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22.12.2019 | 13:18 | Artenschutz 

Koexistenz von Schaf und Wolf in Schleswig-Holstein?

Kiel - Nach Ansicht von Umweltminister Jan Philipp Albrecht bietet Schleswig-Holstein genügend Platz für Wölfe und eine umfangreiche Weidehaltung von Schafen.

Wölfe in Schleswig-Holstein
Beim Wolf kochen die Emotionen in Schleswig-Holstein hoch. Nun bereitet ein Tier Schafhaltern an der Nordseeküste Probleme. Umweltminister Albrecht setzt auf wolfssichere Zäune und ringt mit der EU. (c) proplanta
«Wir können diese Koexistenz zwischen Weidehaltung und dem Artenschutz des Wolfs erreichen», sagte der Grünen-Politiker der Deutschen Presse-Agentur. «Allerdings wissen wir auch, dass dies in Schleswig-Holstein eine große Herausforderung ist.»

Das Land stelle die Rückkehr des Wolfs nach Norddeutschland vor weit weniger Herausforderungen als beispielsweise Niedersachsen. Die Tiere fänden zwischen Nord- und Ostsee nicht die Bedingungen vor wie im Bayrischen Wald oder in Mecklenburg-Vorpommern. «Hier werden nicht viele Wölfe Platz finden», sagte Albrecht.

Der Umweltminister ist von der Effektivität des Wolfsmanagements überzeugt. «Die von uns kostenlos zur Verfügung gestellten wolfssicheren Zäune wirken tatsächlich», sagte Albrecht. Dies zeige auch der Fall des jüngst in Dithmarschen nachgewiesenen Wolfs GW1430m. Nachdem Schäfer vor Ort wolfssichere Schutzzäune errichteten, habe es hinter diesen bislang nur einen nachgewiesenen Wolfsriss gegeben. «Der Zaun wirkt», sagte Albrecht.

Kritik an den Kosten des Wolfsmanagements sei für ihn deshalb unverständlich, sagte Albrecht. «Es ist der beste Weg, den Haltern die Zäune zu zahlen und damit dazu beizutragen, dass es keine weiteren Risse gibt. 2019 hat das Wolfsmanagement des Landes 3,1 Millionen Euro gekostet. Für 2020 sind bislang im Haushalt 2,0 Millionen Euro eingeplant.

Albrecht hat Verständnis für die Ängste und Sorgen der Schafhalter. «Jedes gerissene Schaf tut weh. Und es ist emotional belastend, morgens beim Gang auf die Weide nicht zu wissen, ob der Wolf in der Nacht da war», sagte er. «Für die emotionalen Reaktionen habe ich deshalb grundsätzlich Verständnis.» Dies gelte aber nicht für Schafhalter, die keine entsprechende Prävention an den Weiden betrieben.

«Es gibt schlichtweg Betriebe im Land, die sich dem verweigern. Mir ist bewusst, dass Aufbau und Pflege eines wolfssicheren Zauns einen gewissen Aufwand bedeuten. Doch das muss im Sinne der Weidetierhaltung geleistet werden.»

«Prävention ist essenziell wichtig, damit sich die Wölfe nicht an die Ernährung durch Nutztiere gewöhnen», sagte Albrecht. Sind die Schafherden wolfssicher geschützt, suchten die Raubtiere wieder das Weite. «Die Westküste ist für den Wolf als natürlicher Lebensraum nicht attraktiv. Er findet dort keine Rückzugsräume und hat auch Schwierigkeiten, ausreichende Nahrung zu finden.»

Einen Riss innerhalb der Jamaika-Koalition sieht Albrecht nicht. Allerdings seien einzelne Äußerungen vornehmlich von CDU-Landtagsabgeordneten dem sachlichen Umgang mit dem Thema nicht zuträglich. Hier würden zum Teil Ängste geschürt und falsche Erwartungen geweckt.

Forderungen von Teilen der Union nach einer Aufnahme des Wolfs in das Landesjagdrecht lehnt Albrecht weiter strikt ab. «Das wäre eine völlig symbolische Maßnahme, die den Haltern überhaupt nicht hilft.» Die EU-Richtlinie zum Schutz der Wölfe werde dadurch nicht ausgehebelt. In der Praxis ändere eine solche Aufnahme in das Jagdrecht nichts. Es bleibe in Schleswig-Holstein dabei, dass Wölfe zum Abschuss freigegeben werden, wenn sie wiederholt wolfssichere Zäune überwinden.

Albrecht ist überzeugt, dass die Jamaika-Koalition das Wolfsmanagement 2020 gemeinsam fortsetzen kann: «Wir haben in der Koalition keinen grundsätzlichen Dissens in der Sache.» Die vom Bundestag beschlossene Erleichterung des Abschusses von Wölfen könne den Umgang mit möglichen weiteren Problemwölfen im Norden erleichtern.

Der in Schleswig-Holstein zwischenzeitlich zum Abschuss freigegebene Wolf GW924m ist mittlerweile nach Mecklenburg-Vorpommern weitergezogen. Eine Rückkehr des Tiers, das wiederholt Schafe hinter wolfssicheren Zäunen riss, gilt laut Experten als unwahrscheinlich.

Am Donnerstag hatten wütende Schafhalter den Umweltminister nach mehreren Rissen von Schafen in der Region durch den Wolf GW1430m mit 18 toten Tieren und wütenden Beschimpfungen auf einer Kundgebung in Friedrichskoog (Kreis Dithmarschen) empfangen.

Die Landesregierung ist derzeit im Gespräch mit der EU-Kommission über die Regeln zum Abschuss von Wölfen an der Nordseeküste. «Wir können die Deiche nicht komplett sichern», sagte Albrecht. «Da muss ein niedriger Schutzstatus des Wolfs gelten.»
dpa/lno
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