Es geht um die Sicherung der Ernährung einer wachsenden Weltbevölkerung - mehr als neun Milliarden Menschen werden es 2050 voraussichtlich sein.
Liam Condon, Vorstandschef der Bayer CropScience, spricht von einer der größten Herausforderungen, vor denen die Welt steht: Bodenversalzungen in Reisanbaugebieten in Asien, eine wachsende Produktivitätslücke beim Weizen oder Ernteausfälle durch Erkrankungen von Pflanzen oder Schädlingsbefall seien Beispiele für die Bedrohung der Ernährungssicherheit. Landwirtschaftliche Innovationen aus den Labors des Bayer-Konzerns sollen helfen, die Lücken zu schließen.
Rund eine Milliarde Euro werde das Unternehmen künftig in die Forschung- und Entwicklung von chemischen und biologischen Pflanzenschutzmitteln und in ertragreicheres Saatgut pumpen, kündigte Condon am Mittwoch in Monheim an. Denn der Konzern möchte vom anstehenden Wachstum in dem Bereich profitieren.
Bis zum Jahr 2020, schätzt der Chef des Bayer-Teilkonzerns, werde der Weltmarkt für Pflanzeschutzmittel und Saatgut auf 100 Milliarden Euro anwachsen. 2008 war es gerade einmal die Hälfte.
Ein Schwerpunkt: Die Entwicklung neuer Reissorten, die doppelt so tolerant sind gegenüber Versalzung wie andere, zur Zeit erhältliche Sorten. Ab 2020 erwarte
Bayer CropScience Weizen-Mischsorten mit besseren Ertragseigenschaften. Und Orangenbäume sollen mit neuen kombinierten chemischen und biologischen Lösungen vor Krankheiten geschützt werden.
Mit seiner Agrarsparte gehört Bayer heute neben
Syngenta aus der Schweiz,
Monsanto aus den USA und
BASF zu den führenden Anbietern von Saatgut und Pflanzenschutzmitteln. Erst vor gut zehn Jahren waren die Leverkusener mit dem milliardenschweren Zukauf von Aventis CropScience in der Agrarchemie in die Weltspitze vorgestoßen. Im vergangenen Jahr setzte der Teilkonzern 8,8 Milliarden Euro um, davon entfiel mit 8,1 Milliarden Euro der Löwenanteil auf
Pflanzenschutz und Saatgut.
Auch der Industrieverband Agrar (IVA) ist davon überzeugt, dass der deutsche und internationale Pflanzenschutzmarkt langfristig ein Wachstumsmarkt bleiben wird. Doch Kritiker warnen angesichts einer von ihnen beobachteten zunehmenden «Chemiesierung» der
Agrarwirtschaft vor ökologischen und gesundheitlichen Schäden. Sie glauben, der Einsatz von giftigen Pestiziden wie Glyphosat oder Glufosinat sei unverantwortlich.
Einer von ihnen ist Philipp Mimkes von der Initiative Coordination gegen Bayer-Gefahren. Er spricht von einem Irrweg und einem Teufelskreis, den die großen Hersteller von Agrochemikalien hätten. Er beobachtet eine Zunahme des Einsatzes von giftigen Pflanzenschutzmitteln in Schwellen- und Entwicklungsländern - für ihn eine gefährliche Entwicklung.
Der Einsatz von Pestiziden führe am Ende zu mehr Resistenzen von Unkräutern, die nur mit noch mehr Chemikalien bekämpft werden müssten - ein Teufelskreis. Das gelte auch für genmanipuliertes Saatgut, das neue herbizidresistente Wildkräuter entstehen lasse. Die Alternative sei eine Umstellung auf den ökologischen Anbau, fordert Mimkes.
Dass die Hersteller von Pflanzenschutzmitteln in der Öffentlichkeit besonders unter Beobachtung stehen, ist auch CropScience-Chef Condon bewusst. Voraussetzung für erfolgreiche landwirtschaftliche Innovationen sei, dass die Vorteile der Lösungen für die Gesellschaft besser verdeutlicht werden. Condon: «Wir brauchen mehr Dialog und keinen Monolog». (dpa)