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07.01.2010 | 21:50 | Winterwetter  

Weiße Pracht legt halb Europa lahm - neues Ungemach droht

Hamburg - Klirrende Kälte und Schnee haben halb Europa lahmgelegt.

Schneechaos
(c) proplanta
In England fielen die Temperaturen in der Nacht zu Donnerstag auf bis zu minus 18 Grad. In Frankreich wurde in einem Drittel aller Départements vor Schnee und Eis gewarnt. In Deutschland gab es Zwangspausen für Binnenschiffer, schulfrei für Kinder und Ausgangssperren für Zootiere. Weiteres Unheil rückt näher: Tief «Daisy» zieht mit Schnee und eisigem Sturm vom Mittelmeer nach Polen - und erwischt dabei auch Deutschland.

Üble Folgen hatte der Frost für zwei Autofahrer in Rheinland-Pfalz: Von Lastern rutschende Eisplatten krachten durch die Frontscheiben ihrer Wagen, teilte die Polizei mit. Beide Männer wurden leicht verletzt. Ein skurriles Frostproblem gab es auf der A 2 bei Magdeburg: 25 Tonnen Erbsenpüree waren dort am Mittwoch aus einem Silolaster geklatscht und auf 200 Metern Länge festgefroren.


20 Zentimeter Neuschnee

Bis zum Sonntag können örtlich bis zu 20 Zentimeter Neuschnee fallen Die größten Probleme werde der starke Wind bereiten, der örtlich zu starken Schneeverwehungen führen könne, sagte Meteorologe Martin Jonas vom Deutschen Wetterdienst (DWD) in Offenbach. Der Frost soll mindestens bis Mitte der kommenden Woche andauern. Vor allem in Norddeutschland behindert die Kälte weiter die Binnenschifffahrt. Der Elbe-Lübeck-Kanal blieb am Donnerstag auf rund 60 Kilometern gesperrt, teilte das Wasser- und Schifffahrtsamt in Lauenburg mit. Am künftigen Großflughafen Berlin Brandenburg International (BBI) wurden die Bauarbeiten teilweise unterbrochen. Erdarbeiten seien nicht möglich, sagte der Sprecher der Hauptstadt- Flughäfen, Leif Erichsen. Auf den bestehenden Flughäfen wurden die Dienstpläne umgestellt, damit möglichst viele Leute zum Räumen der Start- und Landebahnen da sind. Enteisungsmittel sei genug vorhanden, hieß es. Beim derzeitigen Wetter würden pro Tag bis zu 100.000 Liter davon verbraucht.


Schulfrei für Kinder, Tee für Affen

Im Kreis Verden in Niedersachsen fiel gleich am ersten Tag nach den Weihnachtsferien die Schule aus. Das Streusalz sei ausgegangen, ein Durchkommen für die Schulbusse deshalb schwierig, erklärte die Kreisverwaltung. Auch viele Zootiere blieben «zuhause»: Giraffen hatten in den meisten Zoos und Tierparks ganztägige Ausgangssperre - aus Sorge, die Tiere könnten auf dem Eis ausrutschen und sich verletzen. Affen wurde warmer Tee gereicht, Elefanten bekamen die Ohren mit schützendem Fett eingeschmiert.

Mehr draußen als sonst waren dagegen viele Feuerwehrleute. Bundesweit häuften sich die Einsätze, sagte eine Sprecherin des Deutschen Feuerwehrverbandes in Berlin. Es gebe viele Unfälle, Wasserrohrbrüche und ausgerutschte Passanten. Allein im Unfallkrankenhaus Berlin (UKB) komme derzeit etwa die Hälfte der rund 140 Notfallpatienten pro Tag mit Sturzverletzungen in die Rettungsstelle, sagte Oberarzt Kai Dragowsky. «Einerseits haben die Leute sich schon an das Wetter gewöhnt und sind vorsichtiger. Andererseits müssen viele Ältere, die bisher in den Wohnungen geblieben sind, auch irgendwann wieder raus und einkaufen gehen.»

Großbritannien hatte das Schneechaos gerade überwunden, nun hält bittere Kälte das Land im Griff. Der Billigflieger Easyjet strich etwa 70 Flüge. Auch British Airways kündigte Verspätungen und Ausfälle an. Hunderte Schulen blieben zu. Für 20.000 Menschen in der südenglischen Grafschaft Hampshire fiel der Strom aus.


Schon wieder steckte ein Eurostar fest

In Frankreich dringe der Winter vom Westen immer weiter ins Landesinnere und nach Süden vor, teilte der Wetterdienst mit. In mehreren Départements durften weder Lastwagen noch Schulbusse fahren. Der Pariser Flughafen Orly war vorübergehend geschlossen. Am Morgen blieb knapp drei Wochen nach dem Eurostar-Chaos erneut ein Hochgeschwindigkeitszug im Tunnel unter dem Ärmelkanal liegen. Der Zug mit knapp 240 Passagieren sei in den Bahnhof Ashford nach England geschleppt worden, sagte ein Sprecher. Die Ursache der Panne war zunächst unklar, es kam zu Verspätungen und Ausfällen.

Selbst in Spanien behinderten Schnee und Eisglätte vielfach den Verkehr. In der Nordhälfte wurden Landstraßen und Bergpässe gesperrt. Auch in der Hauptstadt Madrid schneite es. Im Süden setzten heftige Regenfälle Straßen, Keller und Tiefgaragen unter Wasser.

Im Norden Albaniens sorgte eine ungewöhnlich frühe Schneeschmelze in den ohnehin überfluteten Gebieten für zusätzliche Probleme. Rettungsmannschaften mussten tausende Familien aus überschwemmten Häusern retten. Aus Bulgarien wurden nach dem Schneechaos vom Dienstag frühlingshafte Temperaturen um 17 Grad gemeldet.

Den wärmeverwöhnten Menschen im US-Bundesstaat Florida machten bereits Temperaturen um den Nullpunkt zu schaffen. «Viele Menschen im Süden Floridas mussten sich erst mal einen Wintermantel, Mütze und Handschuhe kaufen«, schrieb die Zeitung «The Miami Herald». Die Zitrus- und Gemüseernte sei in Gefahr. Im Süden Floridas herrschen in dieser Jahreszeit sonst Temperaturen zwischen 15 und 20 Grad.

Strom wird rationiert

Schlimm erwischte der Winter auch Teile Asiens: In China wurde nach Rekordschneefällen und den niedrigsten Temperaturen seit Jahrzehnten in großen Teilen des Landes der Strom für Betriebe und öffentliche Gebäude rationiert. Der Stromverbrauch war wegen der Kälte rasant angestiegen. Die Vorräte in den staatlichen Kohlelagern schwinden zusehends, berichteten chinesische Medien. In der nordwestchinesischen Region Xinjiang steckten 400 Reisende in ihren Autos mehr als einen Tag lang auf einer Fernstraße fest.

Zumindest in einem Fall rettet der Schnee aber auch ein Leben: Eine Frau überlebte den Sturz aus dem 16. Stock eines Pekinger Hochhauses - weil sie auf einer dicken Schneedecke landete. Sie hatte auf ihrem Balkon Wäsche ausgeschüttelt und war in die Tiefe gestürzt. (dpa)
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