Die Zahl der Kommunen, die sich mit solchen Konzepten befassten, werde immer größer, heißt es beim Gemeinde- und Städtebund Rheinland-Pfalz, der auch auf das bundesweite Bündnis «Kommunen für biologische Vielfalt» verweist, dem sich bislang 15 Orte in Rheinland-Pfalz angeschlossen haben. Auf 63 Seiten zeigt die Biodiversitätsstrategie der Landeshauptstadt, «mit welchen Maßnahmen die Natur in Mainz - auch als Lebensgrundlage des Menschen - gefördert werden kann». Zu unterschiedlichen Kategorien wie Parkanlagen, städtischen Plätzen, Friedhöfen oder auch Kleingärten und Balkonen wird zunächst die gegenwärtige Situation dargestellt, ehe Ziele und konkrete Maßnahmen formuliert werden.
Die Strategie fordert nicht nur die Stadtplanung, sondern alle Beteiligten - etwa wenn es um den auch in Mainz bestehenden «Trend zum naturfernen «Kiesgarten»» geht. In den drei Ampelfarben wird jeweils für 2013 und 2019 dargestellt, ob bei genannten Maßnahmen schon etwas geschehen ist oder noch nicht. So zeigt die
Ampel bei der Vermeidung von steinernen Vorgärten ebenso noch auf Rot wie bei der Entwicklung alternativer Konzepte für das Abstellen von Autos. Die Strategie sieht vor, dass spätestens alle fünf Jahre Bilanz gezogen wird.
Ein eigenes Kapitel hat der
Feldhamster bekommen. Die im Mainzer Stadtgebiet erhaltene Population von etwa 250 Tieren der in ganz Europa vom Aussterben bedrohten Art müsse dringend auf etwa 1.000 stabilisiert werden, heißt es in dem Bericht. Solche Strategien seien sehr begrüßenswert, sagt der Leiter des Faches Biogeographie an der Universität Trier, Michael Veith. Zwar sei Urbanisierung grundsätzlich schlecht für Biodiversität, weil mit der städtischen Besiedlung die Vernichtung anderer Lebensräume einhergehe. Aber viele Arten wie der Haussperling hätten sich so an den städtischen Lebensraum angepasst, dass Städte eine spezifische
Biodiversität entwickelt hätten.
Kommunen sollten ihre unbebauten Flächen in Randgebieten erhalten, zumal es für Artengruppen wie Amphibien und Reptilien sonst kaum Platz gebe. Die
Versiegelung von Flächen dürfe nicht immer weiter fortgesetzt werden. Eine sehr große Verantwortung habe Rheinland-Pfalz beim Wald, der nicht den Interessen der Forstwirtschaft untergeordnet werden dürfe, mahnte der Wissenschaftler. Die Landesforsten seien da bereits auf einem guten Weg, aber der kommunale und private Wald entziehe sich weitgehend der Kontrolle des Landes. Größter
Waldbesitzer sind die Kommunen mit einem Anteil von 47 Prozent. Der Schutz von Altbäumen und Totholz müsse eine viel größere Priorität bekommen, sagte Veith.
In der Gestaltung und Pflege der öffentlichen Flächen könnten Kommunen einen wesentlichen Beitrag für die Biodiversität leisten, erklärte Agneta Psczolla vom Gemeinde- und Städtebund. Bausteine seien etwa der Verzicht auf Düngung und Pestizide, aber auch kleine Maßnahmen wie Steinhaufen auf Verkehrsinseln, Totholz auf kleinen Grünflächen oder Vogel- und Fledermauskästen. Dazu gehöre auch die entsprechende Bewusstseinsbildung - «damit das Totholz am Wiesenrand nicht als Schlamperei des Bauhofs, sondern als Unterschlupf für Igel und Insekten wahrgenommen wird». Biodiversität komme nicht von heute auf morgen, sagte Psczolla. «Um Erfolge zu erzielen, ist daher eine Biodiversitätsstrategie, die gleichzeitig auch Verbindlichkeit schafft, sinnvoll.»
Das Land unterstütze alle Kommunen, die sich mit Artenschutzprojekten um Fördermittel der «Aktion Grün» bewerben, sagte Umweltministerin Ulrike
Höfken (Grüne). Die Möglichkeiten reichten von der Pflanzung von
Streuobstwiesen über den Bau von Amphibientümpeln bis zur Anlage von Wildkräutergärten. «Kommunen können sehr viel für die
Artenvielfalt tun.» Dazu gehöre auch die Umstellung auf eine insekten- und klimafreundliche LED-Straßenbeleuchtung. Mehr Grün in der Stadt oder auf dem Dorf sorge für mehr Lebensqualität - «etwa durch die kühlende Wirkung von Pflanzen im Sommer».