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29.05.2022 | 13:46 | Fleischerzeugung 

Große Schlachtunternehmen verlieren Schweine

Damme / Bonn - Die Schweineschlachter in Deutschland hatten 2021 das zweite Jahr in Folge mit einem abnehmenden Lebendangebot zu kämpfen und konnten ihre Kapazitäten nicht voll ausschöpfen.

Fleischerzeugung
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Rückläufiges Schlachtschweineangebot macht Fleischherstellern 2021 erneut zu schaffen - Laut ISN-Schlachthofranking konnten die Top 10-Unternehmen hierzulande 4 Prozent weniger Schweine zerlegen. (c) proplanta
Wie die Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands (ISN) am Dienstag (24.5.) mitteilte, waren davon auch die Großschlachter betroffen. Laut dem ISN-Schlachthofranking kamen bei den TOP 10 der Branche insgesamt 42,04 Millionen Schweine an die Haken; das waren 1,73 Millionen Stück oder 4,0 % weniger als im Vorjahr.

Der Marktanteil der betreffenden Unternehmen sank von 82,2 % auf 81,1 %, weil die Gesamtschlachtungen in Deutschland „nur“ um 2,7 % auf 51,85 Millionen Tiere zurückgingen. Grund dafür waren einerseits die rückläufigen Schweinebestände, andererseits der um rund die Hälfte auf 1,16 Millionen gesunkene Import von Schlachtschweinen.

Die ISN wies darauf hin, dass ohne den Sondereffekt „Schweinestau“, bei dem wegen coronabedingten Mitarbeiterausfällen in Fleischbetrieben Ende 2020 hunderttausende Schweine erst verspätet 2021 geschlachtet werden konnten, der Rückgang des Lebendangebots noch viel stärker ausgefallen wäre.

Primus Tönnies

Das Unternehmen Tönnies blieb mit 15,99 Millionen zerlegten Schweinen laut ISN klarer Marktführer in Deutschland, obwohl das Aufkommen gegenüber 2020 um 1,9 % rückläufig war. Dies war allerdings weniger als im Bundesmittel, weshalb der Marktanteil des Branchenprimus um 0,2 Prozentpunkte auf 30,8 % wuchs, die Marktbedeutung also noch zunahm.

Auf den zweiten Platz des ISN-Ranking schob sich die Westfleisch vor. Zwar kamen bei den Genossen aus Westfalen im Vorjahresvergleich mit 7,26 Millionen Schweinen 2,8 % weniger Tiere an die Haken, doch war der Rückgang ebenfalls geringer als bei den Wettbewerbern. Der Marktanteil blieb konstant bei 14,0 %. Als Konsequenz aus dem sinkenden Lebendangebot schloss Westfleisch im Oktober 2021 den Standort in Gelsenkirchen und verlagerte die Schlachtungen an die übrigen Standorte in Hamm, Oer-Erkenschwick und Coesfeld.

Vion ein Verlierer

Zu den Verlierern gehörte im vergangenen Jahr die Vion, an deren deutschen Standorten nach Angaben der ISN die Anlieferung von Schlachtschweinen gegenüber 2020 um 7,9 % auf 7,0 Millionen Stück abnahm. Der Anteil an den bundesdeutschen Gesamtschlachtungen fiel damit von 14,3 % auf 13,5 %.

Auf dem vierten Platz landete Danish Crown mit seinem Standort Essen/Oldenburg, wo das Schlachtaufkommen um 5,2 % auf 2,94 Millionen Stück zurückging. Auch die mittelständischen Schlachtbetriebe auf den Rängen fünf bis zehn im Ranking waren von dem kleineren Lebendangebot betroffen; in der Summe gingen deren Schlachtungen um rund 450.000 Tiere auf 8,85 Millionen Stück zurück.

Während dabei die Müller Gruppe und Tummel laut ISN-Umfrage auf dem Vorjahresniveau schlachten konnten, wurden bei Steinemann und bei Willms-Fleisch deutliche Rückgange von 8,9 % beziehungsweise 20,1 % verzeichnet. Im Ranking konnte sich Simon-Fleisch auf Rang neun verbessern und überholte die Willms Gruppe.

Schlachter mit Problemen

Die Schlachtunternehmen klagten rückblickend auf das vergangene Jahr unisono über deutlich gestiegene Kosten für Energie, Personal oder Corona-Sonderausgaben. Gleichzeitig sei die Schweinefleischnachfrage 2021 bei einem Rückgang des durchschnittlichen Pro-Kopf-Verbrauchs um 1,3 kg auf 31,0 kg verhalten ausgefallen und der Export in Drittländer wegen der Afrikanischen Schweinepest (ASP) nur beschränkt möglich gewesen.

Größere Schlachtunternehmen meldeten entsprechend Umsatz- und Gewinneinbußen für 2021. Laut ISN ist am Markt eine stärkere Nachfrage für Schweine aus höheren Haltungsstufen festzustellen. Dies beschränke sich aber größtenteils auf die Haltungsstufe 2, deren Anteil bei größeren Schlachtunternehmen bei den Schlachtungen zwischen 30 % und 70 % liege.

Bei der noch anspruchsvolleren Haltung der Stufen 3 und 4 lägen die Anteile allenfalls im niedrigen einstelligen Prozentbereich. Vor dem Hintergrund steigender Verbraucherpreise, Inflation und begrenzter Kaufkraft sei zuletzt eine größere Preissensibilität der Verbraucher deutlich geworden. Daher bleibe abzuwarten, so die ISN, ob die vom Lebensmitteleinzelhandel angestrebten Anteile höherer Haltungsstufen in Zukunft erreicht werden könnten.

Heimischer Markt wird wichtiger

„Nach den vergangenen zwei Krisenjahren stehen die Zeichen in der Schlachtbranche auf Konsolidierung - man steht am Anfang einer elementaren Umbauphase, um sich neu aufzustellen“, erläuterte ISN-Marktanalyst Klaus Kessing. Der heimische Markt rücke nach dem Wegfall wichtiger Exportmärkte weiter in den Vordergrund; die größeren Schlachtunternehmen stellten sich auf eine schwächere Nachfrage und die zielgenauere Bedienung der Marktsegmente mit besonderen Anforderungen ein.

Am Ende werde dies wohl bedeuten, so Kessing, dass die Zahl der Schlachthaken weiter verringert werde und auch weitere Zusammenschlüsse kleinerer und mittlerer Betriebe denkbar seien. ISN-Geschäftsführer Dr. Torsten Staack mahnte trotz schwieriger Lage der ebenfalls kostenbelasteten Schlachtbetriebe an, die desaströse Lage der Schweinehalter zu verbessern.

„Das bedeutet zwangsläufig, dass die Ferkelerzeuger und Schweinemäster dringendst auskömmliche Preise erhalten müssen, damit die Grundpfeiler der gesamten Kette nicht komplett aus dem Boden gerissen werden“, so Staack. Die Schlachter müssten die höheren Kosten stärker an die Fleischabnehmer weitergeben.
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Top 10 der deutschen Schweineschlachtbetriebe
AgE
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