dafür, dass es keinen Zusammenhang des diesjährigen Schneerekords mit der globalen Erwärmung gibt».
Der Meteorologe Andreas Friedrich vom Deutschen Wetterdienst (
DWD) sah in den Kapriolen einen «chaotischen Zufall» in der Atmosphäre.
Und Hans Schipper vom Karlsruher Institut für Meteorologie und Klimaforschung betont, dass sich die Erde weiter erwärme.
Eine Theorie für einen kalten Winter in Deutschland - bei einer dennoch steigenden Erwärmung - präsentierte jüngst Rahmstorfs Potsdamer Kollege Vladimir Petoukhov. Im Winter 2005/2006 war die Meereis-Fläche in der östlichen Arktis klein. Durch das offene Meer wurden die unteren Luftschichten weiter aufgeheizt. Das führte zu einer gestörten Luftströmung, die kalte Winterwinde brachte.
In der repräsentativen YouGov-Umfrage sind sich die 1020 Befragten fast einig, dass die Politik dem Klimawandel nicht Herr werden kann. 78,3 Prozent glauben nicht, dass Konferenzen wie der jüngste UN-
Klimagipfel im mexikanischen Cancún wirksame Maßnahmen gegen den Klimawandel auf den Weg bringen können. Nur 8,1 Prozent halten die Politik für fähig, den Klimawandel zu stoppen.
Das ist überraschend, wurde Cancún doch allgemein als Erfolg gefeiert - es erscheint möglich, Ende des Jahres im südafrikanischen Durban einen neuen Weltklimavertrag auszuhandeln. Das Abkommen von Cancún sieht unter anderem einen Fonds ab 2020 vor, um armen Ländern bei der Anpassung an den Klimawandel mit mehreren hundert Milliarden Dollar zu helfen. Erstmals wurde auch das Ziel, die
Erderwärmung auf
2 Grad zu begrenzen, verbindlich bestätigt. Aber: Konkrete Schritte zur Minderung des CO2-Ausstoßes wurden nicht verbindlich festgelegt.
Den Deutschen mahlen die Mühlen der Vereinten Nationen mit ihren mehr als 190 Nationen, deren Interessen miteinander in Einklang gebracht werden müssen, scheinbar zu langsam. Und sie sind auch nur noch bedingt bereit, für eine Öko- und Klimawende dauerhaft tiefer in die Tasche zu greifen. Von rund 70 Prozent 2010 fällt die Bereitschaft, für den Ausbau der klimafreundlichen Ökoenergien höhere
Strompreise in Kauf zu nehmen, auf nur noch 46,7 Prozent. Das hat wohl damit zu tun, dass 2011 wegen der auf 3,5 Cent fast verdoppelten Ökostrom-Umlage die Strompreise bei fast allen Anbietern steigen. (dpa)