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15.12.2019 | 05:58 | Luftreinhalte-Planung 

Gericht verurteilt Baden-Württemberg zu Luftreinhaltung

Mannheim / Ludwigsburg - Das Land muss nach einem Urteil des Verwaltungsgerichtshofes die Planung für saubere Luft in Ludwigsburg überarbeiten und dabei von Anfang an Dieselfahrverbote ernsthaft in Betracht ziehen.

Luftreinhalteplan
Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg liest dem Land und der Stadt Ludwigsburg die Leviten. Für saubere Luft hätten sie viel früher Fahrverbote erwägen müssen. (c) proplanta
Nur wenn es sichere Mittel gebe, die Grenzwertüberschreitungen für Stickstoffdioxid gleich schnell und wirksam wie Fahrverbote zu drücken, könne man von letzteren absehen, teilten die Mannheimer Richter mit. Am Freitag veröffentlichten sie die Gründe ihres Urteils von Ende November.

Der 10. Senat (Az.: 10 S 2741/18) betonte, auf das Mittel der Fahrverbote zum schnellstmöglichen Erreichen des Grenzwertes sei bei der bisherigen Planung zu Unrecht verzichtet worden. Auch die bei der Planung zugrunde gelegten Prognosen seien zum Teil nicht hinreichend belegt.

Sollte das Urteil rechtskräftig werden, könnten auf Dieselfahrer Fahrverbote in Ludwigsburg zukommen - es sei denn, es stelle sich am Ende der Planung heraus, dass diese ausnahmsweise zum Erreichen des Grenzwertes nicht nötig sind.

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hatte wegen langjähriger Überschreitung des Grenzwertes für Stickstoffdioxid in der Barockstadt auf eine entsprechende Änderung des Luftreinhalteplans geklagt. Ziel muss nach Auffassung der Umweltschützer das schnellstmögliche Erreichen des Grenzwerts von 40 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter im Jahresmittel sein. Dieser wurde an der Messstelle in Ludwigsburg jahrelang überschritten. Im Jahr 2018 lag er an dem Brennpunkt Friedrichstraße bei 51 Mikrogramm.

Die bislang vorgesehenen Mittel genügten nicht der Verpflichtung, die Überschreitungen zum Gesundheitsschutz der Bevölkerung möglichst kurz zu halten, urteilte das Gericht. Das für die Planung zuständige Land müsse sofort die bislang unterlassene Prognose für Potenziale von Fahrverboten nachholen.

Nach Ansicht des Gerichts ist wegen möglichen Ausweichverkehrs fraglich, ob streckenbezogene Fahrverbote ausreichen würden. Grund: Es gebe neben der Brennpunkt-Messstelle Friedrichstraße weitere potenzielle Überschreitungsorte. Wegen Bauarbeiten an der Friedrichstraße müssten andere Meßstellen eingerichtet werden, um repräsentative Mess- und Prognosewerte auch für 2020 zu gewinnen.

«Grandios» nannte DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch das Urteil. Die bislang vorgesehenen Maßnahmen gegen den Luftschadstoff, etwa die kurze Temporeduzierung rund um die Messstelle, seien lächerlich.

Vieles seien Absichtserklärungen, die nicht zur raschen Senkung der Werte führten. Er gehe davon aus, dass der Grenzwert 2019 in Ludwigsburg noch immer um sechs Mikrogramm überschritten werde. «Ich kann alle Fahrer von Dieselfahrzeugen der Euronorm 5 auffordern, vom Hersteller kostenfreie schnellstmögliche Hardware-Nachrüstung zu fordern.»

Das Regierungspräsidium Stuttgart, das stellvertretend für das Land mit den Luftreinhalteplanungen befasst ist, teilte mit: «Wir werden die Möglichkeiten von Fahrverboten genauso untersuchen wie die von der Stadt weiter vorgeschlagenen Maßnahmen.»

Man sei angesichts von einem Elf-Monats-Mittelwert von 45 Mikrogramm auf einem guten Weg. Mit der Stadt Luwigsburg sei man in Gesprächen über Tempolimits und neue Busspuren. Das Verkehrsministerium rechnet mit einer Einhaltung des Grenzwertes 2020.

Nach Angaben der DUH sind in Deutschland 11.900 vorzeitige Todesfälle jährlich auf das Dieselabgasgift Stickstoffdioxid zurückzuführen. Resch sieht im Kampf gegen Luftschadstoffe auch eine soziale Frage. An den besonders belasteten Verkehrsachsen wohnten vor allem sozial schwache Menschen.

Von 38 DUH-Klagen seien bislang 15 verhandelt und gewonnen worden. Diesel-Fahrverbote seien in Hamburg, Darmstadt, Berlin und Stuttgart umgesetzt worden - in Mainz erwarte er das, sagte Resch. Im Südwesten habe die DUH in acht Kommunen Klage eingereicht. Das Land lässt das VGH-Urteil gegen Reutlingen vom Bundesverwaltungsgericht überprüfen. Auch im Fall Ludwigsburg ist eine Revision möglich.
dpa/lsw
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