Insolvenzverwalter Dietmar Penzlin will ihnen zwei Alternativen zur Abstimmung vorlegen: Das Kaufangebot des Energiekonzerns
EnBW über 550 Millionen Euro und ein Genossenschaftsmodell. Bis zur entscheidenden Versammlung versuchen die Kontrahenten, ihre Truppen zu sammeln und eine Mehrheit für ihr jeweiliges Modell zu gewinnen.
«EnBW ist für uns natürlich der Goliath», sagt Rainer Doemen vom Verein «Die Freunde von Prokon». Rund 10.500 von insgesamt 75.000 Anlegern haben sich hier zusammengefunden, die weiter auf Windkraft, erneuerbare Energien und das ökologische Projekt setzen, das mit dem Namen Prokon verknüpft war. «Wir sehen in der Genossenschaft aber auch wirtschaftlich die attraktivere Alternative gegenüber dem Verkauf an EnBW», meint Doemen. Als Genossen könnten die Anleger langfristig von den Erträgen eines gesunden und zukunftsfähigen Unternehmens profitieren. Das Angebot von EnBW sei deutlich zu niedrig.
Das sieht man in Karlsruhe am Hauptsitz des Konzerns natürlich ganz anders. «Der Markt verändert sich, und der Wettbewerb wird sich deutlich verschärfen», schrieb EnBW-Chef Frank Mastiaux an die Prokon-Anleger. «Neben Erfahrung im Windgeschäft werden künftig energiewirtschaftliches Know-how und Finanzkraft wesentliche Erfolgsfaktoren sein. Beides bringt die EnBW mit.» Mastiaux und sein Finanzchef Thomas Kusterer betonen immer wieder, dass die Anleger sofort eine Zahlung erhalten würden, mit der Genossenschaftslösung aber ein unternehmerisches Risiko verbunden sei. Für die Beschäftigten und die Geschäftspartner von Prokon sei der Verkauf an EnBW deshalb die bessere, weil sichere Lösung.
Mastiaux will sich die 54 Prokon-Windparks mit 318 Windkraftwerken und insgesamt 537 Megawatt Leistung unbedingt einverleiben. Der geplante Umbau des Konzerns hin zu den erneuerbaren Energien würde dadurch stark beschleunigt. Bislang hat EnBW an Land in Deutschland erst 200 Megawatt
Windenergie installiert; bis 2020 sollen es 2.000 Megawatt sein. Um die Anleger zu überzeugen, setzt EnBW auf großformatige Anzeigen in Tageszeitungen, eine Medienoffensive und die persönliche Ansprache der Anleger. Sie sind eingeladen zu drei Informationsveranstaltungen in Berlin, Hamburg und Ulm, jeweils mit Catering zum Abschluss.
Den ehrenamtlichen Funktionären der «Freunde von Prokon» stehen solche Mittel nicht zur Verfügung. In einem Kraftakt haben sie dennoch eine Roadshow auf die Bühne gestellt, mit rund 25 Veranstaltungen in bescheidenem Rahmen in Gasthäusern, Bürgerzentren und Uni-Hörsälen quer durch die Republik. Damit das von ihnen angestrebte Genossenschaftsmodell Realität werden kann, müssen sie schon im Vorfeld mobilisieren. Es kommt nur zur Abstimmung, wenn rund 660 Millionen Euro Eigenkapital zur Verfügung stehen. Dazu müssen genügend Anleger bis zum 26. Juni rechtsverbindlich erklären, dass sie ihr Genusskapital in die Genossenschaft einbringen. Bei einer unverbindlichen
Umfrage des Insolvenzverwalters hatten sich ausreichend Investoren dazu bereitgefunden, aber jetzt erst zählt es.
Der Ausgang des Verfahrens ist offen. Das Abstimmungsverhalten der 75.000 Anleger hängt von den persönlichen Motiven jedes einzelnen ab. «Wer den ursprünglichen Genussschein von Prokon als reine Geldanlage betrachtet hat und von einer planbaren Rückzahlung abhängig ist, sollte nicht für die Genossenschaftslösung stimmen», sagt Michael Herte von der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein. «Wer ein unternehmerisches Risiko nicht scheut und von der Zukunftsfähigkeit der neuen Prokon überzeugt ist, kann dafür stimmen.» (dpa)