«Ohne abgestimmte Ziele für die Treibhausgas-Reduzierung ist die
Erderwärmung nicht auf zwei Grad Celsius zu begrenzen«, sagte der Leiter des Fachbereiches Klimawissenschaften am Bremerhavener Alfred-Wegener-Institut (AWI), Peter Lemke, am Samstag der Deutschen Presse-Agentur dpa. Der Kieler Klimaforscher Mojib Latif hielt allen Beteiligten eine Blockade- Haltung vor.
Lemke forderte, Europa müsse vor dem nächsten Gipfel Ende 2010 in Mexiko vorpreschen und die CO2-Emissionen bis 2020 um 30 bis 40 Prozent verringern. Bisher sind nur 20 Prozent geplant. «Wir müssen die Gesamtmenge der Kohlendioxid-Emissionen bis 2050 auf 750 Milliarden Tonnen begrenzen, um das Zwei-Grad-Ziel zu erreichen», sagte Lemke, der maßgeblich am Weltklimabericht mitgewirkt hat. «Pro Kopf der Weltbevölkerung bedeutet dies eine zugeteilte Emission von zwei bis drei Tonnen
CO2 pro Jahr.» Gegenwärtig emittierten Westeuropäer etwa 10 Tonnen pro Jahr und die Amerikaner 20 Tonnen. Als besonders ernüchternd empfindet Lemke die Haltung der Industrieländer. «Sie hätten sich dazu verpflichten müssen, ihre Emissionen bis 2050 um 80 Prozent zu verringern.»
Latif sagte der dpa in Kiel: «Ich bin natürlich maßlos enttäuscht darüber, dass da nichts Substanzielles bei rausgekommen ist, ja eigentlich viel weniger, als man sich in seinen schlimmsten Träumen vorgestellt hat.» Die Politiker hätten selbst die Messlatte dahin gelegt, dass man mit einem verbindlichen Abkommen habe rechnen können. «Aber davon sind wir nach wie vor - das hat Kopenhagen gezeigt - meilenweit entfernt», sagte der international bekannte Wissenschaftler des IFM-GEOMAR Leibniz-Instituts für Meereswissenschaften. Ihn erinnere das an «eine Art Klimamikado - wer sich zuerst bewegt, der hat verloren».
Die Kopenhagen-Vereinbarung enthält nur sehr vage Klimaschutz- Ziele. Die Begrenzung der Erderwärmung auf zwei Grad, die Wissenschaftler für dringend notwendig halten, soll lediglich «berücksichtigt» werden. Die Industrieländer sollen nationale Klimaschutz-Ziele vorlegen. Kurz- und langfristige Finanzhilfen der reicheren Staaten für die Entwicklungsländer sind vorgesehen, bindende Verpflichtungen für aufstrebende Staaten wie China oder Indien aber nicht. Weitere Details sollen im kommenden Jahr bei Konferenzen in Bonn und Mexiko geklärt werden. (dpa)