Während Wissenschaftler und Umweltschützer für einen stärkeren Stamm eintreten, verlangen Jäger und Anwohner höhere Jagdquoten bis hin zur kompletten Ausrottung.
Der Wolf als freies Tier in der Natur erregt die Gemüter in Schweden wie schon lange nicht mehr. Als «Schlachten» prangert die Zeitung «Dagens Nyheter» die seit zwei Jahren wieder zugelassene Jagd auf die Raubtiere an. Jäger und Anwohner der betroffenen Bezirke verlangen dagegen viel höhere Jagdquoten als die 20 dieses Jahr zum Abschuss freigegebenen Tiere.
Nachdem die Brüsseler
EU-Kommission eine Gerichtsklage gegen die Freigabe der Wolfsjagd angekündigt hat, musste Umweltminister Anders Carlgren am Dienstag vor dem Reichstag Rede und Antwort stehen. «Wir müssen den Zuwachs begrenzen und deshalb eine scharf begrenzte Schutzjagd zulassen», sagte der Minister und versuchte damit die Regierungslinie zwischen den Fronten zu verteidigen.
Als wenn es davon nicht schon genug gebe, meldete sich am selben Tag eine internationale Forschergruppe in «Dagens Nyheter» zu Wort: Die nordeuropäischen Wolfsstämme in Schweden sowie Norwegen und in Finnland bis hin zu westlichem Russland mit tausend Tieren sei viel zu klein, um die akuten genetischen Schäden durch Inzucht zu überstehen: «Es muss mindestens 3000 Tiere geben, damit der Wolf überleben kann», fordern die im Auftrag der Stockholmer Regierung arbeitenden Mitglieder der «Internationalen Expertengruppe für Raubtiere in Schweden».
Sie erwähnten mit keinem Wort die heiß umstrittene Wolfsjagd, sondern setzten sich für eine zwischen den Ländern koordinierte Mischung des schwedisch-norwegischen mit dem finnisch-russischen Stamm ein. Das haben in kleinem Maßstab auch Schwedens Behörden vor: Sie wollen ab Frühjahr einige Wölfe aus Tierparks und im Sommer vielleicht einige finnisch-russische Wölfe in Schweden aussetzen, damit der kränkelnde eigene Stamm frische Gene erhält.
Der Bestand soll dennoch insgesamt bei etwa 200 Tieren gehalten werden, meint das Naturschutzamt. Diese «mittlere Linie» aber beruhigt weder die Gegner noch die Befürworter der Wolfsjagd.
Die hungrigen Räuber würden ihnen Schafe und Kühe wegfressen, klagen Bauern in mittelschwedischen Bezirken wie Dalarna. Sie nennen auch Angst um ihre Kinder als Grund für ihre Forderung, den Wolf ganz «verschwinden zu lassen». In Schweden wurden erstmals in den 70er Jahren wieder vereinzelt Wölfe gesichtet, ihr Bestand hat sich seitdem langsam erhöht. «Die größte Gefahr für die Wölfe besteht neben der Inzucht darin, dass die Bevölkerung sie nicht akzeptiert», meinte Carlgren vor dem Reichstag
Die Jäger, in Schweden eine zahlenmäßig und auch politisch starke Lobbygruppe, beklagen den Verlust von Elchen als Jagdbeute durch den Wolf als «Konkurrenten». Auch dass Wölfe immer mal wieder Jagdhunde reißen, gefällt ihnen ganz und gar nicht. Umgekehrt wird den Jägern vorgeworfen, zu tausenden verwerfliche «Trophäenjagd» auf die vom Aussterben bedrohten Tiere zu betreiben. Eigentlich muss die komplette Wolfsjagdbeute bei den Behörden abgegeben werden. Im letzten Jahr fehlten bei 14 von 28 erlegten Tieren nach Angaben des Tierärztlichen Staatsamtes die Zehen, bei sieben der 13 männlichen die Hoden. (dpa)