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12.12.2015 | 11:34 | Weltklimagipfel 

Klimaschutz hat nicht ewig Zeit

Paris - Wenn Klimakonferenzen Familientreffen der Weltgemeinschaft sind, dann stellt der Pariser Gipfel eine besonders behagliche Zusammenkunft dar.

Klimaschutz
Was sind schon ein paar Verhandlungsstunden mehr, wenn ein Planet zu retten ist? Auf der Zielgeraden zu einem Weltklimavertrag ergreifen Wissenschaftler das Wort. Ihre Botschaft an die Politik: Ihr dürft nicht wieder Jahre ungenutzt verstreichen lassen. (c) Jörg Engel - fotolia.com
Knusprige Baguettes, bequeme Ruheliegen und reibungsloser Bustransfer: Dass die Unterhändler nun noch einen Tag länger bei der 21. UN-Klimakonferenz ausharren müssen, ist kein Drama und erst recht keine Überraschung. Das Problem ist nicht, dass die Minister einen Tag nachsitzen müssen, sondern dass der Welt die Zeit davonläuft.

Seit zwei Jahrzehnten verhandelt die Weltgemeinschaft über den Klimaschutz, und die Temperatur klettert. Schon ist das erste Grad Erderwärmung seit Beginn der Industrialisierung praktisch erreicht - mit drastischen Folgen, sagt Anders Levermann vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK): «Bereits jetzt gibt es schon großes Korallensterben, das Arktische Meereis schrumpft, der Antarktische und der Grönlandische Eisschild verlieren an Masse, die Gletscher schmelzen, der Meeresspiegel steigt, Klimazonen verschieben sich, trockene Gebiete wie der Mittelmeerraum werden trockener und feuchte wie Skandinavien feuchter.»

Selbst wenn die Staaten alles umsetzen, was sie sich bisher an Klimaschutzanstrengungen vorgenommen haben, wird sich die Welt bis Ende des Jahrhunderts wahrscheinlich schon um 2,7 Grad erwärmen.

«Wir wissen nicht, was passiert, wenn wir uns in den Zwei- bis Drei-Grad-Bereich bewegen», warnt Levermanns Chef Hans Joachim Schellnhuber. «Es wäre also zutiefst unverantwortlich, sich in diesen Bereich zu begeben.»

Das Gegenmittel ist bekannt: Die Menschen müssen aufhören, das in Kohle, Öl und Gas gebundene Kohlendioxid (CO2) in die Atmosphäre zu pusten. Forscher Levermann meint: «Wenn die Erderwärmung unter zwei Grad bleiben soll, müssen wir jetzt weltweit aufhören, Kohlekraftwerke zu bauen, die dann 30 bis 40 Jahre Kohlendioxid ausstoßen.»

Doch wer wie schnell umschwenkt auf klimafreundliche Formen der Energieerzeugung - und wer dafür bezahlt - ist bis unter den 196 Verhandlungsteilnehmern in Paris heftig umkämpft. Damit die Welt noch die Kurve kriegt bevor Untergangsszenarien zur Realität werden, müssen auch arme Länder CO2 sparen. Dafür fordern sie Geld und Technologie von den reichen Staaten.

Das Problem: Auch aufstrebende Nationen wie Indien und China, deren Bevölkerung und Wirtschaftskraft ständig wachsen, wollen weiter wie Entwicklungsländer behandelt werden, wenn es um Klimapolitik geht. Die stinkreiche Ölmonarchie Saudi-Arabien fürchtet um ihr Geschäftsmodell und schaltet auf stur. Ein Beobachter meint schulterzuckend, am Ende ginge es in Paris nicht um Klimapolitik sondern um Macht. «Und wer die Energie hat, hat die Macht.»

Dass es für die Welt fünf vor zwölf ist, ist auch der Ignoranz geschuldet, mit der viele Politiker dem Klimawandel lange begegnet sind. Erst jetzt, wo Stürme und Dürren vermehrt ganze Landstriche verwüsten, wächst die Einsicht. «Es ist wirklich verstörend, dass genau das passiert, von dem uns die Wissenschaftler gesagt haben, dass es passieren würde», sagt US-Außenminister John Kerry. «Die Wissenschaft hat uns jahrzehntelang gewarnt, es uns ins Gesicht geschrien.»

Der schwedische Wissenschaftler Johan Rockström findet es schon «extrem positiv», dass die Klimafolgenforschung jetzt endlich ernst genommen wird. PIK-Chef Schellnhuber warnt aber, die Politik solle besser nicht darauf setzen, dass Wissenschaft und Technik mit noch nicht absehbaren Innovationen aktuelle politische Trödelei später ausgleichen könnten: «Wunder geschehen auch nicht auf Bestellung.»

Im Kampf gegen den Klimawandel kommt es am Ende auf einen politischen Fahrplan mit gemeinsam vereinbarten Verpflichtungen an. Der soll bei der Pariser Klimakonferenz endlich festgelegt werden. Auf Protestschildern steht: «Wir haben keinen Planeten B.»
dpa
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