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12.05.2013 | 16:17 | Wildtierpopulation 

Wildtierzählung ist gar nicht so einfach

Osthofen / Trippstadt - Gleichmäßig schaukelt der Pick-up den Grasweg entlang durch die rheinhessische Nacht. Die Jäger Robert Ackermann und Christoph Hildebrandt halten große Scheinwerfer aus den Seitenfenstern, leuchten Felder und Äcker ab.

Wildtierpopulation
(c) proplanta
«Ein Hase auf Wintergetreide. Und noch einer auf dem Acker», murmelt einer. Geschossen wird allerdings nicht auf die Langohren - sie werden nur gezählt. Das geht mit Hasen vergleichsweise leicht, da sie auf offenen Flächen leben und im Lichtkegel für geübte Augen gut zu sehen sind. Auch mehrere Rehe, viele Kaninchen und ein Fuchs huschen durchs Scheinwerferlicht und bekommen einen Strich im Erfassungsbogen.

Anderen Wildtieren ist schwieriger auf die Spur zu kommen, vor allem, wenn sie meist verborgen im Wald leben. Als Hinweis auf die Populationsgröße dienen vielfach die Jagdstrecke, also die Zahl der geschossenen Tiere, oder Wildunfallstatistiken. Ulf Hohmann von der Forschungsanstalt für Waldökologie und Forstwirtschaft im pfälzischen Trippstadt gibt jedoch zu Bedenken: «Jagd ist nicht immer konstant und oftmals selektiv». Zudem seien die Unfallzahlen nicht nur von der Wilddichte abhängig, sondern auch vom Verkehrsaufkommen.

Hohmann hat unter anderem Rotwild von der Luft aus zählen lassen. Die Methode liefere gute Daten, habe jedoch einige Nachteile, sagt der Wildbiologe. Beispielsweise eigne sie sich nur für Tiere ab einer bestimmten Größe wie Rotwild gut, das kleine Reh wird hingegen auch mit der besten Kameratechnik ungenügend erfasst. Nachts seien die Flüge meist zu gefährlich.

«Wildschweine und Rehe haben Wildbiologen die meisten Probleme bereitet. Sie sind sehr schwer zu zählen, weil sie sehr versteckt leben», erklärt Hohmann. Aber der Experte hat es nach eigenen Worten vor kurzem mit einer weiteren Zählmethode geschafft «diese Nuss zu knacken». Grundlage ist der Kot der Tiere, der gesammelt und über genetische Methoden bestimmten Individuen zugeordnet wird.

Mit Hilfe von Wahrscheinlichkeitsrechnung lasse sich dann die Größe der Population bestimmen, sagt der Biologe. «Bei Wildschweinen funktioniert dies nicht ganz so gut wie bei Rehen, weil sie weniger Kot absetzen. Aber dennoch ist es für Schwarzwild die derzeit beste Zählmethode», sagt Hohmann.

Warum ist es überhaupt so wichtig, über die Anzahl der Wildtiere Bescheid zu wissen? «Vor allem die großen Pflanzenfresser können in Forst und Landwirtschaft erhebliche Schäden anrichten», erklärt der Wildbiologe.

In Rheinland-Pfalz habe man in der Vergangenheit die Erfahrung gemacht, dass sich an den Schäden auch mit erhöhten Abschussraten nichts ändere. Der Experte erklärt sich das so: «Die Bestände wurden oftmals unterschätzt.» Als Beispiel nennt er ein Experiment aus den 1950er Jahren in Dänemark, bei dem in einem bestimmten Gebiet die Zahl der Rehe erst geschätzt wurde - anschließend wurden alle geschossen. «Man ging von rund 70 Tieren aus. Als mehr als 213 Rehe geschossen waren, wurde das Experiment abgebrochen.»

Auch der Leiter der rheinland-pfälzischen Landesjagdschule, Hildebrandt, betont, wie wichtig Zählen ist. «Wir wollen wissen, wie gut es unseren Tieren in der Umwelt geht», sagt er. Nur mit möglichst exakten Informationen über die Bestände könnten etwa Hasen gejagt werden, ohne die Populationen zu gefährden. Dafür machen sich jedes Frühjahr und jeden Herbst bundesweit Jäger mit Leuchte und Notizblock bewaffnet auf die Spur der Langohren.

Auch Rebhühner und Fasane werden laut Hildebrandt von den Jägern gezählt, meist bei den täglichen Revierfahrten. Unter anderem lauschen die Wildexperten auf die Rufe der Vögel. Bei Wildschweinen lasse sich zumindest der Mindestbestand erfassen. Dazu werde das Schwarzwild mit Mais an mehrere Futterstellen gelockt und zeitgleich gezählt. Und welchem Tier ist besonders schwer auf die Schliche zu kommen? «Dem Iltis», sagt Hildebrandt. «Er ist ausgesprochen nachtaktiv und sehr heimlich in seinen Lebensräumen unterwegs.» (dpa)
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