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16.04.2016 | 14:56 | Braukonzerne 
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Reinheitsgebot wird 500 - Bierbranche kämpft mit sinkendem Verbrauch

München - Hopfen, Malz, Hefe und Wasser - gut ausgewogen machen allein diese vier Zutaten ein schmackhaftes Bier aus. Doch im Jubiläumsjahr der deutschen Bierbranche ist aus Sicht der Brauer eindeutig zu viel Wasser im Bier.

Zu viel Wasser im Bier?
Die deutschen Bierbrauer zeigen sich in ihrem großen Jubiläumsjahr ganz aufgeräumt. Aber auf dem Markt hat sich etwas zusammengebraut. Sind die Feiern zum 500. Geburtstag des Reinheitsgebotes nur Schaumschlägerei? (c) proplanta
Zwar machen die jüngsten Zahlen Mut: Der Absatz stieg 2015 leicht, es gab wieder mehr Brauereien und Beschäftigte, die Vielfalt ist größer denn je. Und nicht zuletzt die bevorstehende Fußball-Europameisterschaft lässt die Brauereien auf einen großen Schluck hoffen.

Zum 500. Geburtstag des Reinheitsgebotes von 1516 machen die Brauer ein Fass auf - auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wird zum Festakt in Ingolstadt am 22. April erwartet. Aber der Branche droht ein mächtiger Kater. Denn nüchtern betrachtet kämpft sie gegen den Trend.

1976 tranken die Bundesbürger im Durchschnitt 151 Liter Bier, heute sind es noch 106 Liter - wieder ein Liter weniger als im Vorjahr. Jürgen-Michael Gottinger, Branchenexperte bei der Münchner Unternehmensberatung W&P, schaut auf die alternde Bevölkerung, die gesellschaftlichen Trends und rechnet mit einem weiteren deutlichen Rückgang bis 2025: «Eine Katastrophe für die deutschen Brauereien.»

Schon heute liefern sich die Braukonzerne einen erbitterten Preiskampf. Ihre Pilsbiere schmecken den meisten Biertrinkern, sind aber nur noch schwer zu unterscheiden - da greifen die meisten Käufer zum billigeren Angebot. «Heute wird jede vierte Flasche Bier über Aktionen verkauft», sagt Gottinger. Und dieser Anteil steige jedes Jahr um ein Prozent.

Eine Brauerei kann so zwar kurzfristig ihre vollen Lager leeren. Aber sie erobert keine Marktanteile, sondern schmälert vielmehr ihren Gewinn, weil auch die Stammkunden lieber auf die nächste Aktion warten. Und manchmal untergräbt es auch den Wert einer Marke. «Gewinner ist der Verbraucher. Er bekommt sein Lieblingsbier billiger», sagt der Unternehmensberater.

Auch viele mittelständische Brauereien haben dem Preisdruck nicht standgehalten und mussten aufgeben, wie Lothar Ebbertz sagt, Hauptgeschäftsführer des Bayerischen Brauerbundes. Andere dagegen sind mit einer regionalen Ausrichtung und konsequenter Markenpflege erfolgreich - «authentisch, präsent vor Ort, mit tadelloser Qualität» können sie auch höhere Preise durchsetzen: «Sie werden als Spezialität wahrgenommen.»

Gottinger nennt als Beispiele hierfür das Münchner Augustiner oder das Tegernseer. «Originelle regionale Marken sind im Trend.» Auch Flensburger ist so im hart umkämpften Pils-Markt erfolgreich unterwegs: Die Brauerei konnte ihren Absatz im vergangenen Jahr um 8 Prozent steigern. «Flens hat viel mit Emotion zu tun», sagte Geschäftsführer Andreas Tembrockhaus. Die Flasche mit dem Bügelverschluss, die norddeutsche Identität, aber auch der herbe Geschmack trügen dazu bei.

Dass die Zahl der Brauereien in Deutschland im vergangenen Jahr um weitere 31 auf 1.388 stieg, liegt an neuen Gasthof- und Mikrobrauereien - sie produzieren keine 1.000 Hektoliter im Jahr, machen aber inzwischen die Hälfte aller Brauereien aus. Beflügelt wurde die Entwicklung von Craft Beer, meist hopfenbetont-fruchtigen Sorten, die mit ganz neuen Aromen spielen und viele Biertrinker neugierig gemacht haben. Dafür sind Feinschmecker dann auch bereit, zwei Euro pro Flasche zu zahlen. Mit einem Marktanteil im Promillebereich spielen Craft-Biere aber bisher keine große Rolle.

Viel wichtiger ist ein anderer Trend: «Alkoholfreies Bier brummt wie der Teufel», sagt Ebbertz. Laut Deutschem Brauerbund wuchs der Marktanteil im vergangenen Jahr weiter kräftig auf 5,6 Prozent. Brauereien bewerben ihre Alkoholfreien heute als Lifestyle-Getränke, kalorienarm, gesund, als isotonische Getränke für Sportler.

Denn die Deutschen achten mehr auf Gesundheit und Fitness - da hat es die Flasche Pils mit 430 Kilokalorien und fünf Prozent Alkohol schwerer. «Früher war jedes vierte Getränk ein Bier - heute ist Mineralwasser der Durstlöscher. Bier und Limo verlieren», sagt Gottinger.

«Wo früher ein Stammtisch war, ist heute ein Fitnessstudio. Die Freizeit wird anders verbracht. Auch im Chat Room gibt keiner eine Saalrunde aus», sagt Ebbertz. Am Arbeitsplatz wird ebenfalls volle Leistungsfähigkeit erwartet - ein Bier zum Mittagessen in der Kantine ist in den allermeisten Unternehmen längst passé. Da passt es ins Bild, dass die Stadt Berlin über ein Alkoholverbot diskutiert.

Weltweit wächst der Bierkonsum dagegen. China und Brasilien sind riesige Märkte und produzieren selbst weit mehr Bier als Deutschland. Und im internationalen Geschäft dominieren Braugiganten wie AB-Inbev und SABMiller, die aktuell eine Megafusion im Wert von rund 100 Milliarden Euro festzurren, oder Heineken. Selbst die größten deutschen Braukonzerne wie Radeberger oder Oettinger sind im Vergleich nur Zwerge. Vor allem Belgier und Niederländer seien weltweit auf Einkaufstour gewesen, als sich die Deutschen auf ihren rasant wachsenden heimischen Markt konzentriert hätten, erklärt Ebbertz. Jetzt sei der Kuchen weitgehend verteilt.
dpa
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Kommentare 
agricola pro agricolas schrieb am 17.04.2016 12:38 Uhrzustimmen(224) widersprechen(64)
„Abwarten und „BIER“ trinken!“ - Meine Bauern-Krokodilstränchen fließen mitleidigst in förmlichsten Sturzbächen...: Nun, die deutsche gentechnik- u. glyphosatfreie Braugerste ist ausgebracht, man widmet sich daher vorausschauend frühzeitig der entsprechend möglichen ERZEUGERPREISFINDUNG innerhalb des entsprechend gesamten (weltweit! möglichen) Marktumfeldes. // Erst dieser Tage forderte die Gewerkschaft NGG eine 6%ige Lohnerhöhung für die etwa 10.000 bayerischen Brauereibeschäftigten, wo man auf freiwilliger Basis seitens der Brauer eine Lohnerhöhung von 1,6 % bereits bewilligte. Das als kleine randständige Anmerkung!!! // So, liebe Berufskollegen, ist es also für die Bauern tunlichst an der Zeit, wie ein entsprechend stellenweise unerträgliches vorstehendes „Jammergestammele“ wohl auch überdeutlich suggerieren dürfte, dass wir „kostenkompensatorisch“ ganz selbstverständlich in die Bresche springen; will in Bezug auf die Ingredienz Braugerste, welche auf einem Erzeugerpreisniveau nahe der Nulllinie bereits seit Jahren vor sich dahindümpelt, unmissverständlich in „Bauerndeutsch“ übersetzt heißen, wir nähern uns beängstigend dem von Seiten des Brauereiwesens „ausgelobten“ Endziel, zum absoluten NULLTARIF abliefern zu dürfen!? Die mannigfaltigen Brauerei-Hochzeitspläne sowie selbstredend etwaige zeitgemäß angepasste Lohntarifgesetze im Brauereigewerbe gehen somit 100%ig zu LASTEN VON WEM!? Richtig geraten, liebe Bauern, zieht euch also warm an! - Erleben wir vielleicht selbst hier bald einen traurig perversen Abklatsch analog dem dato um sich greifenden irrsinnigen u. vollkommen aberwitzigen Kapitaltransfer zu Lasten der einfach redlichen, arbeitsamen Bürger/Bauern innerhalb unseres äußerst „gefräßigen“, brutalst kapitalverzehrenden Bankensystems in nunmehrig ausgearteter absoluter „Selbstbedienungsmentalität“!? Vielleicht müssen auch die Bauern bald Geld mitbringen, um überhaupt liefern zu dürfen!? - SCHLIMMER GEHT WOHL NOCH IMMER!? Armes Deutschland, wo manövrieren unsere Führungseliten das deutsche Volk aktuell hin!? // Die Liberalisierung des internationalen Kapitalmarktes hat jedweden marktwirtschaftlichen Ordnungsrahmen gesprengt. Wir sind heute in der Situation, dass redliche Arbeit nicht mehr be-/entlohnt sondern gar pervers widerläufig auch noch staatlicherseits geißelnd abgestraft wird. Das kann auf Dauer nicht gutgehen!!! Realisiert man das nicht!?
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