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22.03.2020 | 06:56 | Weltwassertag 

Nordafrika betet für Regen

Tunis - Weil es seit Monaten nicht mehr geregnet hat, soll Beistand von oben helfen.

Lebensfeindliche Dürre
Die nordafrikanischen Länder gehören schon jetzt zu den wasserärmsten der Welt. Durch den Klimawandel droht sich die Situation noch zu verschärfen. Vielen bleibt dann nur die Abwanderung. (c) proplanta
Schon zwei Mal hat das Religionsministerium in diesem Jahr die Moscheen in Tunesien aufgefordert, das Regengebet abzuhalten. Denn das kleine nordafrikanische Land kämpft ohnehin schon mit großen Wasserengpässen. Der Klimawandel und ausbleibender Regen verschärfen das Problem. Und dem Land droht mit dem Wegbleiben der Touristen ohnehin schon eine tiefe wirtschaftliche Krise.

Während in den Hotelzonen an der Mittelmeerküste die Pools in der Sonne blitzen, läuft Hajj Ali etwa 100 Kilometer landeinwärts über staubigen Boden an seinem Feld entlang. Niedrige, grüne Pflänzchen gucken hervor und stehen in hartem Kontrast zur kargen, steinigen Landschaft ringsum. In den Kakteen am Wegrand flattern Plastiktüten. Die nächste befestigte Straße ist Kilometer entfernt.

«Eigentlich müsste es jetzt regnen, aber wir haben schon seit Monaten keinen Regen mehr gesehen», sagt der 56 Jahre alte Bauer. Auf dem ausgetrockneten Bett eines kleinen Sees neben den Feldern suchen Schafe nach Grün. Hajj Ali deutet auf die niedrigen Häuschen, die sich über die Hügel verteilen. Rund 40 Familien leben in dem kleinen Örtchen El-Khol, etwa 200 Menschen.

Die Kleinstadt Sidi Bouzid, in der der «Arabische Frühling» begann, ist nicht weit entfernt. Auch nicht Oueslatia, der Ort, aus dem der Berlin-Attentäter Anis Amri kam. «Ich habe hier meine Ruhe und Freiheit», sagt Hajj Ali, «Aber viele junge Leute gehen hier weg.»

Die Menschen abseits der Touristenregionen in Tunesien, Marokko oder Ägypten sind auf die Landwirtschaft angewiesen. Aber die Länder am südlichen Rand des Mittelmeers leiden unter extremem Wassermangel. Nach Angaben der Unesco liegt Wasserknappheit schon vor, wenn die sich erneuernden Wasserressourcen unter 1.000 Kubikmeter pro Person und Jahr fallen. In Tunesien liegt der Wert bei 440 Kubikmetern.

Nach einer Untersuchung der Weltbank ist die Region des Nahen Ostens und Nordafrikas besonders durch den Klimawandel bedroht. Schon jetzt sei die Region eine der trockensten und wasserknappsten der Erde. Im Irak und in Jordanien kam es im vergangenen Jahr vermehrt zu Demonstrationen, weil die Wasserversorgung im Sommer knapp wurde.

«Das starke Bevölkerungswachstum und die instabilen Systeme steigern auch den Druck auf die Wasserressourcen», sagt Philipp Wagnitz vom WWF. «Gerade am Rand zur Wüste sehen wir, dass Konflikte um die Verteilung von Ressourcen wachsen. Wasser ist dabei ein Schlüsselfaktor, der Krisen verstärkt.»

Auch wenn durch Wassermangel vermutlich keine neue Massenfluchtbewegung aus Afrika und dem Nahen Osten ausgelöst werde, hätten die durch den Klimawandel bedingten Veränderungen in der Region doch Auswirkungen auf die sicherheitspolitischen Überlegungen in Europa, sagt Franziska Fabritius, Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Regionalprogramm Energiesicherheit und Klimawandel Naher Osten und Nordafrika der Konrad-Adenauer-Stiftung in Marokko.

«Gerade wenn es um Wasser und Nahrung geht, gibt es kein Verhandeln.» Solche Konflikte könnten dann dazu beitragen, ohnehin schon unruhige Regionen weiter zu destabilisieren.

Dabei ist das Problem gar nicht, dass es weniger regnet, es ist eine Frage der Verteilung. Wenn es regnet, dann oft so heftig, dass es zu Überschwemmungen kommt. Wichtig sei daher ein vernünftiges Wassermanagement, sagt Simone Cremer, Wasserexpertin der deutschen Entwicklungsbank KfW in Tunesien. «Wasser ist in Tunesien ein Entwicklungshemmnis.» Auch deshalb unterstützt Deutschland das kleine nordafrikanische Land mit Milliardenkrediten.

Allein 763 Milliarden Euro sind nach KfW-Angaben in Wasserprojekte in Tunesien gegangen: In die Sanierung von Staudämmen, Entsalzungsanlagen auf der Ferieninsel Djerba oder etwa auch in die Wasserversorgung des kleinen Dorfs El Khol in Zentraltunesien.
dpa
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