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12.09.2021 | 12:59 | Beitrag zum Naturschutz 

Streuobstwiesen im Aufwind

Stahnsdorf / Cottbus - Sie liegen in Lichtungen, Grünanlagen, in Wohngebieten und Privatgärten: Streuobstwiesen erleben als Bestandteil einer artenreichen Kulturlandschaft und als Aufwertung von Flächen in Berlin und Brandenburg ein Revival.

Artenvielfalt fördern
Streuobstwiesen gelten als Hotspots der Artenvielfalt. Das Biotop bietet Pflanzen und Tieren ein Zuhause. Immer mehr Menschen haben Interesse, solche Wiesen anzulegen. Doch so einfach ist das nicht. (c) proplanta
Es gebe mittlerweile sehr viele Streuobstwiesenprojekte, berichtet der Brandenburger BUND-Experte Eckart Klaffke. Er erklärt sich das gestiegene Interesse auch mit etwas Verklärung.

«Jedem, dem sie das Wort sagen, dem geht sofort die Sonne auf, wenn er nur dran denkt. Jeder verbindet damit irgendeine Paradiesvorstellung». Das mache die Sache attraktiv. «Revival findet allerdings oftmals in den Köpfen statt. Viele unterschätzen, wie anspruchsvoll das ist.»

Bei richtiger Anlage, Pflanzung und Pflege können Streuobstwiesen nach Angaben von Fachleuten bis zu 5.000 Tier- und Pflanzenarten beheimaten. Dazu gehört Klaffke zufolge unter anderem die Auswahl der Obstbaumsorten, kenntnisreicher Baumschnitt für eine kräftige Baumkrone und der Abstand der Pflanzungen. Allein in Berlin gibt es seinen Daten zufolge mittlerweile über 100 Einzelflächen mit Streuobstwiesen.

Der Naturschützer und seine Mitarbeiter kämpfen seit Jahren für den Erhalt solcher Wiesen - die ihren Namen dem Umstand verdanken, dass einzelne Bäume verstreut herumstehen - verschiedene Sorten nebeneinander, alte und junge Bäume vermischt. Der BUND-Experte ist oft in Berlin und Brandenburg unterwegs und berät, welche Bedingungen es für das Anlegen solcher Wiesen braucht.

Manchmal sei der Standort falsch - wie in Zossen (Teltow-Fläming), wo die Fläche zu trocken gewesen sei, berichtet Klaffke. In Berlin-Neukölln habe er gesehen, dass auf einer Fläche die Bäume zu dicht gepflanzt wurden. Entscheidend sei die Mischung aus zwei verschiedenen Biotop-Typen - eine Art lichter Wald mit lockerer Anpflanzung von Hochstammobstbäumen und artenreiches Grünland - diese Kombination mache Streuobstwiesen aus.

Auf der Streuobstwiese in Stahnsdorf (Potsdam-Mittelmark) mit 6,5 Hektar, die der BUND vor über 25 Jahren von den Berliner Stadtgütern gepachtet hat, wachsen alte Kirsch-, Apfel - und Birnenbäume. Junge Bäume werden zwischen alte gesetzt. Ehrenamtler Klaffke betreut gemeinsam mit anderen die Fläche mit 400 Bäumen.

Vor allem wachsen dort alte Apfelsorten wie Ontario und Prinz Albrecht von Preußen - eine Sorte aus dem 19. Jahrhundert. Das seien robuste Sorten, die früher ohne Pflanzenschutzmittel wachsen und allen Widrigkeiten trotzen mussten, erklärt der Experte. Schafe fungieren auf der Fläche als Rasenmäher.

Kann man mit den Streuobstwiesen Geld verdienen?

Frischobstvermarktung sei kaum möglich, betont Klaffke. Der Arbeitsaufwand und somit die Kosten seien zu hoch. Dafür werde von der Streuobstwiese des BUND Apfelsaft gewonnen, je nach Ernte auch mit leichter Birnenbeimischung. Der Saft werde in der Landesgeschäftsstelle verkauft und der Erlös komme der BUND-Streuobstwiese zugute. Auf den Streuobstwiesen sei auch Totholz erwünscht, es biete Vögeln, aber auch Insekten und Spinnen ein Zuhause.

Die Naturwacht Brandenburg sieht Streuobstwiesen als wichtiges Thema bei der Umweltbildung. In die Pflege von Streuobstwiesen und die Obsternte beziehen die Rangerinnen und Ranger regelmäßig auch Kita- und Schulgruppen mit ein - beispielsweise in Milow im Naturpark Westhavelland oder Boitzenburg im Naturpark Uckermärkische Seen. Mehr als 300 Freiwillige helfen mit bei der Mahd der Wiesen, sagt Sprecher Johannes Müller.

In der Nationalen Biodiversitätsstrategie der Bundesregierung von 2007 wie auch in den Naturschutzzielen 2020 ist das Ziel formuliert, die Fläche der Streuobstwiesen in Deutschland wieder um 10 Prozent auszuweiten.
dpa/bb
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