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14.07.2021 | 04:03 | Klimaschutzgesetz 

Grün-Schwarz in Baden-Württemberg verankert Solarpflicht ab Mai 2022

Stuttgart - Zwei Monate nach ihrem Start hat die grün-schwarze Koalition im Südwesten ein neues Klimaschutzgesetz mit einer Solarpflicht für Häuslebauer vorgelegt.

Sonnenenergie
Für Häuslebauer wird es im kommenden Jahr noch teurer. Auf's Dach muss künftig eine Solaranlage. Grün-Schwarz beteuert, das lohne sich. Für das Klima, aber auch für Hausbesitzer. (c) proplanta
Es sei das «modernste und fortschrittlichste Klimaschutzgesetz unter den Flächenländern» in der Bundesrepublik, sagte die grüne Umweltministerin Thekla Walker am Dienstag in Stuttgart.

Die Gesetzesnovelle, die kommende Woche in den Landtag eingebracht werden soll, ist das erste große Projekt der Regierung in der neuen Wahlperiode. In dem Gesetz werden ehrgeizigere Ziele zur Reduzierung der klimaschädlichen Treibhausgase verankert.

So soll das Land bis 2040 klimaneutral werden - bisher waren 90 Prozent bis 2050 das Ziel. Damit will das Land fünf Jahre schneller sein als der Bund und bis dahin nur noch so viele Treibhausgase ausstoßen wie wieder gebunden werden können.

«Wir wollen Vorbild sein», sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne). Der Südwesten als Hightech-Land müsse anderen wirtschaftsstarken Regionen auf der Welt zeigen, dass es sich lohne, auf Klimaschutz und grüne Produktlinien zu setzen. «Das ist die Rolle von Baden-Württemberg, zu zeigen, dass wir es nicht nur müssen, sondern dass wir es auch können.» Das Gesetz umfasse Maßnahmen, die echte Lenkungswirkung entfalteten. Die extremen Wetterlagen der jüngsten Zeit unterstrichen die Dringlichkeit dieses Vorhabens.

Die CDU versicherte, dass sie beim Klimaschutz nicht mehr bremsen wolle, wie noch in der vergangenen Wahlperiode etwa bei der Solarpflicht für Wohngebäude. CDU-Landeschef und Innenminister Thomas Strobl räumte ein: «Wir sind nicht die ersten, die das Thema gefunden und erfunden haben.» Aber wenn die Konservativen etwas als richtig erkannt hätten, dann setzten sie sich an die Spitze der Bewegung.

Für wen gilt künftig Solarpflicht?

Wer ein neues Haus bauen will, muss vom 1. Mai kommenden Jahres an eine Solaranlage auf seinem Dach installieren lassen. Zunächst hatte das Umweltministerium den 1. Juli angepeilt, doch die Fraktionen drängten auf das frühere Datum.

Die Novelle soll im November im Gesetzesblatt stehen, so hätten die Häuslebauer ein gutes halbes Jahr Zeit, sich darauf einzustellen, erklärte CDU-Fraktionschef Manuel Hagel. Zudem müssen Hausbesitzer vom 1. Januar 2023 an bei einer grundlegenden Dachsanierung sich ebenfalls eine Photovoltaikanlage einbauen lassen.

Auf eine Solarpflicht für gewerblich genutzte Gebäude hatten sich Grüne und CDU schon in der vergangenen Legislaturperiode geeinigt, also etwa für Einkaufsmärkte, Bürogebäude und Schulen. Zudem müssen künftig auch auf Parkplätzen ab einer Größe von 35 Stellplätzen Sonnenkollektoren aufgebaut werden - bisher galt das nur für Parkplätze mit 75 Stellplätzen.

Was kostet so eine Solaranlage?

Das Umweltministerium schätzt die Kosten für eine durchschnittliche Anlage auf knapp 10.000 Euro. In dem Entwurf wird aber argumentiert, dass sich die Investition langfristig lohne, weil der Hauseigentümer den erzeugten Strom entweder einspeisen oder selbst verbrauchen könne.

Haus und Grund Baden-Württemberg schätzt die Mehrkosten beim Neubau eines durchschnittlichen Einfamilienhauses durch eine Solaranlage plus Stromspeicher auf mindestens 13.000 bis 15.000 Euro. Nach 15 bis 20 Jahren würden sich diese Kosten amortisieren, heißt es. Die Frage sei aber, ob sich die Anlage so lange halte.

Welche Neuerungen gibt es sonst noch?

Es wurden vor allem Ziele verschärft. In 19 Jahren soll der Südwesten «netto-treibhausgasneutral» werden - und nicht erst in 29 Jahren. Schon 2030 soll es einen Zwischenschritt geben, wonach die Treibhausgase um 65 Prozent im Vergleich zu 1990 reduziert sein sollen - bisher lag dieses Ziel bei 42 Prozent.

Walker machte deutlich, dass es für diese Ziele eine enorme Beschleunigung beim Ausbau der erneuerbaren Energien geben müsse. Um die Voraussetzungen dafür zu schaffen, gibt das Land nun an die Regionen das Ziel aus, dass zwei Prozent der Flächen im Land für Windkraftanlagen und Solaranlagen reserviert werden sollen. Bisher seien nur 0,3 Prozent der Flächen dafür ausgewiesen, erklärte die Ministerin.

Vor allem bei der Windkraft hat Grün-Schwarz einen Aufholprozess vor sich. Die Regierung hat sich im Koalitionsvertrag vorgenommen, in den kommenden Jahren bis zu 1.000 Windräder aufzustellen. Dazu soll der Staatswald stärker für den Ausbau geöffnet werden. Dort soll jede zweite Anlage errichtet werden. Im Südwesten waren Ende vergangenen Jahres 731 Anlagen in Betrieb. Zum Vergleich: In Niedersachsen drehen sich mehr als 6.350 Windräder. 

Welche Ziele setzt sich das Land selbst?

In dem Entwurf heißt es: «Die Landesverwaltung soll ihre Vorbildfunktion im Klimaschutz noch engagierter wahrnehmen als bisher und sich bereits bis zum Jahre 2030 klimaneutral organisieren.»

Bislang war das Ziel minus 80 Prozent Treibhausgase bis 2040 im Vergleich zu 1990. Das heißt zum Beispiel auch, dass das Land selbst Geld in die Hand nehmen muss, um eigene Gebäude zu sanieren und mit Solaranlagen auszustatten sowie den Fuhrpark zu erneuern. Kretschmann versicherte: «Der Klimaschutz wird am Geldmangel nicht scheitern.» Zwar sei es finanziell momentan wegen Corona schwierig, doch die Konjunktur werde nach Ansicht von Experten demnächst steil nach oben gehen.

«Wir können damit rechnen, dass wir in Bälde wieder stark sprudelnde Einnahmen haben, mit denen wir diese Maßnahmen umsetzen können.» Bei der Klimapolitik will sich das Land zudem künftig von einem Rat der Klimasachverständigen unterstützen lassen.
dpa/lsw
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