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09.12.2020 | 01:39 | Reform der Lkw-Maut 

Lastwagen in der EU sollen klimafreundlicher werden

Berlin - Nach einem Durchbruch auf EU-Ebene rückt eine Ausweitung der Lkw-Maut in Deutschland mit einem CO2-Aufschlag für mehr Klimaschutz näher. Eine «Handwerkermaut» soll es nicht geben.

Warenverkehr
Jahrelang haben die EU-Staaten um eine Reform der Maut-Regeln gerungen. Nun stehen neue Gebühren-Vorgaben für Lkw. Allerdings dürften noch schwierige Verhandlungen mit dem Europaparlament bevorstehen. (c) proplanta
Die EU-Verkehrsminister einigten sich am Dienstag mehrheitlich auf neue Maut-Regeln für Lastwagen in der EU. Konkret geht es um eine neue Richtlinie, die Grundlage für eine Änderung der Lkw-Maut auch in Deutschland ist. Einzig Österreich lehnte einen Vorschlag der deutschen EU-Ratspräsidentschaft ab. Es steht aber noch ein Kompromiss mit dem Europaparlament aus.

Nach der Einigung der Minister soll es mittelfristig in allen EU-Staaten, in denen es bereits Gebührensysteme für Lkw gibt, eine verpflichtende Gebührenerhebung für Lastwagen über 3,5 Tonnen zulässiges Gesamtgewicht geben. Die Länder sollen jedoch selbst entscheiden können, ob sie ein strecken- oder zeitbezogenes Mautsystem einführen, wie das Bundesverkehrsministerium mitteilte.

Zudem seien Ausnahmen für Nullemissionsfahrzeuge sowie Transporte des Handwerks möglich - Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) hatte sich wiederholt gegen eine «Handwerker-Maut» ausgesprochen.

Die Einigung auf EU-Ebene sieht nun vor, dass jedes Land selbst bestimmen kann, in welchem Umfang Transporte des Handwerks zwischen 3,5 und 7,5 Tonnen zulässiges Gesamtgewicht von den Gebühren ausgenommen werden. Allerdings äußerten einige EU-Staaten Widerspruch gegen diese Ausnahmeregelung - auch dann, wenn sie freiwillig ist.

Mit Blick auf den Klimaschutz müssen die Mautsätze nach CO2-Ausstoß der Fahrzeuge differenziert werden. So könnten CO2-freie Fahrzeuge bis 2025 komplett von der Maut befreit werden, hieß es. Anschließend könnten die Gebühren je nach CO2-Bilanz um bis zu 75 Prozent gekürzt werden. Dies solle jedoch im Ermessen des jeweiligen Landes liegen.

Scheuer sagte, mit der CO2-Differenzierung bei der Lkw-Maut sollten wichtige Weichen für den Klimaschutz sowie Innovationsanreize gesetzt werden. Die Fahrzeuge sollten sauberer und effizienter werden. Scheuer sprach von einem ausgewogenen Kompromiss.

Österreich sprach sich dagegen aus, weil Maut-Aufschläge für besonders intensiv genutzte Korridore wie die Autobahn über den Brenner nur dann möglich sein sollen, wenn andere Staaten zustimmen.

Eine solche Zustimmungspflicht werde dazu führen, dass die Maßnahme schon im Vorhinein unmöglich werde, sagte die österreichische Ministerin Leonore Gewessler. Die mögliche Ausnahme für Handwerker sei zudem nicht praktikabel und nicht im Sinne der Klimaziele.

In vielen EU-Ländern gibt es streckenbezogene Autobahngebühren oder Vignetten bereits auch für Pkw. In Deutschland gilt bisher für Lkw ab 7,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht eine streckenbezogene Lkw-Maut auf Autobahnen und Bundesstraßen.

Die Einigung der Verkehrsminister auf die Reform der Eurovignetten-Richtlinie soll formell am 18. Dezember von den EU-Botschaftern der Mitgliedstaaten bestätigt werden. Die Richtlinie ist die europarechtliche Grundlage für die Erhebung von Straßennutzungsgebühren. Bisher geht es dabei vor allem um schweren Lkw-Verkehr.

Anschließend muss noch eine gemeinsame Linie mit dem Europaparlament gefunden werden. Das Parlament hatte sich bereits 2018 auf eine Position festgelegt. Diese sieht allerdings eine streckenbezogene Gebühr für alle Fahrzeuge ab 2,4 Tonnen ab 2023 vor. Von 2027 an solle dies auch für leichtere Fahrzeuge wie Vans und Minibusse gelten.

Weil Deutschland noch bis Ende des Jahres den Vorsitz der EU-Staaten innehat, leitete Scheuer die Beratungen am Dienstag. «Nach jahrelangen zähen Verhandlungen haben wir heute einen Kompromiss erzielt», sagte der CSU-Politiker.

Auch Bundesumweltministerin Svenja Schulze zeigte sich zufrieden: «2023 werden wir den Durchbruch für alternative Antriebe bei Lkw schaffen», teilte die SPD-Politikerin mit. «Die Lkw-Maut wird zu einem zentralen Instrument für den Klimaschutz im Verkehr.» Klimafreundliche Lkw zahlten sich künftig stärker aus.

Das Klimaschutzprogramm der Bundesregierung sieht für die Einführung den 1. Januar 2023 vor. Bis dahin müssen noch einige Details geklärt werden, etwa auf welche Lkws sich die Maut bezieht. Die Bundesregierung will die Anschaffung von Lastwagen mit alternativen, klimaschonenden Antrieben vorantreiben.

Der Logistikverband BGL sah in der Einigung «eine geeignete Möglichkeit für den Straßengüterverkehr, seinen Beitrag zu mehr Klimaschutz zu leisten». Zugleich sei «der weiterhin fehlende einheitliche klima- und umweltpolitische Ansatz in der EU für alle Verkehrsträger» ein Mangel der EU-Verkehrspolitik.

Eine Ausweitung der Mautpflicht auf alle Fahrzeuge ist nach Angaben des Bundesverkehrsministeriums nicht vorgesehen, «weil es dazu innerhalb der Bundesregierung keine Einigungschancen gibt». Im Sommer 2019 hatte der Europäische Gerichtshof ein Modell für eine deutsche Pkw-Maut für rechtswidrig erklärt.
dpa
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