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22.11.2015 | 07:04 | Treibhausgas-Emissionen 

Klimakiller-Image klebt an Luftfahrt

Hannover - Die Weltluftfahrt wächst und wächst. Für die kommenden zwei Jahrzehnte hat der Flugzeughersteller Boeing eine Nachfrage für 38.050 neue Maschinen im Gesamtwert von 5,6 Billionen Dollar prognostiziert - noch einmal 3,5 Prozent mehr als in der Vorjahresstudie.

Luftfahrt
Im Kampf gegen den Klimawandel soll auch das Fliegen umweltschonender werden. Doch die Luftfahrt droht trotz moderner Maschinen mit weniger Verbrauch weiter an die Grenzen des ökologisch Tragbaren zu stoßen. (c) proplanta
Der europäische Konkurrent Airbus liegt bei seinen eigenen Einschätzungen nicht weit davon entfernt. Beide Rivalen überflügeln sich in diesem Jahr mit neuen Rekordaufträgen.

Spritsparende und damit auch umweltschonendere Neuauflagen betagter Modelle sind echte Verkaufsrenner. Am Standort Hamburg sind die Airbus-Auftragsbücher so prall gefüllt, dass die monatliche Produktionszahl von 42 neuen A320-Maschinen nun bis Mitte 2019 auf 60 angehoben werden soll.

Doch beim Ringen der Branche um ein grüneres Image durch weitere Ersparnisse beim klimaschädlichen CO2-Ausstoß geht es nicht so schnell voran wie erhofft. Das zumindest zeigt der jüngste Klimaindex der Organisation Atmosfair. Wenige Tage vor dem Start der Weltklimakonferenz in Paris (30.11. - 11.12.) fühlte er der Luftfahrt auf den Zahn: Hat sie es trotz enormer Zuwächse im Passagieraufkommen geschafft, die Treibhausgas-Emissionen spürbar zu reduzieren?

Die Antwort der Autoren fällt eher verhalten aus. Global gesehen hätten die Airlines binnen eines Jahres ihren CO2-Ausstoß pro Passagier und Kilometer zwar um zwei Prozent gesenkt. Gleichzeitig habe der Flugverkehr jedoch weltweit um gut vier Prozent zugelegt.

Woran liegt das? Der Hamburger Luftfahrtexperte Cord Schellenberg verweist auf Kostengründe und sieht einen Faktor, der gegen die angestrebte Senkung des CO2-Ausstoßes läuft: «Aufgrund des aktuell niedrigen Kerosinpreises und der Erwartung, dass diese Situation noch länger anhält, könnten Fluggesellschaften ihre älteren, abgeschriebenen Flugzeuge länger in der Flotte lassen als geplant», erklärt er. «Bislang war es ein Anreiz, diese Jets aufgrund des hohen Kerosinverbrauchs gegen sparsamere Flugzeuge auszutauschen.»

Neue Maschinen würden aufgrund des nötigen hohen Kapitaleinsatzes und des billigen Kerosins nun weniger attraktiv, weil sich auch mit den alten Flugzeugen plötzlich wieder Geld verdienen lässt. Dennoch ist Schellenberg optimistisch: «Ich erwarte, dass die im Branchenverband IATA organisierten 240 Fluggesellschaften ihre selbst gesteckten Ziele erreichen: Bis 2050 soll der Schadstoffausstoß halbiert werden, das muss geleistet werden.»

Dafür gibt es zwei Möglichkeiten: die Auslastung der bestehenden Flotten zu verbessern oder umwelteffizientere Flugzeuge anzuschaffen. Denn mit einer höheren Flugzeugauslastung sinkt der Treibstoffverbrauch pro befördertem Passagier.

Im Klartext: Je mehr Passagiere in einem Flugzeug sitzen, umso weniger umweltschädlich der Flug. Schellenberg: «Hier geht Emirates aktuell einen neuen Weg: Sie wird ihre Großraumflugzeuge vom Typ A380 künftig nicht mehr ausschließlich in drei Klassen mit rund 500 Sitzplätzen bestuhlen, sondern auch mit zwei Klassen ausrüsten, um 615 Passagiere an Bord unterzubringen.» Das bedeutet unterm Strich fast 20 Prozent mehr Fluggäste bei fast identischem Spritverbrauch.

Ein methodisches Problem hat der Klimaindex freilich. Bei ihm werden trotz unterschiedlichster Geschäftsmodelle alle Airlines in einen Topf geworfen. Regionalflieger wie Tunisair Express mit einem Passgieraufkommen von gerade mal 100.000 pro Jahr müssen sich dabei mit Linienfluggesellschaften wie der Lufthansa mit ihrem weltweiten Streckennetz messen, das jährlich auf immerhin 76,3 Millionen beförderte Fluggäste kommt. «Der Gesamtsieger unserer Wertung, Tunisair Express, bedient rund zehn Strecken und kann so seine Maschinen natürlich viel besser auslasten als Airlines wie Lufthansa», räumt Atmosfair-Geschäftsführer Dietrich Brockhagen ein.

Obwohl Atmosfair der Lufthansa eine Verbesserung ihrer Klimaeffizienz gegenüber dem Vorjahr bescheinigt, landete sie so nur auf Rang 68. Auch andere große Airlines wie Emirates (25. Platz), US Airways (29), KLM (33), Qatar (42), Etihad (47), Delta (48), Singapore Airlines (65) oder Air France (75) gelangen nicht auf die vorderen Positionen.

Als vergleichsweise klimafreundlichste Charter-Airline schaffte es die Tuifly auf Rang drei der Gesamtwertung - Malaysias regionale Maswings verdrängte sie von der zweiten Stelle. Als zweitbester deutscher Charterer folgt in der Gesamtwertung Condor auf Platz 18.
dpa
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