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12.04.2010 | 20:45 | Lichtverschmutzung 

Lichtsmog irritiert Hongkonger

Hongkong - Es ist ein Stimmgewirr aus Dutzenden von Sprachen in der Drahtseilbahn, die den «Peak» genannten Hügel in Hongkong heraufzieht.

Lichtsmog
(c) proplanta
Es gibt «Ahhs» und «Ohhs», Blitzlichter spiegeln sich in den Scheiben der Bergbahn aus viktorianischen Zeiten. Kurz zuvor ist die Sonne untergegangen, und die Touristen bewundern das nächtliche Panorama der leuchtenden Skyline von Kowloon und der Insel Hongkong.

Von Chinesen sagt man, ihnen seien Dunkelheit und Einsamkeit zuwider. Traditionell gilt die Formel: je lebhafter und heller, desto besser. Doch für viele Einwohner Hongkongs ist es des Guten nun mehr als genug. Sie klagen über Lichtverschmutzung oder auch Lichtsmog, wie die Aufhellung des Nachthimmels durch künstliches Licht genannt wird. Die Bewohner der Hafenstadt leiden immer mehr darunter. Nach Angaben der Behörden ist die Anzahl von Bürgerbeschwerden über die nächtliche Helligkeit um 89 Prozent gestiegen.

Die urbane Beleuchtung, die den Himmel unnatürlich glimmend weiß erscheinen lässt, beeinträchtige die Schlafqualität der Menschen, erklären die Behörden. Umweltschutzverbände warnen vor hormonellen Störungen und erhöhtem Krebsrisiko. Und Hongkongs Astronomen klagen, weil sie keine Sterne mehr sehen.

«Licht ist dort, wo es nicht hingehört. So einfach ist die Definition von Lichtverschmutzung», erklärt Zhen Xi-leng von der Umweltgruppe Friends of the Earth. «Hongkong ist wie ein Lehrbuch, das zeigt, wie man Licht nicht einsetzen soll.» Der Wolkenkratzer «Two International Finance Centre» gilt ihm als Paradebeispiel. Das höchste Gebäude der chinesischen Sonderverwaltungszone steht im Mittelpunkt der Kritik. Die Beleuchtung der Spitze des 2IFC, wie das 412 Meter hohe Haus abgekürzt genannt wird, strahlt direkt in den Weltraum.

Im Kino springt Angelina Jolie in «Lara Croft: Tomb Raider, Die Wiege des Lebens» mit dem Fallschirm aus dem 88. Stock - im realen Leben zerbrechen sich neben Umweltschützern auch Leute wie Ju Weng- hong von der Astronomischen Gesellschaft Hongkongs den Kopf über dieses Wahrzeichen der Stadt. Seinen Messungen zufolge macht allein das Einschalten der Beleuchtung des 2IFC den Himmel auf einen Schlag fünfmal heller. In regnerischen Nächten würden die Wolken zur Leinwand. Der Helligkeitsgrad des Nachthimmels steige dann sogar vierzigfach, so der Astronom.

Eine Allianz aus Umweltschutzgruppen und Astronomen drängt die Regierung zum Eingreifen. Gestritten wird über Einschalt- und Ausschaltzeiten sowie über Definitionen, Klassifizierungen und Kategorisierungen: Wenn man den Betreibern der Wolkenkratzer und Mega-Einkaufszentren zu gute hält, dass sie mit Licht Touristen und damit viel Geld in die Stadt bringen, wie verfährt man dann mit Restaurants und Juweliergeschäften? Auch die Ämter werden kritisiert: das Straßenamt wegen übertrieben heller Straßenbeleuchtung und das Gesundheitsamt wegen seiner Verantwortung für die Flutlichtanlagen auf den städtischen Sportplätzen.

In welchem Umfang Lichtsmog die Gesundheit beeinträchtigt, ist umstritten. Doch vor allem in Großstädten wie Hongkong verschiebt sich der Tag-Nacht-Rhythmus der Menschen. Nach Erkenntnissen von Schlafforschern der Universität Regensburg kann ein Übermaß künstlichen Lichts nicht nur zur Schlaflosigkeit, sondern auch zu Herzkreislauf- und Magen-Darm-Problemen führen.

Die Mitglieder der Hongkonger Umweltgruppe Friends of the Earth glauben, kreative Lösungsansätze für das Problem könnten von ausländischen Experten wie dem australischen Lichtdesigner Simon McCartney kommen. Er ist einer der Entwickler von «A Symphony of Lights», einer allabendlich im Victoria Harbour mit einem Sinfonie- Konzert gepaarten Licht- und Lasershow. Das Spektakel ist laut Guinness Buch der Rekorde die größte ständige Licht- und Klangshow der Welt.

Nach Ansicht McCartneys ist nicht die Anzahl der urbanen Lichtquellen das Problem, sondern die richtige Ausrichtung der Scheinwerfer. Der Australier sagt: «Ich wundere mich ständig darüber, wie in Hongkong mit Licht umgegangen wird. In Australien, wie auch in vielen anderen westlichen Ländern, ist es ganz schlicht und einfach verboten, mit Scheinwerfern direkt in den Himmel zu strahlen.» (dpa)
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