Während für das Monitoringjahr 2018/19 vom 1. Mai bis zum 30. April bundesweit 105 Wolfsrudel nachgewiesen wurden, waren es im vorhergehenden Überwachungszeitraum 2017/18 noch 77 gewesen. Den Angaben zufolge konzentriert sich das Vorkommen der streng geschützten Tiere weiter auf ein Gebiet, das von der sächsischen Lausitz in nordwestliche Richtung über Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern nach Niedersachsen reicht.
Wie das Umwelt- und
Agrarministerium in Schwerin mitteilte, gibt es in Mecklenburg-Vorpommern inzwischen acht Wolfsrudel. Nicht alle sind aber bereits in dem jetzt vorgelegten Bericht für das Monitoringjahr 2018/19 aufgeführt. So gab es Nachwuchs auch bei Wolfspaaren, die sich in der Nähe von Grabow und in der Retzow-Jännersdorfer Heide an der Landesgrenze zu Brandenburg angesiedelt haben. Im Osten des Landes leben südlich des Stettiner Haffs inzwischen zwei Rudel. Nach Angaben des Ministeriums gehen Fachleute nach Auswertung der Fotofallen davon aus, dass in diesem Sommer im Nordosten mindestens 20 Welpen aufgezogen wurden.
Ein Wolfsrudel besteht meist aus drei bis elf Tieren - den Eltern und den Nachkommen der letzten zwei Jahre. Die meisten Wolfsverbände leben in Brandenburg (41), gefolgt von Sachsen (22) und Niedersachsen (21). Laut
Bundesamt für Naturschutz sind für Deutschland insgesamt etwa 300 erwachsene Wölfe erfasst.
Erstmals seit der Ausrottung der Art in Deutschland seien in den Bundesländern Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein jeweils einzelne ortstreue Wölfe bestätigt worden, hieß es vom BfN. Insgesamt sind demnach in Deutschland mindestens zwischen 275 und 301 erwachsene Wölfe erfasst. Das Monitoringjahr dauert vom 1. Mai bis zum 30. April. Das
BfN und das DBBW führen darin die von den Bundesländern erhobenen Daten zusammen.
Die Anzahl der Totfunde sei im Vergleich zum Vorjahr um 60 Prozent deutlich angestiegen, erklärte BfN-Präsidentin Beate Jessel. Waren es im Monitoringjahr 2017/2018 noch 61 tote Tiere, so wurden demnach nun 99 Totfunde von den Bundesländern an die DBBW gemeldet. «Mehr als die Hälfte der 83 durch den Verkehr getöteten Wölfe waren Welpen», so Jessel. Auch die Zahl illegaler Tötungen sei gestiegen: von 6 auf 8.
«Die Entwicklung der Wolfsbestände ist ein gutes Zeichen», erklärte hingegen Magnus Wessel, Leiter der Naturschutzpolitik des BUND. Die Art sei in Deutschland aber noch immer weit von einem günstigen Erhaltungszustand von 1.000 erwachsenen Tieren entfernt. Die Politik müsse endlich konstruktive Lösungsansätze für Weidetierhalter liefern, hieß es von der Umweltschutzorganisation.
Auch von der Umweltschutzorganisation
WWF hieß es, dass für eine funktionierende Nachbarschaft von Wolf, Mensch und Weidetier ein flächendeckender
Herdenschutz nötig sei. «Um die von der Rückkehr der Wölfe betroffenen Weidetierhalter nicht im Regen stehen zu lassen, braucht es eine kostendeckende staatliche Förderung, die auch laufende Unterhaltskosten, etwa für Herdenschutzhunde, umfasst.»
Der Deutsche Jagdverband (DJV) kritisierte in einer Reaktion auf die vorgestellten Daten, dass in der Bilanz der Nachwuchs nicht zahlenmäßig aufgeführt werde. Nach DJV-Hochrechnungen lebten im Frühsommer 2019 rund 1300
Wölfe in Deutschland - erwachsene und Jungtiere. Für das Frühjahr 2020 prognostiziert der Verband knapp 1.800 Wölfe in Deutschland. Im Nachbarland Frankreich sei eine Obergrenze von 500 Wölfen festgelegt, hieß es.
Der Wolf ist nach der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der Europäischen Union sowie nach dem
Bundesnaturschutzgesetz streng geschützt. Die zunehmende Anzahl von gerissenen Nutztieren lässt jedoch die Rufe nach einer Bestandsregulierung auch in Deutschland immer lauter werden. Der DJV fordert, den Wolf ins Jagdrecht aufzunehmen.
Bis Ende Oktober waren in Mecklenburg-Vorpommern laut Umweltministeriums knapp 40 Wolfsattacken auf Schafe, Rinder sowie Damwild registriert worden. Dabei wurden 140 Tiere getötet und 46 verletzt. Für Schlagzeilen hatte zuletzt der aus Schleswig-Holstein eingewanderte Wolf mit der Registriernummer «GW924m» gesorgt. Das Raubtier war nach mehreren Übergriffen in einer Region Schleswig-Holsteins dort zum Abschuss freigegeben worden. Doch gilt diese Anordnung nun nicht für Mecklenburg-Vorpommern. In der Nähe Schwerins hatte der Wolf eine Schafherde attackiert, was durch eine DNA-Probe bestätigt worden war.
Wie die
Tierhalter selbst fordert auch die Naturschutzorganisation
BUND mehr Hilfe für den Herdenschutz. Die Kosten für Elektrozäune und Herdenschutzhunde müssten vollständig erstattet werden, zudem müsse die Verbesserung der wirtschaftlichen Situation der Weidetierhalter im Vordergrund stehen, mahnte Magnus Wessel vom BUND. Vielen Schäfern stehe das Wasser schon seit Jahren wirtschaftlich bis zum Hals - auch ganz ohne Wölfe. Nach Einschätzung des BUND ist der Wolf in Deutschland noch immer weit von einem günstigen Erhaltungszustand von 1.000 erwachsenen Tieren entfernt.