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06.11.2011 | 19:28 | Unwetter 2011 

Regen bringt Italien Tod, Schmerz und Wut

Rom - Die schweren Unwetter im norditalienischen Genua haben Schlamm, Schmerz und Wut hinterlassen.

Starkregen Italien 2011
(c) proplanta
In den schmutzbedeckten Gesichtern der freiwilligen Helfer, die in den TV-Nachrichten zu sehen sind, lassen sich Angst und Wut ablesen. Angst, weil alle wissen, dass sich die Katastrophe wiederholen könnte. Und Wut darüber, dass einige Opfer wohl vermeidbar gewesen wären.

Starker Regen hatte am Freitag den Fluss Bisagno über die Ufer treten lassen. In der abschüssigen Genueser Straße führte das zu einer reißenden Flutwelle. Vier Frauen und zwei Kinder ertranken oder wurden unter mitgerissenen Autos begraben. Die Staatsanwaltschaft der Hafenstadt hat Ermittlungen gegen Unbekannt aufgenommen - unter anderem wegen fahrlässiger Tötung. Die Genueser Bürgermeisterin Marta Vincenzi steht in der Kritik, weil sie die Schulen trotz Unwetteralarms der höchsten Stufe nicht schließen ließ.

Tatsächlich starb eine 19-jährige Frau auf dem Weg zur Grundschule, wo sie ihren kleinen Bruder abholen sollte. Doch die Hauptschuld liegt nach Meinung von Umweltschützern, Experten und dem Zivilschutz anderswo.

«Die Wahrheit ist, dass die Politik auf allen Ebenen bisher noch nie aus den Katastrophen der Vergangenheit hat lernen wollen», kritisiert etwa Luigi d'Alpaos, Professor für Wasserkunde an der Universität von Padua. «Der Schutz des Landes wird nicht finanziert, weil er keine Stimmen bringt. Das ist ein kulturelles und heute auch ein finanzielles Problem», erklärt der Professor in einem Interview mit der Tageszeitung «La Repubblica» (Sonntag).

Tatsächlich vergeht in Italien kaum ein Jahr ohne ähnliche Desaster. 2010 gab es gravierende Überschwemmungen vor allem in der Po-Ebene. 2009 starben 36 Menschen in Sizilien bei Erdrutschen nach Starkregen. Unvergessen sind in Italien bis heute auch die Toten von Sarno: 1998 wurde der kleine Ort bei Salerno nach zwei Tagen heftigster Regenfälle von Schlamm-Massen überrollt. Mehr als 150 Menschen kamen ums Leben.

Einem Bericht des Umweltschutzverbandes «Legambiente» zufolge sind 82 Prozent der italienischen Ortschaften auf irgendeine Weise durch Wasser gefährdet. Mit anderen Worten: Erdrutsche und Überschwemmungen sind nicht nur möglich, sondern wahrscheinlich. Im Gegensatz dazu kürzte die Regierung von Silvio Berlusconi die Ausgaben für Schutzmaßnahmen nach Angaben des Nationalen Bauverbands (Ance) zwischen 2008 und 2011 von 550,6 auf knappe 84 Millionen Euro.

Für die notwendige Befestigung von Flussufern durch Neubepflanzung oder die Einrichtung von Schleusen, um Druck aus den oftmals vom Menschen eingeengten Wasserläufen abzulassen, reicht das nach Ansicht von Professor D'Alpaos nicht aus.

Doch das ist nicht alles: Auch die Flusspflege ist, wie Genua zeigt, manchmal zu wenig. Die für die Sicherung des Bisagno laut Stadtverwaltung ausgegebenen sechs Millionen Euro blieben ohne Wirkung - dank des in Italien weit verbreiteten und zu oft tolerierten Pfusch am Bau. Der in Genua ermittelnde Staatsanwalt, Vincenzo Scolastico, spricht von todbringender «wilder Zementierung», die dem Wasser jeden unterirdischen Abflussweg versperre.

Einmal mehr forderte Staatspräsident Giorgio Napolitano Klarheit über die Ursachen der Katastrophe - wie schon vor zwei Jahren nach den Erdrutschen in Messina. Mit welchem Ausgang bleibt abzuwarten. (dpa)
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