Nicht mit PS-starken Limousinen, sondern mit einem Boot sollen gut 50 Staats- und Regierungschefs am Dienstag beim Klimaschutzgipfel vorfahren, den Präsident Emmanuel Macron am zweiten Geburtstag des Pariser Klimaabkommens ausrichtet.
Das Treffen in einem futuristischen Kulturzentrum auf einer Seine-Insel westlich der französischen Hauptstadt soll helfen, die weltweiten Klimaschutzbemühungen voranzutreiben. Im Zentrum steht die Frage, wie mehr Geld in
Klimaschutz und grüne Technologie gelenkt werden kann.
Der «One Planet Summit» ist auch als Signal gedacht, dass der Kampf gegen das drohende Klimadebakel weitergeht - trotz der Ankündigung von US-Präsident Donald Trump, aus dem Klimavertrag auszusteigen. Nebenbei inszeniert der um große Gesten nie verlegene französische Staatschef sich wieder einmal in einer internationalen Führungsrolle.
Im Pariser Klimaabkommen hatte die Weltgemeinschaft sich das Ziel gesetzt, den durch
Treibhausgase verursachten Temperaturanstieg auf deutlich unter zwei Grad zu beschränken. Selbst wenn alle bisher gemachten Zusagen eingehalten würden, was nicht sicher ist, wären 2,8 Grad Erwärmung wahrscheinlich - mit katastrophalen Folgen. Der Zeitdruck sei so groß wie nie, heißt es aus dem Élyséepalast.
Doch ist das Pariser Spitzentreffen mit mehreren Tausend Teilnehmern mehr als Symbolpolitik? Schließlich ist es erst einen Monat her, dass die Welt bei der
UN-Klimakonferenz in Bonn über die Umsetzung des Abkommens verhandelte. In diese schwierigen Kompromisssuche will Paris sich nicht einmischen.
Der von den Vereinten Nationen und der Weltbank mitorganisierte Gipfel soll eher denjenigen ein Forum bieten, die voranschreiten wollen. Es gehe um konkrete Lösungen, versichert der Élyséepalast. Erwartet werden Ankündigungen etwa von öffentlichen Entwicklungsbanken, Unternehmen und anderen Akteuren, wie sie zum Klimaschutz beitragen wollen.
Wenn es ums Geld geht, wird es in der Klimadiplomatie besonders kompliziert. Der Umgang mit nicht mehr vermeidbaren Schäden und Verlusten («Loss and Damage»), etwa durch Hitzewellen und steigende
Meeresspiegel, belastet vor allem die Entwicklungsländer. Sie fordern dafür seit langem mehr Unterstützung von den reichen Staaten. In Bonn wurde aber nur ein weiterer Arbeitsplan auf den Weg gebracht. Danach hatte unter anderem Germanwatch-Chef Klaus Milke gefordert, beim «Klimafinanzierungsgipfel» in Paris mehr Unterstützung zuzusagen.
Etwas besser geregelt sind Finanzhilfen zur Anpassung der ärmeren Staaten an den
Klimawandel, dafür gibt es einen Fonds, der Teil des Pariser Klimaabkommens werden soll. Daneben gibt es das Versprechen der Industrieländer, ab 2020 jährlich 100 Milliarden US-Dollar Klimahilfen bereit zu stellen.
Allerdings machte der Élyséepalast deutlich, dass das Pariser Treffen keine Geberkonferenz werde. Im Fokus stehen Bemühungen, bei der
Verteilung privater und öffentlicher Investitionsmittel den Klimaschutz stärker zu berücksichtigen. Nach einem Bericht der Organisation Oil Change International stecken internationale Entwicklungsbanken und öffentliche Finanzierungs-Institutionen der G20-Länder viermal so viel Geld in fossile Energien wie in grüne Alternativen.
Deutsche Klimaschützer freuen sich, dass Macron den Klimaschutz auf höchster Ebene auf der Agenda hält. «Von dem One Planet Summit erwarten wir konkrete Schritte zu einer klimafreundlichen Ausrichtung des Finanzsektors, einen Impuls zur Erhöhung der EU-Klimaziele, die bisher nicht Paris-konform sind, und die Mobilisierung weiterer Gelder für den Klimaschutz und die Anpassung», sagt WWF-Klimachef Michael Schäfer.
Greenpeace-Experte Karsten Smid warnt allerdings vor zu viel Schaufenster-Politik ohne Verbindlichkeit: «Klimaschutz braucht kein weiteres Gruppenfoto, sondern mutige Maßnahmen», sagte er der dpa.
Macron müsse die Teilnehmer des Spitzentreffens zu verbindlichen Schritten beim Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas bewegen. Andererseits dürfe Frankreich sich aber nicht weiter auf «riskante Scheinlösungen wie Atomenergie» verlassen. Das Land hatte jüngst die geplante Reduzierung seines Atom-Anteils an der Stromproduktion verschoben.
Gegen Macrons demonstratives Engagement fällt umso deutlicher auf, wer nicht dabei ist: Angela Merkel (CDU). Die Bundeskanzlerin schickt Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD). Schon Merkels Rede auf der Bonner Klimakonferenz enttäuschte Klimaschützer - zu vage, zu zaghaft, hieß es. Das hatte auch innenpolitische Gründe, Merkel steckte mitten in den (inzwischen gescheiterten) Jamaika-Gesprächen mit FDP und Grünen. Jetzt versucht sie es mit der
SPD, die sich mit Themen wie Kohleausstieg schwer tut. Macron und die Welt werden noch eine Weile auf den künftigen deutschen Klimakurs warten müssen.