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25.06.2018 | 08:44 | Landnutzung 

Ruinieren Kühe Neuseelands grünes Image?

Wellington - Eine Frau steht in einem Fluss in Neuseeland, fängt Wasser in ihren Händen auf und trinkt genüsslich das erfrischende Nass.

Rinderhaltung in Neuseeland
Sauber und Grün, überall glasklares Wasser - mit diesem Image lockt Neuseeland jedes Jahr Millionen von Touristen an. Doch gerade seine saftigen Wiesen schaffen ungeahnte Probleme. (c) proplanta
Mit diesen Bildern und dem Slogan «100% Pure» (dt. 100 Prozent rein) wirbt das Land für seine spektakulären Landschaften und unberührte Natur.

Ein solcher Schluck direkt aus der Natur könnte bei vielen neuseeländischen Flüssen und Seen jedoch böse Folgen für das Wohlbefinden der trinkenden Frau haben. Grund dafür ist die boomende Landwirtschaft des Inselstaats auf der Südhalbkugel. Vielerorts mussten die angestammten Pflanzen und Sumpflandschaften intensiver Bewirtschaftung sowie der wachsenden Städte weichen.

Nach Daten des Umweltministeriums ist vom Schwimmen in 44 Prozent der überprüften Seen und 62 Prozent der Flüsse im Tiefland abzuraten. Vom Trinken ganz zu Schweigen. Immer wieder gelangt verschmutztes Wasser auch in die Trinkwasserversorgung, Erkrankungen und sogar Todesfälle sind die Folge.

Ein Regierungsbericht aus dem vergangenen Jahr warnt, dass knapp 800.000 Neuseeländer - bei einer Bevölkerung von knapp 4,7 Millionen - Wasser trinken, dass nicht nachweislich unbedenklich ist. Die Wasserqualität habe sich in den vergangen Jahren kontinuierlich verschlechtert, sagt Umweltminister David Parker. Als Gründe nennt er schlechte Landnutzung und ungenügendes Abwasser-Management.

In Deutschland sind zum Vergleich zwar drei Viertel der Seen ökologisch in einem mittelmäßig bis schlechten Zustand, wie aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Grünen-Anfrage im April hervorging. Die Badewasser-Qualität ist jedoch hoch: knapp 98 Prozent der untersuchten deutschen Badestellen erfüllen EU-Mindeststandards. Dies ging aus einem Bericht der Europäischen Umweltagentur EEA aus dem Mai 2017 hervor.

Für diesen Bericht wird die Belastung der Gewässer mit Bakterien untersucht, die beim Menschen Krankheiten verursachen können. Für die Beurteilung der ökologischen Qualität werden hingegen andere Messwerte erfasst, etwa die Belastung mit Pflanzenschutzmitteln oder Nährstoffen wie Phosphaten und Nitraten, die vor allem aus der Landwirtschaft kommen.

Neuseelands Umweltschützer machen die Millionen Kühe mitverantwortlich, die die Landschaft bevölkern. Seit den 1970er Jahren hat die intensive landwirtschaftliche Nutzung - und damit auch der Einsatz von Düngemitteln und Unkrautvernichtern - stark zugenommen. Die Milchwirtschaft dominiert den Agrarsektor.

Rinderurin ist stickstoffreich. Gelangt er ins Wasser, fördert dies das Wachstum von Algen, auch von giftigen. Stickstoffdünger, der ausgebracht wird, um die Ergiebigkeit der Weiden zu erhöhen, verschärft das Problem. Nitrathaltiges Trinkwasser ist vor allem für Säuglinge gefährlich. Ein noch größeres Problem stellt Rinderdung dar. Dieser enthält unter anderem das Bakterium E.coli, das Magen-Darm-Erkrankungen auslösen kann. Zudem leidet die einheimische Pflanzen- und Tierwelt unter der intensiven Bewirtschaftung.

Seit 1994 stieg die Zahl der Milchkühe im Land um 70 Prozent auf knapp 6,5 Millionen. Etwa 10 Prozent der neuseeländischen Bevölkerung arbeitet in dem Sektor, der im vergangenen Haushaltsjahr Exporte im Wert von umgerechnet 7,8 Milliarden Euro generierte und einen Anteil von etwa 3,5 Prozent an Neuseelands Wirtschaftsleistung hat.

Damit ist die Milchwirtschaft einer der wichtigsten Wirtschaftszweige - noch mehr Geld bringt aber der Tourismus, der vom Image der sauberen Natur lebt. Der Zwist wurde auch zum Politikum.

Umweltminister Parker betonte, in einem sauberen Fluss zu baden, sei das «Geburtsrecht jedes Neuseeländers.» Bis 2040 will die Regierung, dass 90 Prozent aller großen Flüsse und Seen Badewasserqualität haben.

Die Milchwirtschaft werde immer ein wichtiger Wirtschaftssektor bleiben, aber: «Einige Aspekte müssen sich ändern, mit der derzeitigen Menge an verunreinigten Abwässern kann es nicht so weitergehen», fordert der Minister.

So sieht das auch die Mehrheit der Neuseeländer. Laut einer von der Umweltorganisation Greenpeace in Auftrag gegebenen Umfrage glauben 52 Prozent der Befragten, dass zu viele Kühe die Gewässer überlasten.

Die Milchbauern selbst betrachten sich eher als Bewahrer der Wasserqualität, wie David Burger, ein Umweltwissenschaftler der Milchwirtschafts-Interessensvertretung DairyNZ erläutert. So hätten die Bauern bislang etwa mehr als 90 Prozent der Zugänge zum Wasser in ihren Weideflächen eingezäunt. Der Sektor verstehe seine Rolle bei der Aufgabe, die Wasserqualität zu verbessern, doch um das Ziel zu erreichen, müssten alle Nutzer in Stadt und Land zusammenarbeiten.
dpa
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