Vorsprung durch Wissen
schließen x
Suchbegriff
Rubrik
 Suchen
Das Informationszentrum für die Landwirtschaft
18.10.2019 | 15:34 | Artenschutz 

Schmetterlingsforscher warnen vor Artenvielfalt in freiem Fall

Karlsruhe - Nicht nur die Zahl der Schmetterlinge geht zurück, auch die Vielfalt der Arten ist nach einer neuen Studie in ganz Baden-Württemberg flächendeckend eingebrochen.

Schmetterling
Bild vergrößern
Mehr als 160 Schmetterlingsarten gibt es in Baden-Württemberg. Noch, sagen Wissenschaftler und zeigen in einer Studie, dass die Vielfalt bei den Faltern deutlich sinkt. Und das nicht erst seit kurzem. (c) proplanta
Gründe seien unter anderem die intensive Landwirtschaft und die Versiegelung von Flächen, bilanzieren mehrere Wissenschaftler in einer Arbeit für das Magazin «Scientific Reports».

Es handele sich um die erste flächendeckende Langzeitstudie, für die Daten über die tagaktiven Schmetterlinge in Südwestdeutschland bis zurück in das 18. Jahrhundert genutzt wurden.

«Die Artenvielfalt befindet sich seitdem in freiem Fall», warnen die Wissenschaftler, die unter anderem aus Karlsruhe, Salzburg und dem brandenburgischen Müncheberg stammen.

«Die Wahrscheinlichkeit, viele Individuen von vielen unterschiedlichen Schmetterlingsarten auf einem Spaziergang zu sehen, hat besonders in den letzten zwei Jahrzehnten deutlich abgenommen.» Der Trend mache auch vor Naturschutzgebieten und kaum genutzten Flächen nicht Halt, warnen die Experten.

Der Studie zufolge sind bislang zwar nur wenige der 163 untersuchten Arten vollständig aus Baden-Württemberg verschwunden. «Viele anspruchsvollere Arten überleben jedoch lediglich in wenigen und dazu sehr kleinen und isolierten Populationen. Noch», sagte der Mitautor Robert Trusch, der am Naturkundemuseum Karlsruhe eine der größten Schmetterlingssammlungen Deutschlands betreut.

Die Häufigkeit der meisten Arten sei seit den 50er Jahren und mit der Umstellung der Landnutzung nach dem Krieg stark zurückgegangen. «Dieser negative Trend hat sich im Verlauf der letzten zwei Jahrzehnte nochmals drastisch beschleunigt», sagte Trusch.

Es seien immer weniger Schmetterlingsarten zu sehen und zu finden. «Einst flächendeckende Arten wie der Apollofalter sind nicht mehr an zum Beispiel 50 Stellen zu finden wie früher, sondern im ganzen Südwesten nur noch an einem Ort», sagte Trusch.

Mit der Zahl der Schmetterlinge gehe zudem auch die gesamte Biomasse zurück. Dies wirke sich dramatisch aus auf die Nahrungsnetze und auf höhere Ebenen in der Nahrungspyramide, darunter die Vogel- und Fledermausbestände.

Die Studie stärkt die Argumente der Naturschützer, die in den vergangenen Wochen die Debatte um das Artenschutz-Volksbegehren angeschoben haben. Unter dem Motto «Rettet die Bienen» hatten sie wochenlang Unterschriften gesammelt.

Der Anteil der Flächen, auf denen Pestizide genutzt werden, sollte ihrer Forderung nach im Südwesten bis 2025 halbiert werden. In Schutzgebieten sollen sie verboten werden. Die ökologische Landwirtschaft soll bis 2035 auf 50 Prozent ausgebaut werden.

Die Landesregierung legte daraufhin am Dienstag Eckpunkte vor, an denen die Bienenfreunde jetzt mitarbeiten wollen. Der Regierungsentwurf soll inhaltliche Ziele des Volksbegehrens übernehmen, aber umstrittene Passagen - etwa zum Einsatz Pestiziden - entschärfen.

«Die Studie belegt über einen sehr langen Zeitraum, dass auch in Baden-Württemberg ein dramatisches Insektensterben stattfindet», sagte der NABU-Landesvorsitzende Johannes Enssle, einer der Unterstützer des Volksbegehrens, am Donnerstag in Stuttgart zu den neuen Untersuchungen über die Schmetterlinge.

«Eklatant ist, dass sich dieser Rückgang offenbar in den letzten 50 Jahren stark beschleunigt.» Die Studie unterstreiche die Dringlichkeit des Handelns beim Artenschutz auch in Baden-Württemberg. «Wie beim Klimaschutz gilt auch hier: keine Zeit für Pillepalle!», sagte Enssle.

Die für die Studie genutzten Daten stammen vor allem aus der zentralen Landesdatenbank Schmetterlinge am Staatlichen Museum für Naturkunde Karlsruhe (SMNK). Dort werden historische Nachweise aus den vergangenen zwei Jahrhunderten und aktuelle Meldungen vereinigt.
dpa/lsw
Kommentieren
weitere Artikel

Status:
Name / Pseudonym:
Kommentar:
Bitte Sicherheitsabfrage lösen:


  Weitere Artikel zum Thema

 Mähfrei durch den Mai - Weniger tun für mehr Vielfalt

 Waschbären futtern sich durch den Südwesten

 Waschbären-Jagd nicht zielführend

 Studien sollen mehr Wissen über Asiatische Hornisse bringen

 Rund 26 Millionen Euro für umwelt- und klimagerechte Landwirtschaft

  Kommentierte Artikel

 Lindnerbräu - Hoch die Krüge!

 Mutmaßlicher Wolfsangriff - mehrere Schafe in Aurich getötet

 Weniger Schadholz - Holzeinschlag deutlich gesunken

 Entwaldungsfreie Lieferketten: EU-Kommission zur Klärung aufgefordert

 Bund Naturschutz: Kein kategorisches Nein mehr zum Wolfsabschuss

 Nach Atomausstieg boomen erneuerbare Energien in Niedersachsen

 Massive Flächenverluste in Bayern

 Umsatzsteuersätze: Union will Reform

 Union fordert Ergebnisse beim Bürokratieabbau

 Nachhaltiges Investieren lohnt sich