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01.10.2016 | 09:01 | Treibhausgase binden 
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Moore für Klimaschutz wieder vernässen

Hannover - Jahrhundertelang waren Moore für die Menschen nur schauriges, von Nebelschwaden und Irrlichtern beherrschtes Ödland. Heute ist klar: Sie spielen eine wichtige Rolle beim Klimaschutz. Dabei haben die meisten Moore aber ein Problem: Sie sind nicht mehr feucht genug.

Moor
In deutschen Mooren kann man sich kaum noch nasse Füße holen. Das muss sich schleunigst ändern. (c) proplanta
«Moore speichern Kohlenstoff in Form von abgestorbenem Pflanzenmaterial», sagt Kirsten Thonicke vom Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung.

Feuchtigkeit bewahrt den Kohlenstoff vor Zersetzung. Ein entwässerter Torfkörper setzt hingegen Kohlendioxid (CO2) frei. «CO2 hat direkte Auswirkung auf die Erhöhung der CO2-Konzentration in der Atmosphäre und damit den anthropogenen (den von Menschen verursachten) Treibhauseffekt», sagt Thonicke.

«99 Prozent aller Moore in Deutschland sind durch Entwässerung geschädigt», sagt Karin Ullrich vom Bundesamt für Naturschutz (BfN). Davon gelten fünf bis sieben Prozent als nur gering geschädigt und «naturnah». «Ein Prozent ist intakt», sagt die Biologin.

Gut 90 Prozent der Moorböden werden genutzt, vor allem von der Landwirtschaft. «Die Hälfte ist Grünland, ein Viertel Ackerland und 15 Prozent Forst oder Wald», sagt Ullrich. Nur sechs Prozent der landwirtschaftlichen Gesamtfläche sind Moorstandorte. Im Vergleich zu anderen Böden entweicht ihnen aber bei weitem das meiste CO2.

Bekämen die Moore ihre Feuchtigkeit zurück, könnte das die Emissionen deutlich reduzieren. Der Fachmann spricht von Wiedervernässung. Für Augustin Berghöfer vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung Leipzig ist die Wiedervernässung von Moorböden auch eine der volkswirtschaftlich kostengünstigsten Maßnahmen, um Kohlendioxid einzusparen. «Und sie ist kurzfristig deutlich effektiver als die Einsparungen durch Bio-Diesel», sagt Berghöfer.

«Wiedervernässen heißt nicht, dass Flächen aus der Nutzung genommen werden», stellt Ullrich klar. Denn es gibt alternative Nutzungsmöglichkeiten für Hoch- und Niedermoore, die für mehr Feuchtigkeit in den Böden sorgen. Sie werden im Fachjargon als Paludikultur bezeichnet. Mecklenburg-Vorpommern ist Vorreiter auf diesem Gebiet. Am Institut für Botanik und Landschaftsökologie der Universität Greifswald laufen zahlreiche Projekte.

Die Paludikultur-Palette ist breit. Schilf und Rohrkolben können als Biomasse oder Baustoff genutzt werden. Schwarzerlen liefern hochwertiges Holz, Sonnentau Arzneistoffe und Torfmoos Gartensubstrat. Auch die Beweidung nasser Standorte durch Wasserbüffel ist denkbar.

Noch tun sich Landwirte mit den Alternativen schwer. Wegen bestimmter Fördermittel ist beispielsweise der Anbau von Energiemais unter reichlich Gülleeinsatz auf Moorflächen momentan weitaus lukrativer. Ullrich spricht von «schädlichen Förderungen». Auch Berghöfer sieht Regelungsbedarf, die Landwirte bräuchten finanzielle Anreize.

Wiedervernässung ist auch ein Renaturierungs-Instrument für ehemalige Torfabbaugebiete. So wie im Ahrensfelder Moor (Landkreis Osterholz, Niedersachsen). Dort wird gerade mit Mitteln des europäischen Förderprogramms «Klimaschutz durch Moorentwicklung» und des Landes Niedersachsen ein 18 Hektar großer, ehemaliger Torfstich «nass gemacht». Um das Regenwasser zu halten, wurden Gräben verschlossen und kleine Dämme errichtet. Julian Linke von der örtlichen Biologischen Station hofft, dass dort die typischen Tier- und Pflanzengemeinschaften der Hochmoore einziehen. «Es kann dauern. Diese Projekte sind auf lange Zeit angelegt.»

Moorböden, die gerade erst ihre Feuchtigkeit zurückerhalten haben, geben anfänglich viel Methan - auch ein Klimagas - ab. «Das nimmt dann deutlich ab», sagt Thomas Kleinen vom Hamburger Max-Planck-Institut für Meteorologie. Berghöfer spricht von einem ein bis zwei Jahre dauernden «Methan-Peak». Langfristig entziehen Moore aber der Umgebung Kohlendioxid und Stickstoff. «Das funktioniert schon, man muss nur ein wenig Geduld haben», sagt Kleinen.

Der Klimawandel hat laut Kleinen Auswirkungen auf Temperatur und Niederschlag. «Wo es schon feucht ist, wird es feuchter; wo es trocken ist, trockener.» Das könne die Wasserbilanz einiger Moore beeinträchtigen, etwa in Westsibirien. «Aktuell ein viel größeres Problem ist aber der Raubbau an den Mooren in den Tropen», sagt Kleinen. Die müssen für Plantagen weichen, etwa für Palmöl.
dpa
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cource schrieb am 01.10.2016 14:23 Uhrzustimmen(120) widersprechen(89)
ja ja, forscht mal schön weiter, diese institute sind ja mitschuld an dem raubbau in unserer ursprünglich fruchtbaren landschaft, weil sie dem verursacher so genannte "renaturierungsmaßnahmen" als wiedergutmachungsmöglichkeit anbieten obwohl sie genau wissen, dass der angerichtete schaden nicht reversibel geschweige denn ausgleichbar oder ersetzbar ist
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