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27.11.2011 | 06:42 | Agrarforschung 

Ragweed : Forschungsprojekt zu Ausbreitungbiologie und Management abgeschlossen

Wien - „Ragweed löst schwere Allergien aus, bedroht die Gesundheit der österreichischen Bevölkerung und führt zu massiven Ertragsverlusten in der Landwirtschaft."

Allergie
(c) stadelpeter - fotolia.com
"Dieses Übel müssen wir nachhaltig bei der Wurzel packen. Daher habe ich gemeinsam mit den Bundesländern ein dreijähriges Forschungsprojekt durchführen lassen, um abzuschätzen und zu analysieren, wie man die Ausbreitung von Ragweed eindämmen und verhindern kann. Die Expertinnen und Experten dieser Studie zeigen nun wichtige Wege dazu auf", so Landwirtschafts- und Umweltminister Niki Berlakovich.

Die aus Nordamerika eingeschleppte Pflanze Ambrosia artemisiifolia (Ragweed, Beifußblättriges Traubenkraut) hat sich im vergangenen Jahrzehnt in Österreich rasch ausgebreitet. Es verursacht starke allergische Reaktionen des menschlichen Immunsystems mit hohen Folgekosten für das Gesundheitswesen, aber auch für die Landwirtschaft und die kommunalen Verantwortlichkeiten. Im Zusammenhang mit Bekämpfungsmaßnahmen erfordert dies in der Landwirtschaft inzwischen spezifischen Herbizideinsatz und damit nicht nur zusätzliche Kosten, sondern es werden auch ökologisch nachteilige Wirkungen ausgelöst.

In einem dreijährigen Projekt, das vom Lebensministerium mit 242.000 € und acht Bundesländern mit 225.000 € gefördert wurde, haben die Projektpartner AGES, BOKU, NÖLAK, Universität Salzburg und Umweltbundesamt unter der Koordination der Universität für Bodenkultur die biologischen Grundlagen der raschen Ausbreitung entlang des Straßen- und Gewässernetzes sowie auf landwirtschaftlichen und nichtlandwirtschaftlichen Flächen untersucht. Darauf aufbauend sollen konkrete Bekämpfungsmaßnahmen entwickelt werden.


Biologie und Ökologie

Ragweed-Samen können jahrelang im Boden überdauern, bei günstigen Bedingungen keimen jedoch bis zu 95 Prozent der Samen. Innerhalb der Populationen tauchen blühende Individuen vereinzelt schon Mitte Juni auf, während die Hauptblütezeit - je nach Höhenlage - ab der zweiten Juli-Hälfte beginnt. Die größten Pollenmengen in der Luft findet man im August. Reife bzw. keimfähige Samen sind bereits ab Ende August verfügbar, die Hauptmenge der Samen wird allerdings erst Ende September/Anfang Oktober reif.

Die rasche Verbreitung der Samen erfolgt praktisch nur durch den Menschen. Untersuchungen zur Populationsgenetik zeigten eine enorme genetische Variabilität innerhalb der Populationen, kaum jedoch zwischen den Populationen. Durch den starken Genfluss sind sie sehr anpassungsfähig und forcieren bei Erschließung neuer Lebensräume immer neue Rekombinanten mit der Chance auf noch bessere Durchsetzungskraft.


Ausbreitung entlang der Hauptverkehrsadern

Die Zunahme der Ausbreitung von Ragweed im Laufe des vergangenen Jahrzehnts konnte deutlich nachgewiesen werden. Allein in den letzten 5 Jahren gingen rund 2500 bestätigte Meldungen ein - ein Mehrfaches aller bisherigen Fundmeldungen. Besonders auffällig nahm die Art an den wichtigsten Transitrouten (A1, A2 A4, A8, A9 im steirischen Abschnitt und A11) zu.

Die Ausbreitung entlang der Straßen hat zwei wesentliche Ursachen: Einerseits können Ragweed-Samen entlang regionaler und internationaler Transitrouten leicht transportiert werden. Andererseits erfolgt die in Österreich übliche Mahd der Straßen-Bankette in einer für Ragweed günstigen Rhythmik: Das erste mal wird zu früh gemäht, die folgenden Mahdtermine sind zu spät, sodass insbesondere von August bis Oktober durch die eingesetzten Mäher, Schlägler und Mulcher die reifenden Samen lokal verteilt und durch kontaminierte Maschinen auch regional weiter verbreitet werden. Eisenbahnen und Flussufer stellen ebenfalls Korridore für die Ausbreitung von Ragweed dar.

Die Ausbreitung von Ragweed entlang der Donau durch Überschwemmungen stellt ein schwierig zu handhabendes Problem dar, da kein Herbizideinsatz möglich ist und Flächen teilweise schlecht zugänglich sind.


Bekämpfungs- und Eindämmungsmaßnahmen

Die Bekämpfungs- und Eindämmungsmaßnahmen müssen Habitat-spezifisch erfolgen.

Entlang der Straßen kommt in erster Linie der Optimierung der Mahd-Termine Bedeutung zu: Die erste Mahd so spät wie möglich (Mitte Juli), danach aber Mahd alle drei Wochen, vor Beginn der Blühphase. Die gründliche Reinigung der Mähmaschinen ist ebenfalls zielführend.

Die Behandlung von Schnittgut in professionellen Kompostierungsanlagen sowie in Biogasanlagen vernichtet Ragweed-Samen zu 100 %. Bei Neubaumaßnahmen und Banketterneuerungen in Befallsgebieten ist die Bepflanzung mit starken Bodendeckern empfehlenswert, da sie die Keimung von Ragweed verhindern können.

Ragweed findet sich auch auf landwirtschaftlichen Flächen, die Ausbreitung über die Landwirtschaft erfolgt jedoch nur im kleineren geographischen Rahmen. Saatgutuntersuchungen ergaben, dass Ragweed-Samen in lediglich 0,86 Promille der untersuchten Proben nachweisbar waren. Vor allem in Ostösterreich kann es aber aufgrund für das Ragweed günstiger Klimaverhältnisse zu größerem Befallsdruck kommen, vor allem in den Kulturen Sojabohne, Kürbis und Sonnenblume.

Über Erntemaschinen können Ragweed-Samen verbreitet werden. Konsequente mechanische und/oder chemische Unkrautbekämpfung gemäß der guten landwirtschaftlichen Praxis und gründliche Reinigung von Erntemaschinen können daher einen Beitrag dazu leisten, die Weiterverbreitung von Ragweed zu reduzieren.

Ambrosia-Samen in Futtermitteln können, der Ausbreitung von Ragweed Vorschub leisten. Reinigung durch mechanische Siebung, einschlägige Lieferantenverträge, achten auf geografische Herkunft der Saaten und fachgerechte Entsorgung von Siebrückständen und andere botanische Abfälle können wirksame Maßnahmen zur Eindämmung von Ragweed darstellen.

Einzelpflanzen sollten immer zur Gänze ausgerissen werden. Ab der Blütezeit sollte dieses Material nachhaltig vernichtet werden (Verbrennung, professionelle Biomasse-Verwertung).


Problembewusstsein ist noch nicht ausreichend

Die Wahrnehmung des Problems und der Bekämpfungsmöglichkeiten sind sowohl in der breiten Bevölkerung wie auch bei involvierten Personen noch nicht ausreichend, allerdings konnten Informationskampagnen in Österreich das Problembewusstsein erhöhen.

Schulungen von Multiplikatoren und tatsächlichen Flächenbetreuern sind allerdings unerlässlich, um Ragweed einzudämmen. Das Projekt hat gezeigt, dass Ragweed zwar nicht mehr ausgerottet werden kann, aber die dargestellten Bekämpfungsmaßnahmen zumindest die negativen Effekte auf die Bevölkerung deutlich verringert werden können. (ages)
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