Bei einer Anhörung im Umweltausschuss des bayerischen Landtags am Freitag sprachen sich die Fachleute mehrheitlich für Nachbesserungen im Gesetzentwurf der Staatsregierung aus. Konkret gelte dies für die im Gesetz bisher zu vage formulierten Ziele zur Einsparung bei klimaschädlichen
Emissionen. Hier würden sich etwa auch die Kommunen klare Vorgaben für ihr Handeln wünschen, sagte Ingrid Kögel-Knabner von der Technischen Universität München. Grundsätzlich lobten alle Experten aber auch, dass Bayern nun ein eigenes Klimaschutzgesetz anstrebe.
Jürgen Landgrebe, Leiter der Deutschen Emissionshandelsstelle beim Umweltbundesamt, schlug vor, nicht nur Pro-Kopf-Emissionsziele zu verankern, sondern auch absolute Angaben im Vergleich zum Referenzjahr 1990. Zudem seien Pläne zur Kompensation von Emissionen wichtig, die zunächst nicht eingespart werden könnten.
Auch Christian Maaß, Geschäftsführer der Hamburg Institut Consulting GmbH, betonte, dass
Klimaschutzgesetze mehr als nur Symbolpolitik sein müssten. Jedes Land müsse in Ergänzung zum Bundesgesetz konkrete Ziele definieren. Darin solle etwa stehen, wie viel Fläche für den notwendigen Ausbau erneuerbarer Energien bereit gestellt werde.
Bei der Überwachung der praktischen Erfolge des Gesetzes sei es wichtig, dass diese Bewertung der Entwicklung unabhängig erfolge, so wie es auch in Klimaschutzgesetzen anderer Länder geregelt sei, sagte Stephan Sina vom Ecologic Institute in Berlin. Ohne ein Monitoring sei ein Nachsteuern nicht machbar.
«Die Politik der kleinen Schritte reicht nicht mehr aus», sagte Martin Geilhufe vom Bund Naturschutz in Bayern. Faktisch sei die Menge der in Bayern ausgestoßenen Emissionen trotz aller Bekundungen in den vergangenen Jahren gestiegen. Derzeit steuere die Politik mit ihren Maßnahmen eher auf eine Erhöhung der
Erderwärmung von 4 oder 5 Grad zu und nicht auf die angestrebten maximal 1,5 Grad.
Der Verband der bayerischen Wirtschaft warnte den Landtag dagegen vor zu ambitionierten Zielen, diese dürften nicht über die des Bundes und der EU hinausgehen. Zudem drohe eine zu schnelle Transformation hin zu einer klimaneutralen Gesellschaft Unternehmen zu gefährden, sagte Christine Völzow. Um die Umstellung realisieren zu können, müssten die Unternehmen zudem mehr Hilfen erhalten.
Explizit kritisierte der frühere Inhaber des Lehrstuhls für Thermische Verfahrenstechnik an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Wolfgang Arlt, die Position der AfD, wonach der Klimawandel nicht vom Menschen beeinflusst werden könne.
Der Gesetzentwurf der schwarz-orangen Koalition sieht vor, ohne jegliche Verbote, aber mit einer Vielzahl von freiwilligen Anreizen im Freistaat bis 2050 vollständige
Klimaneutralität zu erreichen. Die CO2-Emissionen sollen bis 2030 von derzeit sieben auf unter fünf Tonnen pro Kopf und Jahr sinken. Für die Staatsverwaltung wird bis 2030 die Klimaneutralität angepeilt. Die Oppositionsfraktionen im Landtag haben den Entwurf wiederholt kritisiert. «Das ist nur politische Homöopathie und bringt den Klimaschutz im Freistaat nicht weiter», sagte Florian von Brunn (SPD).
Für Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) ist das vorgelegte Gesetz dagegen «ein klares Signal. Wir haben ambitionierte Klimaziele. Klimaschutz findet nicht im Aktenschrank statt», sagte er der Deutschen Presse-Agentur in München. Maßgeblich sei, dass Klimaschutz erfolgreich gelebt werde. «Wir setzen deshalb eine Klimaschutzoffensive mit rund 100 konkreten Maßnahmen um. Das bezieht alle Bereiche ein: von Wäldern, Mooren und Wasser über Innovationen, Energie und Mobilität.» Der Klimaschutz biete große Chancen für den Neustart der Wirtschaft. «Eine soziale und nachhaltige Marktwirtschaft ist die Zukunft.»