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07.06.2019 | 05:44 | Umweltverschmutzung 
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Plastikproduktion steigt in schwindelerregende Höhe

Berlin - Im Kampf gegen die weltweite Umweltverschmutzung mit Kunststoffen fordern Umweltschützer ein Verbot von Mikroplastik und strengere Vorgaben der Politik für Energie- und Chemiekonzerne.

Plastikmüll
Die Zahlen übersteigen die Vorstellungskraft. 400 Millionen Tonnen Plastik werden pro Jahr produziert, seit 1950 insgesamt mehr als 8 Milliarden Tonnen, heißt es im neuen Plastikatlas. Umweltschützer mahnen eine radikale Wende an - auch, um den Klimawandel zu bremsen. (c) proplanta
Es brauche eine Plastikwende, sagte der Chef der Umweltorganisation BUND, Hubert Weiger, am Donnerstag. Vor allem globalen Energie- und Chemiekonzernen müsse die Politik striktere Grenzen setzen, sagte Barbara Unmüßig, Vorstand der Grünen-nahen Heinrich-Böll-Stiftung.

«Ein paar Dutzend Unternehmen» stellten den Großteil der Produkte her, die später als Plastikabfall zurückblieben. Beide präsentierten in Berlin einen Plastikatlas mit Zahlen und Hintergründen.

Plastik wird aus fossilen Rohstoffen wie Erdöl und Erdgas hergestellt und braucht in der Umwelt teils mehrere Hundert Jahre, um sich zu zersetzen. Mikroplastik, also kleinste Plastikpartikel etwa aus Reifenabrieb, Kosmetika oder Abwasser, finden Wissenschaftler inzwischen auch an entlegenen Orten der Erde - und in Lebensmitteln.

Aus Sicht der Autoren des Plastikatlasses darf Politik nicht nur Verbraucher adressieren, obwohl auch deren Konsumverhalten wichtig sei. Auf EU-Ebene würden Produkte wie Plastikstrohhalme und -besteck verboten, das sei auch gut so, sagte Unmüßig. «Wir erleben aber gleichzeitig, wie Europa zuschaut, wie neue Kapazitäten für die Plastikproduktion geschaffen werden.»

Nicht nur Konsumenten, auch die Produzenten müssten in die Verantwortung genommen werden. Die fünf größten Plastikkonzerne seien ExxonMobil, BASF, Eni, INEOS, und Dow.

BUND-Chef Weiger forderte unter anderem ein generelles Verbot von Mikroplastik, das etwa in Kosmetik eingesetzt wird, sowie ein Verbot von Schadstoffen in Kunststoff, die über Recycling etwa in Kinderspielzeug oder in Lebensmitteln landen können. Plastik müsse teurer werden, damit Mehrweg-Verpackungen konkurrenzfähig würden.

Die Zahlen im Plastikatlas sind drastisch: Über 400 Millionen Tonnen Kunststoff werden demnach pro Jahr weltweit hergestellt, zwischen 1950 und 2015 waren es insgesamt 8,3 Milliarden Tonnen. Nicht einmal ein Zehntel davon sei recycelt worden. Mehr als ein Drittel der hergestellten Kunststoffe wird für Verpackungen verwendet. Schätzungen zufolge würden rund 40 Prozent der Plastikprodukte in weniger als einem Monat zu Abfall, sagte Unmüßig.

Nach Darstellung des Plastikatlasses trägt der Plastikboom erheblich zum zunehmenden Ausstoß von Treibhausgasen bei. «Weltweit nimmt der Ölverbrauch in keinem anderen Bereich so stark zu wie bei der Herstellung petrochemischer Produkte», heißt es dort. Treibhausgase entstünden auch bei der Entsorgung und Verbrennung.

Die Bundesregierung beschäftigt sich ebenfalls mit Mikroplastik. Auf Basis einer freiwilligen Selbstverpflichtung soll es aus Kosmetik verschwinden. Der Parlamentarische Staatssekretär im Umweltministerium, Florian Pronold, schloss weitergehende Vorgaben der Politik am Donnerstag nicht aus, wenn es eine solidere wissenschaftliche Grundlage dafür gebe. Teils sei es aber schwer, Alternativen zu finden, die nicht andere ökologische Nachteile hätten. Es gebe viele Forschungsvorhaben dazu.
dpa
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Kommentare 
Dulijä schrieb am 08.09.2019 00:10 Uhrzustimmen(3) widersprechen(1)
Früher im Tante-Emma-Laden gab es braune Papiertüten für Obst/Gemüse oder dies wurde mit der Waagschale über den Thresen gereicht und in den Einkaufskorb/-netz oder /-tasche geleert. In den dann folgenden Supermärkten kamen durchsichtige Plastiktüten,damit der Kunde kein teures Produkt günstig erwirbt und die Kassiererin gleich den Inhalt sieht ohne Zeitverschwendung des Tüten öffnens. Time is Money, wir wissen woher der Spruch stammt.
Der Kunde nimmt das, was angeboten wird, ohne nachzudenken.
Ergo: Wie sagte eine Verkäuferin im Osten so treffend: Was wir nicht haben, brauchen Sie nicht!
Sind in den Läden keine Plastiktüten vorhanden nimmt die Kundschaft das, was da ist. So ist die Industrie gefragt, die Plastikproduktion einzustellen bzw. das vorhandene Plastik zu recyceln - das soll ja immer wieder funktionieren. Ausgangsmaterial wäre mehr als genug vorhanden.
Smiling Boy schrieb am 09.06.2019 14:10 Uhrzustimmen(5) widersprechen(3)
So wie keiner von uns Menschen ohne Sünde ist, ist auch (fast) keiner völlig unbeteiligt an der Plastik- und Kunststoff-Flut. Deshalb sollte man mit Schuldzuweisungen behutsam umgehen. Andererseits müsste es jedem von uns möglich sein - angesichts unvorstellbarer Mengen von Müll und besonders nicht-wiederverwertbarer Kunststoffe - irgendwo an irgendeiner Ecke mitzuhelfen, dieser Gefahr für den Planeten entgegenzuwirken. Die Probleme hat die Menschheit verursacht, und nur, wenn wir alle daran arbeiten, haben wir überhaupt noch eine Chance. Prinzipiell bin ich also dafür, dass jeder bei sich selber anfängt.
Allerdings sind die Möglichkeiten des Einzelnen begrenzt. Zum Beispiel kann man nicht ohne weiteres auf alles verzichten, was es im Supermarkt NUR in Plastik verpackt gibt. Und das ist leider eine (Un-)Menge. Da ist die Wirtschaft gefragt, sich etwas einfallen zu lassen, auch wenn es mehr kostet. Opfer kann man von ihr genauso erwarten, wie von jedem einzelnen Verbraucher. Ferner ist die Politik gefragt, ggfs. die Produktion vieler Plastikverpackungen zu verbieten, ohne 'wenn' und 'aber' und falsche Rücksichtnahmen.
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