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15.01.2022 | 15:05 | Abschußgenehmigung 

Trotz Protesten: Wolf in Oberbayern darf abgeschossen werden

München - Ein Wolf im Chiemgau darf abgeschossen werden: Die Regierung von Oberbayern hat den Abschuss eines Wolfes in der Region aus Gründen der öffentlichen Sicherheit genehmigt.

Abschußgenehmigung
Nach einem Streit zwischen Staatsregierung und Wolfsexperten hat die Regierung von Oberbayern entschieden: Ein Wolf, der in der Nähe von Siedlungen mehrere Tiere gerissen hat, darf getötet werden. Doch das letzte Wort ist nicht gesprochen. (c) proplanta
Das teilte ein Sprecher am Freitag mit. Demnach dürfe das Tier mit dem genetischen Code GW2425m «entnommen» werden, wie es in der Behördensprache heißt. Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber
(CSU) hatte sich für den Abschuss stark gemacht. Fachleute konnten dagegen kein gefährliches Verhalten bei dem Wolf erkennen.

Genanalysen hätten bestätigt, so der Regierungssprecher, dass der Wolf die Verletzung beziehungsweise Tötung mehrerer Schafe, Ziegen und Wildtiere in den Landkreisen Berchtesgadener Land, Traunstein und Rosenheim verursacht habe - und zwar überwiegend in siedlungsnahen Gebieten.

«Man muss ein Raubtier, das übergriffig geworden ist und ganz offensichtlich seine Scheu verloren hat, auch mal entnehmen», sagte Kaniber. «Bei diesem Wolf, der in Südostoberbayern immer näher an die Siedlungen herangekommen ist, war das dringend notwendig.» Der Wolf sei «ein Kulturfolger» und intelligent. «Wenn er lernt, dass es für ihn auf Almen, in Ställen und in Siedlungen Futter gibt, ohne dass er etwas zu befürchten hat, wird er immer dreister.»

Eine Expertenkommission beim Bayerischen Landesamt für Umwelt (LfU) sei zu dem Ergebnis gekommen, dass sich das Tier wiederholt in unmittelbarer Nähe bewohnter Häuser aufgehalten habe und offenbar die Nähe zu Siedlungsstrukturen suche, hieß es in der Mitteilung der Regierung am Freitag. Damit erhöhe sich die Wahrscheinlichkeit von gefährlichen Begegnungen und Konflikten mit Menschen. Mit der Ausnahmegenehmigung soll eine Gefährdung von Menschen vermieden werden.

Einzelheiten und Maßgaben will die Regierung von Oberbayern mit einer Allgemeinverfügung regeln, die voraussichtlich diesen Montag bekannt gegeben werden soll. Auf Nachfrage, wie sichergestellt werden soll, dass der richtige Wolf getötet wird, machte eine Regierungssprecherin zunächst keine Angaben.

Uwe Friedel, Wolfsexperte beim Bund Naturschutz (BN), sagte der Deutschen Presse-Agentur am Freitag: «Wir werden uns den Bescheid anschauen und mit hoher Wahrscheinlichkeit dagegen klagen.» Dem BN nach hat sich der Wolf in Siedlungsnähe begeben, weil er dort Fressen in Form von ungeschützten Ziegen und Schafen fand. Bei einem einzigen Kontakt mit einem Menschen sei der Wolf geflüchtet.

Dem pflichtet Norbert Schäffer, Vorsitzender des Landesbundes für Vogelschutz (LBV), bei. Lediglich in einem von 13 bestätigten Vorfällen mit Wölfen sei es zu einer Begegnung eines Wolfes mit einem Menschen gekommen und der Wolf sei sofort geflüchtet.

Das entspreche normalem Wolfsverhalten und rechtfertige keinen Abschuss. Schäffer verwies auf den Aktionsplan Wolf des LfU, nach dem ein Abschuss dann möglich sei, wenn ein Wolf wiederholt Herdenschutzmaßnahmen überwunden habe, es zu Verlusten bei nicht schützbaren Herden oder zu einer Gefährdung eines Menschen gekommen sei.

Tierhalter in Bayern können für den Schutz von Herden - durch einen Elektrozaun oder einen Herdenschutzhund - Fördermittel beantragen. Zudem ist es möglich, dass Nutztierhalter Schäden durch Wolf, Bär oder Luchs über den «Ausgleichsfonds Große Beutegreifer» ersetzt bekommen. Laut LfU leben in Deutschland seit 1996 wieder Wölfe. Es sei kein Angriff auf Menschen bekannt. In der Regel reagierten Wölfe beim Anblick von Menschen vorsichtig und zögen sich zurück.

Bayerns Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) hält die Entscheidung zum Abschuss dennoch für richtig: «Die öffentliche Sicherheit ist ein hohes Gut. Wenn ein Wolf wiederholt in Siedlungsnähe agiert, können die Behörden nicht tatenlos zuschauen», sagte er. «Der Schutz der Menschen muss immer Vorrang haben.»
dpa/lby
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