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22.07.2020 | 06:34 | Diesel-Besitzer 

Abgasskandal: Vielfahrer haben schlechte Chancen auf Schadenersatz

Karlsruhe - Im Dieselskandal schuldet VW getäuschten Autokäufern grundsätzlich Schadenersatz - Vielfahrer gehen aber wahrscheinlich leer aus.

Volkswagen
Das Grundsatz-Urteil im Mai brachte den Durchbruch für Zehntausende Dieselkläger: VW muss für seine Abgas-Trickserei geradestehen und getäuschte Kunden entschädigen. Nun zeichnen sich in Karlsruhe die nächsten Weichenstellungen ab - diesmal zugunsten des Autobauers. (c) proplanta
Das zeichnete sich am Dienstag in einer Verhandlung des Bundesgerichtshofs (BGH) in Karlsruhe ab. Wer so viele Kilometer zurückgelegt hat, dass die geschätzte Laufleistung des Autos überschritten ist, hat seine Ansprüche gegen Volkswagen nach Einschätzung der Richter vollständig aufgezehrt. Das Urteil soll in den nächsten Tagen bis Wochen verkündet werden.

Ein wichtiger Streitpunkt ist außerdem, ob VW bei Schadenersatzzahlungen wegen des Dieselskandals auf den zu erstattenden Kaufpreis des Autos noch Zinsen zahlen muss. Dabei gehe es wegen der großen Zahl der Verfahren um sehr viel Geld, sagte der BGH-Anwalt des Wolfsburger Autobauers, Reiner Hall. Auch diese Frage scheinen die Richter zugunsten von VW entscheiden zu wollen.

Die großen Linien sind mit dem ersten Karlsruher Dieselurteil vom 25. Mai aber vorgegeben. Danach war der Einsatz illegaler Abgastechnik in Millionen Dieselfahrzeugen sittenwidrig.

Höchstrichterlich festgestellt ist auch, dass den Käufern dadurch ein Schaden entstanden ist. Autobesitzer, die noch mit VW vor Gericht streiten, können ihren Wagen zurückgeben und das Geld dafür einfordern. Mit einer Einschränkung: Auf den gezahlten Kaufpreis müssen sie sich die zurückgelegten Kilometer anrechnen lassen.

Dieser sogenannte Nutzungsersatz spielt auch in dem neuen Fall eine zentrale Rolle. Der Kläger hatte seinen VW Passat 2014 mit rund 57.000 Kilometern auf dem Tacho gekauft. Inzwischen ist das Auto rund 255.000 Kilometer gefahren. Das Oberlandesgericht (OLG) Braunschweig hatte angenommen, dass ein durchschnittlicher Passat lediglich 250.000 Kilometer schafft. Der Mann habe das Auto sozusagen zu Ende genutzt, etwaige Ansprüche gegen den Volkswagen-Konzern hätten sich damit erledigt.

Daran gebe es nichts zu beanstanden, sagte der Vorsitzende BGH-Richter Stephan Seiters nach ersten Beratungen des Senats. Der finanzielle Schaden sei durch die Nutzung vollständig ausgeglichen.

Der Mann fordert den vollen Kaufpreis von 23.750 Euro zurück, plus Zinsen seit 2014. Seiters äußerte sich deshalb auch zur Verzinsung - und machte Dieselklägern wenig Hoffnung: Die Richter sehen darin tendenziell eine «nicht gerechtfertigte Überkompensation». Es sei zu vermuten, dass der Kläger das Geld sonst in ein anderes Auto gesteckt hätte. Weg wäre es also so oder so gewesen. (Az. VI ZR 354/19)

Die Richter verhandelten auch den Fall eines zweiten Klägers, der am OLG Braunschweig leer ausgegangen war. Er hatte sich nach Auffliegen des Dieselskandals im Herbst 2015 das angebotene Software-Update aufspielen lassen. Für die OLG-Richter war damit der Schaden beseitigt. Nach dem BGH-Urteil von Mai ist aber der entscheidende Punkt, dass der Kläger das Auto wohl nie gekauft hätte, wenn er von den Manipulationen gewusst hätte. Dieser Fall wird deshalb in Braunschweig noch einmal verhandelt werden müssen. (Az. VI 367/19)

Grundsätzlich helfen die Urteile aus Karlsruhe nur noch denjenigen Diesel-Besitzern, die VW verklagt haben und deren Verfahren noch läuft. Das sind ungefähr 60.000 Fälle. Rund 50.000 davon sind laut VW ähnlich gelagert wie der im Mai entschiedene Muster-Fall.

Diese Prozesse will der Konzern nicht mehr weiterführen und den Klägern stattdessen Einmalzahlungen anbieten. Das sei «die beste Lösung, um Verfahren nicht unnötig in die Länge zu ziehen», bekräftigte VW am Dienstag. Die Summe hänge vom Einzelfall ab.
dpa
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