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28.08.2022 | 16:34 | Extreme Trockenheit 

Dürre wird in Frankreich als Naturkatastrophe anerkannt

Paris - In Frankreich sollen die von Hitze und Dürre gebeutelten Landwirte eine zusätzliche Unterstützung vom Staat erhalten.

Extreme Trockenheit
Staat greift den Landwirten unter die Arme - Vorauszahlungen auf die GAP-Beihilfen werden aufgestockt. (c) proplanta
Wie Landwirtschaftsminister Marc Fesneau am Montag (22.8.) ankündigte, sollen die Witterungsextreme als Naturkatastrophe anerkannt und die Schäden entsprechend kompensiert werden. Ferner ist vorgesehen, die Vorauszahlungen auf die Beihilfen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) aufzustocken.

Konkret sollen die Vorschüsse auf die Zahlungen für benachteiligte Gebiete (ICHN) um 10 Prozentpunkte auf 85 % und die auf die gekoppelten Beihilfen um die Hälfte auf 75 % aufgestockt werden. Geplant sind auch Erleichterungen bei Steuern und Sozialabgaben, die aufs gesamte Jahr gerechnet insgesamt bis zu 30 Mio Euro umfassen sollen.

Außerdem werden anteilig Kriterien für geschützte Ursprungsangaben sowie Vorgaben für den Anbau von Zwischenfrüchten gelockert. Die Forderungen aus dem landwirtschaftlichen Berufsstand gehen indes noch deutlich weiter. Der französische Bauernverband (FNSEA) mahnt den Zugang zu den Entschädigungen im Rahmen der Katastrophen-Regelung spürbar zu erleichtern.

Wie auch der kleinere Landwirtschaftsverband Coordination Rurale (CR) pocht der FNSEA außerdem auf staatliche Eingriffe in den Futtermittelmarkt, um den Tierhaltern unter die Arme zu greifen. Der CR will dabei Zuschüsse für Kauf und Transport.

„Winziger“ erster Schritt

Nicht berücksichtigt worden sind bislang die Forderungen der kleinbäuerlich orientierten Confédération Paysanne (Conf‘), die unter anderem die für die Energieerzeugung genutzte Biomasse so weit wie möglich zu den Tierhaltern umleiten will. In der vergangenen Woche war indes erstmalig ein ähnlicher Vorstoß aus den Reihen der lokalen Bauernverbände (FDSEA) zu hören, denen sich auch die örtlichen Organisationen der Junglandwirte (JA) anschloss.

Auf Landesebene scheuen sich die großen Verbände aber offenbar noch, den sich abzeichnenden Konflikt zwischen den Tierhaltern und den Anlagenbetreibern aufzugreifen. Die Fachverbände der Tierhalter bezifferten derweil den Finanzbedarf zur Kompensation ihrer Einbußen und die Mehrkosten auf 2 Mrd. Euro bis 4 Mrd. Euro; für sie ist die angekündigte staatliche Unterstützung deshalb nicht mehr als ein „winziger“ erster Schritt. Die Tierhalter fordern unter anderem, den Umfang der Entschädigung im Rahmen der Katastrophen-Regelung erheblich auszuweiten.

Mehr Wasserspeicher notwendig

Der FNSEA sieht den Staat außerdem in der Pflicht, über akute Hilfsmaßnahmen hinaus grundlegende Maßnahmen einzuleiten. Dazu zählt der Verband vor allem die Sicherung der Wasserversorgung, und zwar insbesondere durch eine Ausweitung der Speicherung in den regenreicheren Jahreszeiten. Der Staat müsse alle Mittel einsetzen, um die Errichtung von Wasserspeichern zu beschleunigen, so die Forderung.

Eine weitere wichtige Säule für die Anpassung an den Klimawandel ist für den FNSEA die Reform der Ernteversicherungen. Hier pocht der Verband auf Instrumente, die eine schnelle Entschädigung garantieren und auf die individuellen Bedürfnisse der Landwirte zugeschnitten sind. Zumindest hinsichtlich der Wasserspeicherung kann der Verband mit Unterstützung von Fesneau rechnen.

Gegenüber dem Radiosender „France Info“ beklagte der Minister eine „ideologische Blockade“ hinsichtlich der Wasserspeicherung; dies war wiederholt bereits von FNSEA-Präsidentin Christiane Lambert kritisiert worden. „Ohne Wasser gibt es keine Landwirtschaft“, so Fesneau. Wasser, das nicht den Grundwasserspiegel auffülle, sondern wie beispielsweise nach Starkregen überwiegend abfließe, müsse gespeichert werden.

Kritik an der Vereinnahmung der Ressource durch die Erzeuger wies der Minister zurück. Auch die Ernährungssouveränität sei ein Gemeingut. Zugleich räumte er allerdings ein, dass zur Klimaanpassung auch veränderte Fruchtfolgen und Bewirtschaftungspraktiken gehören müssten.

Trinkwasserversorgung gefährdet

Die diesjährige Dürre in Frankreich gilt bereits als historisch. Seit dem 2. August sind in allen Départements des Festlandes Auflagen für die Wassernutzung in Kraft. Darunter fallen sowohl Verbote für die Befüllung von Pools wie auch Einschränkungen für die Bewässerung von Rasen und landwirtschaftlichen Kulturen.

Die Entscheidung über die Auflagen liegt bei den Präfekten, die dabei auf Grundlage der gesetzlichen Rahmenbedingungen über einen Spielraum verfügen, um lokale Gegebenheiten berücksichtigen zu können. Vergangene Woche war die Wasserentnahme zu landwirtschaftlichen Zwecken lokal in 78 Départements verboten und in 15 eingeschränkt.

Die diesjährige Körnermaisernte dürfte nach den ersten offiziellen Schätzungen zum Stand vom 1. August gegenüber dem Vorjahr um mehr als 18 % kleiner ausfallen als 2021. Laut der Europäischen Dürre-Beobachtungsstelle (EDO) werden mittlerweile mehr als 100 Gemeinden auf dem französischen Festland durch Tankwagen mit Trinkwasser versorgt.
AgE
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