Lieferten sie einst heimisches Obst zur
Versorgung der Bevölkerung und dienten als Weide fürs
Vieh, sind viele dieser Biotope in den vergangenen Jahrzehnten verfallen oder aufgegeben worden.
Streuobstwiesen gelten in Sachsen daher als «stark gefährdet bis gefährdet», Tendenz negativ, wie das Umweltministerium auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mitteilte. Auf die Situation dieser Biotope und ihre Bedeutung für Mensch und Tier wurde am vorvergangenen Freitag (30. April) europaweit mit dem ersten Tag der
Streuobstwiese aufmerksam gemacht.
«Was Korallenriffe im Meer sind, sind
Streuobstwiesen auf dem Land», erläuterte Veronika Leißner, Geschäftsführerin des Landschaftspflegeverbandes Nordwestsachsen in Eilenburg. «Sie sind wichtige Rückzugsorte für Tiere und Pflanzen. Die Vielfalt auf so einer Wiese ist unglaublich groß.» So sind Totholz und natürliche Baumhöhlen auf solchen
Wiesen wichtig für Vögel und Insekten. Darüber hinaus tragen sie zum Erhalt alter Obstsorten bei. Allein in ihrer Region seien bei Erhebungen mehr als 100 verschiedene Apfelsorten gefunden worden, berichtete Leißner.
Auch sie sieht Streuobstwiesen in der
Landschaft als akut bedroht an. Viele seien für Bebauungen an Ortsrändern gerodet worden oder verwildern. Und der gewerbliche Obstbau setzt auf Plantagen mit kleineren Bäumen.
Eine vollständige Erhebung zu Streuobstwiesen gibt es laut Ministerium nicht. In Sachsen werde ihre Zahl auf 13.300 geschätzt mit einer Fläche von 5.800 Hektar, hieß es. Regionale Schwerpunkte gebe es im Landkreis Meißen und dem Dresdner Elbtal.
Über die Förderung als «Natürliches Erbe» wird den Angaben zufolge versucht, dem Abwärtstrend entgegenzusteuern. So wurden seit 2014 laut Ministerium 684.000 Euro für die Neuanlage von Streuobstwiesen gezahlt und knapp 9.600 Obstbäume gepflanzt; in fast gleicher Höhe wurden Sanierung und Erhalt solcher Wiesen unterstützt.
Zuversichtlich stimme sie, dass sich vermehrt junge Menschen für alte Streuobstwiesen interessierten, sie erwerben und pflegen wollen, sagte Leißner. Hier müssten Besitzer und Interessenten besser zusammengebracht werden. Beim Erhalt dieser Wiesen komme es zudem darauf an, kleine Kreisläufe zu schaffen, um das Obst zu verwerten.
Dabei kommen etwa mobile Pressen ins Spiel, mit denen Saft aus dem Obst gewonnen wird. Wichtig ist laut Leißner auch, traditionelles Wissen über die Pflege von Streuobstwiesen weiterzutragen, wie etwa den Verschnitt und das Veredeln der Bäume.
Auch
Umweltminister Wolfram Günther (Grüne) beobachtet eine Rückbesinnung auf alte Obstsorten. «Die Säfte, Moste, Essige, Liköre und Brände aus der «Streuobstwiese» sind auch in Sachsen Spitzenprodukte und daher auch wirtschaftlich attraktiv», erklärte er. Hier zeige sich, dass
Ökologie und Bewirtschaftung der
Kulturlandschaft sehr gut zusammenpassten. Streuobstwiesen prägten in vielen Gegenden das Landschaftsbild und trügen zur Attraktivität einer Region bei.