Jüngstes Beispiel: Am Mittwochabend lenkte die Regierung in der Stadt Luoding in der südchinesischen Provinz Guangdong ein und stoppte eine geplante Müllverbrennungsanlage. Zuvor waren tausende Bürger aus Protest gegen das Projekt auf die Straße gegangen.
Die Stadtregierung betonte zwar, die Anlage entspreche allen nationalen Vorgaben. Trotzdem habe man sich wegen «Forderungen aus der Öffentlichkeit» dazu entschlossen, das Projekt zu stoppen.
Gleichzeitig kündigte das Umweltministerium an, den Bau einer umstrittenen Talsperre am Yangtze-Fluss wegen Umweltbedenken zu stoppen. Der mittlerweile für Korruption verurteilte Spitzenfunktionär Bo Xilai hatte das Vorhaben vor sechs Jahren angestoßen. Und auch in der Inneren Mongolei im Norden Chinas war die Produktion in einer Raffinerie-Zone nach Protesten gestoppt worden.
Umweltverschmutzung treibt die Menschen in China auf die Straßen. Das Umweltministerium registrierte im Jahr 2013 insgesamt 712 Fälle «plötzlicher Umweltereignisse» womit unter anderem Proteste umschrieben werden. Das waren 31 Prozent mehr als im Vorjahr.
Erst diese Wochen haben Umweltaktivisten durch die Explosion in einer Chemiefabrik neuen Zulauf erhalten. In der Fabrik in Zhangzhou im Südwesten Chinas wurde der Stoff Paraxylol (PX) verarbeitet. PX ist brennbar und wird in der Herstellung von Polyester sowie Plastik verwendet. Zwischenzeitig rief die Feuerwehr Giftalarm für die Anwohner aus, weil nicht klar war, wie viel von dem brennbaren und möglicherweise krebserregenden Stoff ausgetreten war.
Das Unglück in Zhangzhou bestätigte die schlimmsten Befürchtungen der Umweltaktivisten. Sie hatten seit Jahren gegen PX-Fabriken protestiert. «Kommunen und Gemeinden müssen sich anstrengen, um das Vertrauen der Öffentlichkeit zurückzugewinnen», teilte
Greenpeace auf Anfrage mit. Die Behörden sollten nicht nur den Interessen von Unternehmen sondern auch den berechtigten Anliegen der Bevölkerung Beachtung schenken.
Seit Chinas Ministerpräsident Li Keqiang im vergangenen Jahr einen «Kampf gegen Umweltverschmutzung» ausgerufen hat, setzten sich immer mehr Behörden mit dem Thema auseinander. Nach dreijähriger Beratung war vergangenes Jahr erstmals seit 1989 das Umweltschutzgesetz verschärft worden. Statt einmaliger Strafen dürfen Behörden künftig Unternehmen für jeden Tag Zahlungen aufbrummen, den sie gegen die Umweltvorgaben verstoßen. Das neue Gesetz ist seit Jahresanfang in Kraft. Noch hat das Umweltministerium keine Zahlen über Strafen in diesem Jahr veröffentlicht.
Umweltminister Chen Jining kündigte jedoch vergangenen Monat an, alles zu unternehmen, damit das neue Gesetz wirksam umgesetzt wird. «Wir nehmen die Sorgen in der Bevölkerung ernst», sagte Chen. «Wir werden handeln, und nicht tatenlos bei Verstößen zusehen», versprach er. (dpa)