Nach Angaben des Naturschutzbundes (Nabu) wurden Mitte der 1990er Jahre 60.000 bis 80.000 Brutpaare kartiert. Aktuell werde der Bestand noch auf 11.500 bis 15.000 Brutpaare geschätzt.
«Grund ist vermutlich der Rückgang geeigneter Lebensräume», sagte Nabu-Mitarbeiter Ulf Bähker am Mittwoch. Nach der Wende habe der Stieglitz oder Distelfink von den landwirtschaftlichen Stilllegungsflächen profitiert, denn er ernährt sich von den Samen von Wildblumen, Gräsern und Bäumen. Bunte Landschaften mit ausreichend Nahrung gebe es jedoch immer weniger.
Laut Nabu gingen seit 1994 in der deutschen Landwirtschaft fast 90 Prozent aller Brachflächen mit ihrer
Artenvielfalt verloren. Auch Feld- und Wegränder mit Blumen und Wildkräutern gebe es immer weniger. Im Siedlungsraum würden wildblumenreiche Brachflächen verschwinden, öffentliches und privates Grün werde zu intensiv gepflegt, Unkräuter weggespritzt.
Der Nabu forderte eine Reform der bestehenden EU-Agrarverordnungen und -Förderinstrumente, um den Verlust landwirtschaftlicher Brachflächen zu stoppen. In Städten und Gemeinden sollte es mehr Wildnis am Straßenrand und auf Grünflächen geben. Gärtner könnten dem Stieglitz durch Blühflächen mit heimischen Wildkräutern sowie Obstbäumen und den Verzicht auf Pestizide helfen.
Knapp 60 Prozent der Stieglitze leben in Siedlungsräumen, 40 Prozent in der Agrarlandschaft. Offizielle Schätzungen gehen von 305.000 bis 520.000 Brutpaaren in Deutschland aus, etwa halb so vielen wie 1990.