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08.12.2009 | 07:44 | Schwarzwild  

Wildschweine im Schlaraffenland

Bonn - Wildschweinbesuche in Städten sind in diesem Herbst selten.

Wildschweine im Schlaraffenland
Hatten sich vor einem Jahr noch gefährliche Begegnungen auf Straßen oder in Grünanlagen gehäuft, lassen sich die Tiere nun kaum noch blicken. Auch am südlichen Frankfurter Stadtrand, im vergangenen Jahr beliebtes Ziel von Wildschweinfamilien, herrscht nach Auskunft der Polizei Ruhe. Der Grund ist nicht nur der enorme Jagderfolg der vergangenen Saison, als in Hessen 78.000 und bundesweit 640.000 Tiere erlegt wurden, sondern vor allem das üppige Nahrungsangebot in der Natur. Die Wälder sind in diesem Herbst ein Schlaraffenland für Wildschweine: Eichen und Buchen tragen überreichlich Früchte, die Tiere brauchen nicht umherzuwandern. Im Wald gibt es außerdem genug Verstecke, so dass die Schweine auch dort kaum zu beobachten sind.

Vier bis sechs Tonnen Eicheln pro Hektar liegen nach Berechnungen von Fachleuten im Wald, auch Bucheckern gibt es reichlich - beides fressen Wildschweine für ihr Leben gern. Die sogenannte Vollmast der Waldbäume hat mehrere Gründe: 2008 sei ein warmes Jahr gewesen, und alle Baumarten hätten reichlich Blüten gebildet, sagen Fachleute der hessische Samendarre beim Forstamt Hanau, wo Forst-Saatgut geerntet und aufgearbeitet wird. Als die Früchte sich entwickelten, habe es sehr wenig geregnet. Der Trockenstress sei das Signal für die Bäume gewesen, möglichst viele Früchte durchzubringen. «Insbesondere die Buchen haben in diesem Jahr vorzeitig die Blätter abgeworfen und sich statt für Photosynthese für die Ausbildung der Früchte entschieden. Dies ist eine Überlebensstrategie in der Natur», erklären die Experten.

Der Deutsche Jagdschutzverband erwartet, dass die Wildschweine für den Winter genug Fettreserven bilden können und sich weiterhin stark vermehren. Im nächsten Jahr werde ihre Zahl wieder kräftig steigen. Die hessische Landesregierung appelliert deshalb an die Jäger, Wildschweine weiter intensiv zu bejagen. Zwar seien im vergangenen Jahr so viele Schwarzkittel erlegt worden wie nie zuvor und sogar mehr als in zehn Jahren von 1970 bis 1980, aber die Population sei immer noch zu groß, sagt Umwelt-Staatssekretär Mark Weinmeister (CDU).

Das Umweltministerium sieht nach wie vor eine akute Gefahr, dass die Schweinepest auch Hessen erreicht. «Die Nachweise sind bedrohlich nahe an die hessische Landesgrenze herangekommen», warnt Weinmeister. Anfang des Jahres war die Krankheit bei Wildschweinen in Rheinland- Pfalz und Nordrhein-Westfalen aufgetreten. Die Viruskrankheit, die nichts mit der Schweinegrippe zu tun hat, ist für Menschen zwar ungefährlich, aber unter Schweinen extrem ansteckend. Haus- und Wildschweine sind gleichermaßen gefährdet und können sich auch gegenseitig anstecken – etwa wenn Wildschweine Schlachtabfälle fressen oder in die Nähe von Hausschweinen kommen.

In zehn hessischen Landkreisen entlang der Landesgrenzen im Westen werden seit Beginn dieses Jahres alle erlegten oder tot gefundenen Wildschweine untersucht. Sämtliche 8554 Proben seien bisher negativ gewesen, berichtet das Umweltministerium. Allerdings sei bei einigen Tieren das Impfvirus aus Rheinland-Pfalz nachgewiesen worden, wo Impfköder ausgelegt worden waren. Dies zeige, dass Wildschweine ausgedehnte Wanderungen unternehmen, und wie real die Gefahr der Einschleppung der Krankheit nach Hessen sei.

Die Jagd auf Wildschweine ist schwierig: Die anpassungsfähigen Tiere sind extrem wachsam und zeigen sich bei Tageslicht kaum. Als Verstecke nutzen sie Maisfelder, Gebüsch und dicht mit Farn bewachsene Flächen im Wald, manchmal direkt neben Wanderwegen. Auch von Spaziergängern, die wenige Meter an ihnen vorbeigehen, lassen sie sich nicht aufscheuchen. Regungslos verharren sie, bis die Gefahr vorbei ist. Die meisten Waldbesucher bekommen sie nie zu Gesicht. Viele Stunden müssen Jäger auf Hochsitzen verbringen, bis sie ein Wildschwein sehen und erlegen können. Mehr Erfolg versprechen nach Ansicht des Jagdschutzverbandes und der Landesregierung gemeinschaftliche Jagden im Wald, bei denen die Tiere tagsüber von Treibern mit Hunden beunruhigt werden, so dass sie ihre Verstecke verlassen und wartenden Jägern vor die Büchsen laufen. (djv)
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